SPD diskutiert über Deutsche Wohnen: Sympathie für Enteignungen
„DW enteignen“ debattiert mit Berlins Finanzsenator Kollatz. Der korrigiert nach unten, wieviel die Vergesellschaftung kosten würde.
Franziska Drohsel, Ex-Juso-Bundesvorsitzende, heute Vize-SPD-Chefin von Steglitz-Zehlendorf, moderiert: „Es gab in der SPD von Anfang an große Sympathien mit der Kampagne, viele haben Unterschriften gesammelt“, sagt sie. Und übergibt an Michael Prütz von „Deutsche Wohnen & Co enteignen“.
Prütz trägt die bei seiner Initiative obligatorische Arbeiterführermütze. „Die Immobilienlobby und ihre Verbündeten in der Presse versuchen jegliche Veränderung in Berlin zu verhindern“, sagt er. Am Samstag war der Entwurf aus der Stadtentwicklungsverwaltung Katrin Lompschers (Die Linke) zum Mietendeckel bekannt geworden. Sowohl Morgenpost als auch FDP hatten danach behauptet, die Linke zünde Berlin an. Die Deutsche Wohnen behandele „ihre Mieter wie begehbare Aktiendepots“, sagt Prütz. Man sei bereit, über das Tempo der Enteignungen zu reden, nicht aber über die Vergesellschaftungen an sich.
Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) kommt verspätet herein, nimmt auf dem Podium Platz. „Ich will keinen Zweifel daran lassen, dass ich zu den Skeptikern der Initiative gehöre“, sagt er. Der Bevölkerungszuwachs sei „keine Wolke, die an Berlin vorbeizieht wie das Gewitter dort draußen“. Die Schätzungen seien eher zu niedrig.
SPD-Finanzsenator Matthias Kollatz
„Völlig überraschenderweise kann man Geld aber nur einmal ausgeben“, sagt Kollatz. Das Geld, was man für Entschädigungen zahle, fehle für den sozialen Wohnungsbau. Dann nennt Kollatz mit 20 Milliarden Euro eine Entschädigungssumme, die weit unter den bisherigen Schätzungen der Lompscher-Verwaltung von 28,8 bis 36 Milliarden Euro liegt.
Der Finanzsenator äußert rechtliche Bedenken gegen die Enteignungsinitiative, bleibt aber sozialdemokratisch unklar bei Prütz’ Frage, ob die Senatsverwaltung für Inneres das Volksbegehren dem Verfassungsgericht zur Prüfung vorlegen werde.
Das Publikum sympathisiert, so weit auszumachen, mehrheitlich mit Mietendeckel und Enteignungskampagne. Die kritischen Fragen gehen nicht an Prütz, sondern an Kollatz.
Dann geht es aus dem schwülen Saal nach draußen. Kollatz steigt in den Dienstwagen, Drohsel verabschiedet sich, Prütz raucht. Berlin mag für einige brennen, aber in der Mittelstraße riecht es nach nassem Laub.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen