SPD drängt auf Kündigungsstopp: Überstunden für den Mieterschutz
Mieter*innen müssen im Herbst mit hohen Heizkosten rechnen. Die SPD fordert nun einen Kündigungsschutz und eine Kappungsgrenze für Indexmieten.
Auch im ersten Jahr der Pandemie 2020 hatte die Bundesregierung ein zeitlich befristetes Kündigungsmoratorium beschlossen. Covidbedingte Mietschulden aus den Monaten April bis Juni 2020 durften nicht zu einer Kündigung führen – allerdings mussten diese Schulden bis Ende Juni 2022 zurückgezahlt werden.
Kappungsgrenze für Indexmieten
Vor besonderen Herausforderungen stehen derzeit Mieter*innen mit einem Indexmietvertrag. Der wohnungspolitische Sprecher der Fraktion, Bernhard Daldrup, forderte nun eine Kappungsgrenze für solche Verträge. „Die Lage ändert sich dramatisch zum jetzigen Zeitpunkt, und deswegen muss hier interveniert werden“, sagte er. Die SPD werde darüber mit der FDP reden müssen. Eine konkrete Zahl, wann eine Kappungsgrenze gelten sollte, verriet Daldrup nicht.
Auch das SPD-geführte Baumministerium prüft derzeit, wie Mieter*innen mit Indexmietverträgen vor übermäßiger Belastung geschützt werden können. Allerdings ist das Mietrecht im FDP-geführten Justizministerium angesiedelt – und das ist noch nicht vollends überzeugt. Das Ministerium sei „sich der Diskussion um das Thema Indexmieten bewusst. Ob hier gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, muss noch geprüft werden“, heißt es auf Nachfrage der taz aus dem Justizministerium. Der Deutsche Mieterbund fordert bereits seit Wochen eine solche Kappungsgrenze. Der Eigentümerverband Haus und Grund lehnt eine solche ab.
Zum Hintergrund: Indexmieten sind direkt an die Inflation gekoppelt, berechnet werden sie über den Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes. Bei einer vereinbarten Indexmiete dürfen Eigentümer*innen die Miete jährlich um diesen Wert steigern. Die Anfangsmiete muss sich zwar nach dem örtlichen Mietspiegel richten. Danach gilt für die Indexmiete allerdings keine Kappungsgrenze mehr. Für viele Mieter*innen kann das nun zum Problem werden. Im Mai erreichte die Inflation mit 7,9 Prozent den Höchstwert seit der Wiedervereinigung.
Kühnert fordert Tempo vom Justizminister
Die Spannungen in der Ampelkoalition nehmen offenbar zu. Um perspektivisch stärker zu entlasten, forderte SPD-Generalsekretär und Mietenpolitiker Kevin Kühnert den Justizminister Marco Buschmann (FDP) auf, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Verbesserungen für Mieter*innen schnell anzugehen. Unter anderem gehe es dabei um die Absenkung der sogenannten Kappungsgrenze in angespannten Wohnlagen von derzeit 15 auf 11 Prozent.
Es gebe keinen Grund, die vereinbarten Reformen weiter zu verzögern, sagte Kühnert. Finanzminister Christian Lindner (FDP) habe gesagt, gegen die Krise müssten alle Überstunden machen. „Vielleicht fängt Herr Buschmann einfach an mit den Überstunden und sorgt dafür, dass das nach der Sommerpause zackig funktioniert mit der Gesetzgebung“, sagte Kühnert.
Auch das vereinbarte Vorhaben der Wohngemeinnützigkeit soll zügig umgesetzt werden, um den Bau bezahlbarer Wohnungen zu beschleunigen. Nach Vorstellung der Vizefraktionschefin Verena Hubertz sollen Wohnungsbauer Steuervergünstigungen erhalten, wenn sie bezahlbaren Wohnraum schaffen. Renditen sollen nur begrenzt möglich sein, aber auch zu Reinvestitionen verpflichten. Die Wohngemeinnützigkeit solle dafür sorgen, dass Mieten „zehn Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete“ liegen. Nach der Sommerpause wolle sie „mit FDP und Grünen austarieren, wie so ein Konzept aussehen kann“, sagte Hubertz. Die alte Wohngemeinnützigkeit wurde 1990 abgeschafft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung