SPD kommt mit Ansinnen nicht weit: Scheuer will kein Tempolimit
Geht es nach Bundesverkehrsminister Scheuer, soll es keine neue Debatte um Tempo 130 auf Autobahnen geben. „Bohei“, keilt die SPD-Chefin zurück.
Die SPD eiert derweil herum. Erst im Oktober hatte sie im Bundestag einen Antrag der Grünen auf ein allgemeines Tempolimit abgelehnt. Allerdings nicht, weil sie den Schritt inhaltlich für falsch hielt, sondern um den Koalitionsvertrag einzuhalten. Auf dem Parteitag Anfang Dezember hatte sich die SPD dann erneut für ein Tempolimit ausgesprochen, wie auch schon auf dem Parteitag 2007. Daraufhin kündigte die neue SPD-Spitze um Walter-Borjans und Esken an, mit der Union über das Thema zu verhandeln. Jetzt reagierte Scheuer und lehnte ab – gut platziert in der an Nachrichten armen Weihnachtszeit.
„Nachrichten abseits des Maut-Debakels“
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken konterte wiederum pikiert. „Ich kann ja verstehen, dass Verkehrsminister Scheuer versucht, Nachrichten abseits des Maut-Debakels zu produzieren. Er ist aber nicht in der Position, im Alleingang die Angelegenheiten der Koalition zu regeln“, merkte sie am Mittwoch an. „Ein Tempolimit auf unseren Autobahnen ist gut für den Klimaschutz, dient der Sicherheit und schont die Nerven der Autofahrer. Und deshalb werden wir darüber auch im neuen Jahr wieder sprechen.“ Außerhalb Deutschlands sei ein Tempolimit der Normalfall. „Nur die CSU macht noch so einen unbegreiflichen Bohei draus“, so Esken. Thomas Bareiß, CDU-Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, ätzte auf Twitter: „Sind das die Themen mit denen die SPD wieder Volkspartei werden möchte…? Tempolimit bringt weder nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz noch macht er unsere Autobahnen sicherer.“
Großteil von Autobahnnetz ohne Tempolimit
Ohne Tempolimit sind immer noch 70 Prozent des Autobahnnetzes. Dauerhaft oder zeitweise geltende Beschränkungen mit Schildern gibt es auf 20,8 Prozent des Netzes, wie halbwegs aktuelle Daten der Bundesanstalt für Straßenwesen zeigen. Unabhängig davon gilt eine empfohlene Richtgeschwindigkeit von 130. In der EU gibt es überall sonst Tempo-Beschränkungen. Bei der Unfallstatistik auf Autobahnen liegt Deutschland im Mittelfeld.
Scheuer spricht beim Tempolimit von einem „emotionalen Thema“, Bareiß warnte bereits im Januar 2019 vor einer Einschränkung von Freiheit und Mobilität. Beide geben damit den Takt in der Union vor. Das Thema wird wohl kaum in der Großen Koalition neu verhandelt. Und der nächste Bundestagswahlkampf? Wird auch ein Tempolimitwahlkampf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung