piwik no script img

SPD-Chef analysiert WahlschlappeSteinbrücks Stinkefinger störte

Warum die SPD jetzt in die Große Koalition muss? Sigmar Gabriel weiß eine Antwort: Die nonverbale Geste des SPD-Kanzlerkandidaten im „SZ-Magazin“ ist schuld.

LEIPZIG afp | SPD-Chef Sigmar Gabriel führt das enttäuschende Wahlergebnis seiner Partei auch auf die Diskussion über das „Stinkefinger“-Foto von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zurück. Steinbrück habe sich im Fernsehduell mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) „großartig geschlagen“, wodurch sowohl er selbst als auch die SPD „deutlich populärer“ geworden seien, sagte Gabriel der Leipziger Volkszeitung – „bis dann plötzlich die Debatte über den Stinkefinger kam“.

Steinbrück hatte die im Wahlkampf auf ihn einprasselnde, teils beißende Kritik gegen den Rat seines PR-Beraters im Magazin der Süddeutschen Zeitung mit dem ausgestreckten Mittelfinger gekontert. Dieser diente als nonverbale Antwort auf die Frage: „Pannen-Peer, Problem-Peer, Peerlusconi – um nette Spitznamen müssen Sie sich keine Sorgen machen, oder?“ Steinbrücks Kritikern bot der „Stinkefinger“ neues Futter, auch einige Anhänger zeigten sich irritiert.

Zwar hätten ebenso viele über die Geste gelacht, wie sie sie unangemessen fanden, sagte Gabriel der Leipziger Volkszeitung. Das eigentliche Problem sei aber gewesen, „dass damit die politische Diskussion wieder unterbrochen wurde. Auf einmal wurde nicht mehr über Löhne, über soziale Sicherheit, über Steuergerechtigkeit, über Europa geredet. Es wurden wieder nur Haltungsnoten verteilt.“

Allerdings sieht der SPD-Vorsitzende auch eine Reihe anderer Gründe für die große Stimmenkluft zwischen den Sozialdemokraten und Unionsparteien bei der Bundestagswahl. Dazu gehöre „die enorme Popularität von Frau Merkel“ ebenso wie der Ärger über die von Gerhard Schröder angestoßene Agenda 2010 und damit verbundene Einschnitte im sozialen Netz.

Zwar hätten letztere „maßgeblich zur aktuell guten wirtschaftlichen Lage beigetragen“, seien von vielen Wählern aber eben auch als Verstoß gegen die „Prinzipien“ der SPD wahrgenommen worden.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • G
    Gartenzwerg

    Hat die SPD immer noch nicht verstanden, dass sie nicht gewählt wird, weil sie ihre WählerInnen immer verrät und somit kein Grund besteht die SPD zu wählen. "Wer rot wählt, wird sich hinterher schwarz ärgern." wiedereinmal und deshalb wähle ich schon länger nicht mehr rot.

  • Herr Gabriel merkt gar nicht, dass diese unglaublich tolle Wirtschaft, die die Handelspartner in die Krise drückt, die deutschen Industriebesitzer immer reicher und die übrigen Deutschen immer ärmer macht, die nicht mehr Arbeit geschaffen hat sondern nur auf mehr Niedriglöhner und “Aufstocker” verteilt, die dem deutschen Staat immer mehr Hermesbürgschaften in die Bilanzen schreibt, die sicher wegplatzen werden und deshalb keinen Pfifferling wert sind, dass diese tolle Wirtschaft die Agenda 2010 rechtfertigt.

     

    Tatsächlich rechtfertigt sie vor allem nicht, weshalb die SPD immer noch mit 25% gewählt wurde – wohl aber, wo die anderen Stimmen hin sind.

     

    Steinbrücks Stinkefinger jedoch sollten sich all jene genau anschauen, die in Deutschland nicht mehr genügend Geld für Leben und Rente, im restlichen Europa nicht mehr genügend für überhaupt irgend etwas haben.

     

    Merkel zeigt nämlich keinen Stinkefinger. Sie macht einfach.

  • W
    Wahrsager

    Solange das negativ besetzte Wort "AGENDA 2010" direkt über GAZPROM-Schröder (immer noch willkommen bei der SPD?) der SPD eindeutig zuzuordnen ist, wird die SPD alleine niemals eine Wahl gewinnen und auch nicht über 27,5% kommen!

  • Manchmal glaube ich, hartz4 wird solange über den grünen Klee gelobt werden, bis der Schröder nicht mehr lebt.

  • Na ja, Siggi freut sich halt, nun in aller Öffentlichkeit, wie sich sein Rivale selbst demontiert hat.

  • Ach, wie putzig... der Sündenbock für die Wahlschlappe der SPD hat nicht etwa zwei Hörner... nein, der hat einen Finger!

     

    Ich fand ja bei allem, was Peer Steinbrück so alles bei seinem Sprung durch die Fettnäpfe so alles veranstaltete, die Comic-Parodien der "TITANIC" mit dem Titel "Der Unglaubliche Ulk" mit Peer als roter "Hulk"-Version sehr gelungen. Vielleicht hätte die SPD die veröffentlichen sollen, um mit humoristischen Mitteln Stimmen zu fangen - frei nach dem Motto des immerwährenden Schlusssatzes der Comics: "Vielleicht wird er ja doch noch Kanzler".

  • PH
    Peter Haller

    Mal schauen, wie die momentane Arschkriecherei von Gabriel & Co.bei den (SPD)Wählern ankommt.

    Ich glaube, da ist so ein Stinkefinger ein kleines Licht dagegen !

  • 1
    11

    sigmar gabriel verhält sich wie ein kind, daß die antwort nicht weiß: es rät. das wirkt ebenfalls nicht vertrauenserweckend. und daß im wahlkampf zu wenig geredet wird und inhalte zu weit im hintergrund stehen, liegt bestimmt nicht an steinbrück. das liegt an den medien, an der struktur des wahlkampfes insgesamt und an der blödheit der potentilellen wähler.

  • Tja, die SPD. Um eine Ausrede nie verlegen...