Schneller-Bauen-Gesetz: Bauen ist nicht alles
Gegen beschleunigte Planungsverfahren ist nichts einzuwenden. Doch das neue Gesetz soll vor allem Bezirke entmachten. Leidtragende ist das Klima.
M it dem Schneller-Bauen-Gesetz, dessen Entwurf am Dienstag beschlossen wurde, verkauft der Senat eine Mogelpackung. Denn es handelt sich nicht, wie der Name suggeriert, um eine bloße Beschleunigung von Planungsprozessen, sondern vor allem eine Entmachtung der Bezirke, Natur- und Denkmalschutzbehörden. Angesichts der Klimakrise ist das Gesetz ein fataler Fehler.
Dabei ist die Idee des Gesetzes sinnvoll: Von Grundstückserwerb bis Baubeginn gehen in Berlin im Schnitt zehn Jahre ins Land, wie eine Studie der Immobilienwirtschaft aus dem letzten Jahr bemängelte. Die Wohnungskrise durch massenweisen Neubau einfach „wegzubauen“, wie es die SPD vorhat, wird dadurch unmöglich. Auch private Investoren überlegen es sich bei solchen Planungszeiten zweimal, ob sie wirklich bauen wollen.
Behörden Fristen zu setzen und Beteiligungsprozesse zu optimieren, ist daher grundsätzlich keine schlechte Idee. Doch ein weiterer Kernpunkt des Gesetzes ist, dass der Senat die Bezirke, Natur- und Denkmalschutzbehörden viel einfacher überstimmen kann als bisher. Spätestens an diesem Punkt wird die eigentliche Intention des Entwurfes deutlich: Investor:innen soll der Weg frei gemacht werden, etwa wenn ein schützenswerter Wald erhalten werden soll oder eine seltene Kröte es sich auf dem Baugrundstück gemütlich gemacht hat. Diese dürfen dann zugunsten des „öffentlichen Interesses“ wegbetoniert werden. Einen Vorgeschmack gibt die Hochhausbebauung am Gleisdreieck, die der Senat am Montag an sich gezogen hat, nachdem der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ernsthaft überlegt hat, dem Investor eine Absage zu geben.
Angesichts der Klimakrise ist die Betonpolitik fatal. Um lebenswert zu bleiben, braucht Berlin nicht nur Wohnungen, sondern artenreiche Grünflächen. Wie die knappe Ressource Boden genutzt wird, sollte demokratisch und nicht durch Investoren entschieden werden – auch wenn das manchmal dauert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben