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Schrumpfende VolksparteienStrukturkonservativer Geist

Kommentar von Gunnar Hinck

SPD und CDU verlieren weiter Mitglieder. Das liegt auch daran, dass die Beharrungskräfte gegen mehr innerparteiliche Demokratie enorm sind.

Wird immer seltener ausgegeben: Parteibücher für Mitglieder der SPD Foto: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

D ie ehemaligen Volksparteien SPD und CDU sind, was ihre Mitgliederzahlen angeht, auf dem absteigenden Ast. Bundesweite Zahlen gibt es für dieses Jahr noch nicht, aber aktuelle Daten aus einigen Bundesländern bestätigen eine Entwicklung, die seit Jahren andauert: SPD, CDU und auch die Linkspartei verlieren weiter Mitglieder. Die Grünen wachsen weiter (Klimakrise, Habeck), wenn auch nicht mehr so schnell; die FDP bleibt nach Jahren des Lindner-Booms stabil.

CDU und SPD zählen inzwischen deutlich unter 400.000 Mitglieder. Bei der SPD, die zu Willy Brandts Zeiten mal über eine Million Fans in ihrer Kartei führte, ist der kurze Zuwachs, als Kevin Kühnert 2018 die Anti-Groko-Kampagne anführte, kläglich wieder verpufft.

Dabei hat das Schrumpfen durchaus eine positive Seite: Die Zahlen sind ehrlicher als früher, weil der Anteil der KarrieristInnen kleiner wird. Früher war es üblich, dass der Chef der Stadtwerke das richtige Parteibuch hatte, um seinen Posten abzusichern. Und der eine oder andere Unternehmer dürfte der dominierenden Partei in seinem Ort zwecks Kontaktpflege beigetreten sein. Dieses Karrierekalkül klappt inzwischen nicht mehr so einfach, weil man nicht mehr auf ein Pferd setzen kann – Mehrparteienbündnisse sind auch in den Kommunen normal geworden.

Aber natürlich ist es für die Demokratie keine gute Entwicklung, denn schließlich repräsentieren Parlamente und Stadträte die WählerInnen, und Abgeordnete organisieren sich nun mal in Parteien. Irgendwann droht SPD und CDU, in der Fläche das Personal auszugehen.

Zu einer Analyse, warum sie schrumpfen, gehört diese Einsicht: Die zahlreichen Parteireformen der Vergangenheit sind auch deshalb gescheitert oder verpufft, weil die Beharrungskräfte der Platzhirsche vor Ort enorm sind. Jede Öffnung und mehr Beteiligungsmöglichkeiten für „einfache“ Mitglieder heißt, Macht abzugeben und alte Routinen infrage zu stellen. Solange dieser strukturkonservative Geist dominiert, wird die Kurve bei den ehemaligen Volksparteien weiter nach unten gehen.

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ist Redakteur im taz-Ressort Meinung.
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3 Kommentare

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  • Viele Menschen sind einfach desillusioniert, was die niedrigschwelligen Mitbestimmungsmöglichkeiten in unserer Demokratie angeht, da helfen auch "Volksparteien" nicht (mehr). Je mehr privatisiert und kommerzialisiert wird, desto mehr Bereiche der Gesellschaft, die jeden ganz unmittelbar betreffen, entziehen sich vollständig jeglichem demokratischen Einfluss. Das muss man auch mal sehen.

    Zwischen dem, was jeder unmittelbar tun kann, um an seinen Verhältnissen etwas zu ändern und der Politik klafft inzwischen ein riesiges Loch, in dem keine Art von Demokratie etwas zu melden hat. Was wir eigentlich brauchen, ist eine Demokratisierung der Wirtschaft, die inzwischen mehr und mehr dessen ausmacht, was eigentlich "Gesellschaft" ist.

  • "Aber natürlich ist es für die Demokratie keine gute Entwicklung, "



    Hö? Hab ich da was mißverstanden?



    Keine gute Entwicklung wenn ein passendes Parteibuch nicht mehr Vorraussetzung ist z.B. ein Gewerbe auszuüben oder als Karnevalsverein einen guten Schluck aus dem Stadtsäckel zu bekommen?



    FACEPALM

  • Korrelation ist nicht Kausalität! Kann man kennen