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Schienenverkehr versagt bei KlimaschutzDB auf der schiefen Bahn

Die Trennung von Netz und Betrieb steht wieder auf der Tagesordnung. Wenn alles so bleibt, wie es ist, wird die Klimawende schwer.

ICE-Hochgeschwindigkeitstrasse neben der A3 bei Neustadt (Wied) Foto: Future Image/imago

Berlin taz | Der Verkehrssektor ist der größte Versager beim Klimaschutz – auch, weil zu wenig Leute und Güter mit dem Zug reisen. Seit der Bahnreform vor 26 Jahren ist die Deutsche Bahn (DB) als Aktiengesellschaft unterwegs und hat das Unternehmensziel, Gewinne zu erwirtschaften.

In den Bereichen, wo es Konkurrenz gibt wie beim Transport von Gütern und Menschen, kann das Ansporn sein. Doch bei einem Monopol wie dem Schienennetz, das dem Gemeinwohl dienen und möglichst viel Verkehr abwickeln soll, ist das eine Fehlkonstruktion.

Schon in den Jahren vor dem geplanten Börsengang der DB, der dank der Finanzkrise gestoppt wurde, hatte es eine lange Diskussion über die Trennung von Netz und Betrieb gegeben. Im Vorfeld der Bundestagswahlen flammt das Thema nun wieder auf.

Der Hintergrund: Die verkehrspolitische und volkswirtschaftliche Bilanz der DB ist schlecht. Die Verschuldung ist hoch, die Kapazitäten des Bahnnetzes sind viel zu gering. Das Netz wurde jahrelang auf Verschleiß gefahren. Bis heute gibt es einen großen Investitionsstau, viele Baustellen behindern die Abläufe und führen zu Verspätungen.

Die Grünen haben einen Plan

Zwar steht viel Geld aus dem Staatshaushalt bereit – doch der DB gelingt es nicht, die Milliarden zu verbauen. Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen hat ausgerechnet, dass 2020 nur drei neue Gleiskilometer in ganz Deutschland dazugekommen sind – während das Straßennetz kräftig wächst.

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Nachdem es beim Eisenbahnbundesamt immer wieder Beschwerden von privaten Güterbahnen über Diskriminierung gegeben hatte, wurden Bürokratie und Kontrolle massiv ausgebaut – zum Nachteil aller Nutzenden des Schienennetzes. Zugleich verlangt die DB höhere Trassenpreise – eine Schienenmaut – als in den meisten Nachbarländern üblich.

Die Finanzflüsse innerhalb der DB sind undurchsichtig: Veröffentlicht wird nur, was unbedingt sein muss. Der Konzern ist ein verschachteltes Konstrukt mit mehreren hundert Tochterunternehmen, von denen viele im Ausland aktiv sind. Da geht es um die Logistik im Weinsektor Südafrikas oder den Abtransport von Kohle in Australien.

Das DB-Tochterunternehmen Schenker organisiert Transporte mit Lkws, Schiffen, Flugzeugen und manchmal auch mit Eisenbahnen – agiert aber häufig eher als Konkurrenz zur DB Cargo, als dass es deren Gütertransporte auf der Schiene clever mit anderen Verkehrsträgern kombiniert.

Themenwoche Straßenkampf

Die Bundestagswahl ist eine Klimawahl. Ab dem 28. Juni stellen wir deswegen eine Woche unsere Berichterstattung unter den Fokus Mobilitätswende: Straßenkampf – Warum es eine Frage der Gerechtigkeit ist, wie wir mobil sind. Alle Texte: taz.de/klima

Die Bündnisgrünen haben einen Plan vorgelegt, wie sie sich die Zukunft des Bahnverkehrs in Deutschland vorstellen. „Wir wollen die Infrastruktur aus der privatwirtschaftlichen Struktur herauslösen und sie von der Gewinnabsicht befreien“, so Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Fraktion.

Die für das Netz, die Bahnhöfe und Energie zuständigen DB-Bereiche sollen zusammengefasst und in eine Anstalt des öffentlichen Rechts überführt werden. Die bekommt den klaren Auftrag, sich am Gemeinwohl zu orientieren und so viel Verkehr wie möglich auf der Schiene abzuwickeln. Finanziert werden soll dieser Betrieb nicht nur durch viele Milliarden aus dem Staatshaushalt, sondern auch durch die Lkw-Maut und Trassenpreise, die allerdings lediglich den Verschleiß und die Betriebskosten decken sollen.

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8 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Falsche Überschrift!



    Nicht der Scheinenverkehr versagt beim Klimaschutz, sondern die Verkehrspolitik mit ihren Privatisierungsspielereien im Bahnverkehr und den mangelnden Vorgaben und Kontrollen. Wer hat denn den Abbau des Gleisnetzes beklatscht statt halt zu schreien, und Pläne für eine Verbesserung zu machen?

  • Warum auf halber Wegstrecken stehen bleiben. Mann könnte gut die Gesamte Bahn in D wieder in den ÖD bringen, und die Vorgaben halt entsprechend der Dasseinsvorsorge gestalten und auf mehr Bahnverkehr achten. Dann noch ein paar Bahner auf die Chefposten, und es kann gelingen.

  • "nur drei neue Gleiskilometer" - was für ein Trauerspiel. So wird das nichts. Ob es mit staatlicher Planwirtschaft (Plan der Grünen) allerdings besser und schneller geht, ist leider auch zu bezweifeln.

    Der Bund macht als Eigentümer den DB-Vorständen einfach die falschen Zielvorgaben. Wenn deren Boni davon abhängen, dass sie 100 neue Gleiskilometer pro Jahr verlegen, dann wird das auch passieren - jede Wette!

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Eine Frage habe ich, warum brauchen wir noch Lockführer? Im Spiegel stand letztes Jahr, dass der Mangel hier zu einem Engpass für den Güteverkehr führt da die Bahn schlicht nicht die Personalkapazitäten hat, wenn aber die Amerikaner Autos automatisch fahren lassen können sollte das doch bei Zügen erst Recht möglich sein oder nicht? Das müsste ja relativ schnell umsetzbar sein und könnte helfen das Personalproblem zu lösen.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Autonom fahrende Autos werden erstmal noch in ferne Zukunft rücken, wenn so langsam aber sicher ein Rohstoffmangel und dadurch der Chipmangel herrscht.

      Weil autonom fahrende Fahrzeuge benötigen nunmal viel mehr Chips, als jetzt schon verbaut sind.



      Und wir wissen ja alle, dass die Autoindustrie Vorrang hat. Hunderte Kilometer Straße pro Jahr vs. 3 km Schiene bei der Bahn.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Was für ein Personalproblem? Bei guten Arbeitsbedingungen gäbe es auch viel mehr Lokführer. Da macht der Leiter der GDL alles richtig.

  • 0G
    05989 (Profil gelöscht)

    Dazu kommt die Fragmentierung des ÖPNV, der ja im Wesentlichen auch privatisiert ist - in den Städten gibt es zwar die städtischen Gesellschaften, aber an den Stadtgrenzen organisieren das nur noch die Landkreise und die eigentlichen Leistungen erbringen Private.



    Dadurch ist es unmöglich die Verkehre miteinander zu synchronisieren - wie das etwa die Schweizer gemacht haben - und damit attraktiv zu gestalten.



    Wenn ich aus dem Erdinger Landkreis nach München muss, kann ich praktisch alle Ziele mit dem Auto in 45 Minuten erreichen. Nutze ich den ÖPNV bin ich auf wenige Zeitfenster festgelegt und in diesen Fenstern brauche ich 60 Minuten für die günstigsten Verbindungen (also direkt ins Stadtzentrum), aber vor allem auch durchaus mehr als zwei Stunden für die ungünstiger gelegenen Ziele.

    Die Bahnverbindungen in eine 100 Kilometer entfernt liegende Kleinstadt artet in eine Tagesreise aus. Das hat mein Sohn einige Male durchmachen dürfen, seitdem verkürzen wir die Tortur, in dem wir ihn mit dem Auto fast ein Viertel der Strecke speditieren, um ihn an eine günstigere Verbindung zu bringen.

    Das ist vollkommen bizarr - und da werden Beförderungsleistungen zur Erpressung der Armen. Das kann man nur reparieren, in dem man auf Gewinnerzielung verzichtet und die Planung in einer Hand zentralisiert. Und Bahn geht nicht ohne Nahverkehr...

    • @05989 (Profil gelöscht):

      Volle Zustimmung. Und dabei haben Sie im Umland von München sicherlich noch bessere Verbindungen als etwas in Brandenburg oder Sachsen.