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Saisonauftakt der Fußball-BundesligaImmer am Maximum

Julian Nagelsmanns Hoffenheimer müssen am ersten Spieltag gegen Bayern München antreten. Der Coach will gewinnen. Was denn sonst?

Julian Nagelsmann hat eine klare Vorstellung von der Richtung Foto: dpa

Zuzenhausen taz | Julian Nagelsmann hat in der Sommerpause seine Ernährung „ein bisschen“ umgestellt, wie er sagt. Seit ein paar Wochen nimmt der Trainer der TSG Hoffenheim weniger zuckerhaltige Nahrung zu sich. Das heißt aber nicht, dass der Oberbayer nicht ab und zu kulinarisch sündigt. Als er neulich Pokalgegner Kaiserslautern beim Drittligakick beobachtete, teilte er sich mit seinem Videoanalyst Benjamin Glück eine Currywurst. Die Generalprobe vor der ersten Bundesligapartie gewann die TSG dann auf dem Betzenberg eindrucksvoll mit 6:1. Nagelsmann, 31, kommentierte in seiner launigen Art: „Ich gehe davon aus, dass die Bayern ein bisschen besser spielen als der FCK.“

Angst macht das diesem Trainer vorm Anpfiff der allerersten Partie dieser Bundesligasaison zwischen seiner TSG und Bayern München aber nicht. Er agiert fast immer maximal mutig, im Zweifel handelt er nach dem Motto: Risiko vor Sicherheit. Das macht diesen im Denken offenen Trainer so spannend. Seine Risikobereitschaft hat aber nichts mit jugendlichem Überschwang zu tun. Nagelsmann hat in den letzten zweieinhalb Jahren gelernt, dass seine „Art der Herangehensweise nicht so schlecht ist“. Aus schier auswegloser Situation rettete der damalige Juniorentrainer die Profis der TSG vorm Abstieg, dann führte er sie auf den vierten Platz der Liga und in der vergangenen Runde sogar auf Rang drei. Nun will Nagelsmann diesen sagenhaften Erfolg noch einmal toppen. „Ich strebe immer nach dem Maximalen, und das Maximale ist die Meisterschaft.“

Dass ihm solche Aussagen von den Tageshysterikern des Boulevards einmal vorgehalten werden könnten, findet Nagelsmann zwar nicht gut, nimmt er aber in Kauf. „Was soll ich der Mannschaft denn nach dem dritten Platz sagen? Dass wir Sechster werden wollen?“ Hey, und warum sollte ein Sportler nicht immer nach dem Höchsten streben? Mehr Mut à la Nagelsmann kann dieser Liga nur guttun, erneut droht ja ein langweiliger Alleingang der Bayern.

Nagelsmann ist das Gegenteil eines Angsthasen, aber er ist auch detailbesessen. Kein Spieler kann sich erinnern, zweimal dieselbe Übung im Training gemacht zu haben. Der dynamische Entwickler fordert seine Spieler ständig zum Mitdenken und Mitreden auf.

Immer für eine Überraschung gut

Wie ihr Trainer denkt, so spielt diese Mannschaft: flexibel, wach im Kopf, reaktionsschnell und immer für eine Überraschung gut. Eine Überraschung war es auch, als Nagels­mann während der WM seinen Wechsel nach der Runde zu RB Leipzig öffentlich machte.

Dass er auf der Kandidatenliste von Real Madrid stand, ist keine Erfindung. Auch wegen der fehlenden Sprachkenntnisse fühlte sich dieser begabte Rhetoriker noch nicht bereit für einen Branchenriesen im Ausland. Aber er weiß auch, dass ihm die ganz großen Klubs nicht weglaufen werden. Mit dem Wechsel nach Leipzig sieht er für sich den nächsten logischen Schritt in seiner Kar­rie­re, dort könnte er regelmäßig um Titel zu spielen.

Wie ihr Coach denkt, so spielt dieses Team: flexibel, wach, reaktionsschnell

In Hoffenheim hinterlässt er durch die Champions-League-Teilnahme ein gewaltiges Erbe. Er hat die Grenzen des Klubs nach oben verschoben. Das will er auch in Leipzig schaffen. Die Hoffenheimer Verantwortlichen sind überzeugt, dass die frühe Wechselankündigung Nagelsmann nicht zur „Lame Duck“ macht, sondern den ehrgeizigen Trainer und das Team nur noch mehr zusammenschweißen. Nagelsmann betont: „Das ist nicht meine Abschiedstournee, ich brenne für diesen Job in Hoffenheim.“ Er weist ohne Koketterie darauf hin, dass er seinen Spielern sehr viel zu verdanken habe. Aber das ist natürlich umgekehrt in noch größerem Maße der Fall.

Nagelsmann schafft, wovon viele Trainer nur reden: Er macht Mannschaften und einzelne Spieler wirklich besser. Joelinton, ein brasilianischer Mittelstürmer, der zuletzt zwei Jahre leihweise bei Rapid Wien kickte, könnte der Nächste sein in einer langen Reihe von Profis, die unter diesem Trainer vom vermeintlichen Durchschnitts- zum Spitzenspieler mutierten. Kevin Vogt, Nico Schulz, Andrej Kramarić, Kerem Demirbay oder Pavel Kadeřábek sind nur die prominentesten Beispiele.

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