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SPD streitet weiter um die GrokoNahles wirft Juso-Chef Falsch-Infos vor

In drei Tagen muss die SPD entscheiden, ob sie erneut mit der Union über eine GroKo verhandelt. Parteigrößen sind dafür, die Basis ist noch unentschlossen.

Schwere Vorwürfe gegen Groko-Gegner: Andrea Nahles Foto: dpa

Berlin dpa | Drei Tage vor dem richtungsweisenden SPD-Parteitag in Bonn spitzt sich der innerparteiliche Streit über die mögliche Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union zu. Fraktionschefin Andrea Nahles warf den GroKo-Gegnern vor, es mit den Fakten nicht so genau zu nehmen. „Was der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert in Sachsen-Anhalt zum Thema Rente gesagt hat, ist schlichtweg falsch“, sagte Nahles den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Jungsozialisten machen dagegen weiterhin massiv Stimmung gegen eine Neuauflage des Regierungsbündnisses mit der Union. Kühnert will am Donnerstag in Berlin im Willy-Brandt-Haus für „#NoGroKo“ werben.

Am Sonntag stimmen auf einem Parteitag in Bonn 600 Delegierte und der SPD-Vorstand darüber ab, ob es Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU geben soll. Kritiker aus den Reihen der SPD beurteilen die Sondierungsergebnisse von Union und SPD als unzureichend und wünschen sich „Nachbesserungen“, etwa bei der Steuerpolitik oder beim Gesundheitssystem. Viele haben aber auch prinzipielle Bedenken gegen eine erneute große Koalition.

Nahles rief ihre Partei dazu auf, nicht mit falschen Hoffnungen in mögliche Koalitionsverhandlungen mit der Union zu gehen. Sie warne „vor Illusionen“, sagte Nahles den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Trotzdem werde es harte Koalitionsverhandlungen geben. Die Fraktionsvorsitzende gab die Einschätzung ab, ein Drittel der Delegierten sei noch unentschlossen.

Am Mittwochabend empfahl die Spitze der saarländischen SPD die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union im Bund. Mit 18 zu 1 Stimmen fiel das Votum im Landesvorstand deutlich aus, wie der Landesvorsitzende, der geschäftsführende Bundesjustizminister Heiko Maas, via Twitter mitteilte. Die saarländische SPD stellt 24 der 600 Delegierten auf dem SPD-Parteitag in Bonn. Aus den Landesverbänden hatte es zuletzt unterschiedliche Voten dafür und dagegen gegeben.

Aus dem SPD-Wirtschaftsforum kamen scharfe Warnungen vor einem Scheitern der GroKo-Pläne. Harald Christ, Präsidiumsmitglied des Forums auf Bundesebene, sagte der Mainzer Allgemeinen Zeitung: „Es wäre verheerend, wenn der SPD-Parteitag am Sonntag Verhandlungen über eine GroKo ablehnen würde.“ Unerlässlich sei jetzt die Bildung einer stabilen Regierung. Die aktuellen Sondierungsergebnisse seien für die SPD sehr zufriedenstellend.

Auch ehemalige Parteigrößen empfahlen den Delegierten, für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union zu stimmen. „Es spricht mehr dafür, in Koalitionsverhandlungen einzutreten als Nein zu sagen“, sagte der frühere SPD-Vorsitzende Kurt Beck der Saarbrücker Zeitung. Ähnlich äußerte sich Erhard Eppler, über Jahrzehnte Vertreter des linken Flügels der SPD. „Wenn ich, immerhin seit 62 Jahren Mitglied der Partei, gefragt werde, ist die Antwort: Ich bin für das Ja“, schreibt der 91-Jährige in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung.

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26 Kommentare

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  • Frau Bätschi-Nahles sollte mal lieber den Mund halten. Groß rumtröten, was sie der CDU abverlagen will und dann klein beigeben. Am dreistesten: Erst ändert Rot-Grün die Parität bei der Krankenkassenabgabe und nun verkaufen Nahles und CO dreist die Rückkehr zu dem, was unter Kohl noch galt, als sozialdemokratisczhen Fortschritt. Löst Euch samt Eurer Partei auf - Bätschi!

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Ich finde, wir sollten jetzt alles der CDU machen lassen. Sie hat die verschiedenen Sondierungen ohne Erfolg geleitet und platzen lassen und sollte jetzt endlich sagen, was los ist und zu welchem Schluß sie kommt.

    'Bitte, Frau M., sagen Sie bloß nicht wieder, daß Sie nicht wüssten, was Sie falsch gemacht hätten'.

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @4932 (Profil gelöscht):

      Die Sondierung mit der SPD sind nicht gescheitert, sondern wurden im Ergebnis von Herrn Schulz als "hervorragend" bezeichnet.

  • Da soll also eine Äußerung eines Juso-Vorsitzenden falsch sein. Weder weiß ich, was er gesagt haben soll, noch was daran falsch sein sollte. Hätte es nicht in den Artikel gehört?

     

    Allerdings steht es Parteimitgliedern und Nichtparteimitgliedern zu, vor einer Abstimmung für ihre Meinung argumentieren zu dürfen.

     

    Gerade beim Thema Sozialversicherung mache ich mal auf die Auswirkung von CETA im Zusammenwirken mit dem dazugehörigen Investitionsschutzabkommen aufmerksam: Danach wird der Staat bei Gesetzesänderungen privaten Unternehmen wegen enttäuschter Gewinnerwartungen schadensersatzpflichtig.

     

    Kurz und gut: Nach CETA wird es für es keine Bürgerversicherung mehr geben. Das müsste vor CETA unter Dach und Fach sein.

  • Wandel durch Verhandel - aber ganz sicher nicht über eine Fortsetzung der Groko.

     

    btw.: Dieses dpa-Foto ist an künstlerischer Qualität kaum noch zu überbieten. Wer steckt dahinter?

  • Die meisten Kommentatoren argumentieren, es sei das mangelnde "S", dass den Sozis den Absturz bei den Wahlen gebracht hat.

    Ich wage mal die These, dass sie es locker auf 30% gebracht hätten, hätten sie Frau Merkel in der Frage der Flüchtlingspolitik rechts überholt (was sie aber zum Glück nicht getan haben).

  • Wie jetzt? Fake news von den Jusos?

    Frau Nahles hat sich wohl schon bei Herrn Maas und Frau Kahane beschwert: hate news, jedenfalls rechtspopulistisch..

  • "Am Sonntag stimmen auf einem Parteitag in Bonn 600 Delegierte und der SPD-Vorstand darüber ab, ob es Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU geben soll."

     

    Das dürften in erster Linie Funktionäre sein. Afair ist es bei der SPD so, dass die Delegierten zu den Bundesparteitagen nicht von den Orts- oder Kreisverbänden gewählt werden, sondern von den Landesverbänden. Da gibt es dann schon vor der Abstimmung eine nach Bezirken zusammengesetzte Liste vom Vorstand und die wird idR abgenickt.

    Dann sitzen da also Bundes- und Landtagsabgeordnete und der ein oder andere hohe Gewerkschaftsfunktionär zusammen und stimmen ab.

     

    Würde mich überhaupt nicht wundern, wenn das durchkommt und dann die Koalitionsgespräche beginnen.

    • @Age Krüger:

      Deine Verschwörungstheorie Und Funktionärsgedönsgeschichte liegt falsch; die Delegierten für Parteitage werden von den Bezirken gewählt.

      • @Rudolf Fissner:

        Wenn man las Beispiel ein Bezirk der SPD nimmt (z.B. https://spd-weser-ems.de/content/54157.php) und die Namen der Delegierten prüft (das haben ich gemacht), dann stellt man fest, dass sie fast alle Funktionen in der SPD haben (Bürgermeister, Kreistag, MdL, MdB), was nicht unbedingt verwundern muss, eine gewisse Abhängigkeit (mehr als 50% sind auch im Namen der SPD sozusagen hauptberuflich tätig) dürfte da schon vorhanden sein.

      • @Rudolf Fissner:

        Also auch nicht von der Basis, sondern von einem übergeordneten Gremium.

        Mal zu Erläuterung, wie das damals in den Gründungszeiten bei den Grünen funktioniert hat.

        Da hat wirklich jeder Kreisverband nach Größe die Delegierten für die Landesdelegierten- und die Bundesdelegiertenkonferenzen gewählt, also fast von der kleinsten organisatorisch möglichen Ebene aus. Das war noch eine echte Basisdemokratie. Sobald man diese Entscheidungen an eine überörtliche Ebene delegiert, ist da eben mit zu rechnen, dass Funktionäre am ehesten berücksichtigt werden.

         

        Insofern macht das keinen großen Unterschied, ob da ein Landesverband oder zwei bis drei Bezirksverbände sind, die den Landesverband dann bilden.

        • @Age Krüger:

          Basisdemokratie bei den Grünen

          So hat sich Fischer an die Macht "geschwindelt"

          Er hat seine Freunde ins Publikum gesetzt, die haben ihr Kartenspiel unterbrochen wenn ihre Stimme für Fischer abzugeben war, danach weitergespielt. Super Demokratie!!!

  • Klar, daß dieselbe betriebsblinde Altherrenclique, die den Absturz der Partei von Stolzen fast 40% auf nun 18% durch Unkenntlichmachung des S zu verantworten hat, nun ein “Ja“ empfiehlt.

     

    Höchstwahrscheinlich war das die retardierte Antwort auf die Frage, ob sie die Klospülung betätigt haben.

    Lediglich, die Historie hat gezeigt, das offensichtlich diesen Hasadeuren die Urteilsfähigkeit abhanden gekommen ist.

    Daher ist deren Empfehlung kein Pfifferling wert und kann getrost als eine demente Regung hingenommen und ignoriert werden.

    • @Unvernunft:

      Ich glaube nicht, dass die dement sind diese Hasadeure. Vielmehr vermute ich, dass sich auf der Funktionärsebene so eine Art Hütchenspielermentalität breit gemacht hat.

  • ..nach den letzten Hochrechnungen an diesem Wahlabend muss die SPD um den Einzug in den Bundestag bangen

  • Nahles entwickelt sich langsam zum echten Sympathieträger. In etwa von dem Schlag eines Johannes Kahrs.

  • In der aktuellen Forsa-Sonntagsfrage (18.01.) sind die Sozen bei 18%. Wenn am Sonntag der Parteitag die GroKo beschließt, könnte der Sturz tatsächlich richtig fies werden und die Umfragewerte unter AfD-Niveau absinken. Bin gespannt, ob sich die Sozialdemokratie vor einem Totalschaden bewahren kann.

    • 4G
      4932 (Profil gelöscht)
      @hansmaulwurf:

      Und wenn sie jetzt noch den Bettvorleger für die Union macht, dann werden es noch 14% sein. Und dann kann die Union endlich durchmarschieren und die AfD fragen. Und sie wird sagen: Erst ist uns unser Liebling abgesprungen, dann die alte Dirne SPD und jetzt sind wir dort, wo wir eigentlich hin wollten, es aber nie zu sagen wagten.

      Und danach hüpft die SPD bei Forsa wieder nach oben (Großer Respekt, daß ihr euch nicht verbogen habt!).

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...und was war jetzt FALSCH an der Aussage von Herrn Kühnert??!

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Folgende zwei Redewendungen wurden bei der DUDEN-Redaktion für 2018 eingereicht:

     

    Die aktuelle Redewendung : 'Laß mich Deine SPD sein' bedeutet:

    'Ich will Dir zu Füßen liegen, bei Dir abspülen, staubwischen, Klo putzen', 'mach mit mir, was Du willst, tritt mich, schlag mich', 'ich will heute Nacht alles tun, daß Du zufrieden und glücklich bist', 'nimm mich als Nutte, laß Deinen perversesten Wünschen freien Lauf, ich bin zu allem bereit'.

     

    Umgekehrt bedeutet die Redewendung: 'Ich mach Dir doch nicht die SPD':

    'Ich bin doch nicht Dein Fußabtreter /dein Hampelmann/ dein Putzlappen', 'du betrachtest mich offenbar als Deinen Idioten, der für alles den Kopf hinhält', 'ich habs satt, immer wie eine Marionette mit dem Kopf zu nicken', 'immer soll ich an allem Mist schuld sein, den Du machst'.

  • Ich freu mich schon auf die Reaktionen wenn die SPD bei der nächsten Bundestagswahl 2021 unter die 10 % fällt.

  • Spätestens dann, wenn A. Nahles endlich SPD-Vorsitzende ist, ist die deutsche Sozialdemokratie endgültig verloren!

    ...

  • 9G
    97075 (Profil gelöscht)

    Es wird immer abstruser: Lars Klingenbeil, der Generalsekretär im (Werbe-)Interview pro GroKo mit der badischen Zeitung heute:

    "Wir Sozialdemokraten wollen aber immer mehr – das ist der Geist, der diese Partei prägt. Andere Parteien wollen vor allem Macht, wir wollen vor allem die Welt verbessern."

    • @97075 (Profil gelöscht):

      Das ist Hütchenspielerlatein. Selten so gelacht über diesen traurigen Verein.

    • 4G
      42494 (Profil gelöscht)
      @97075 (Profil gelöscht):

      Danke für diesen SPD Witz!