SPD-Bundestagsabgeordneter aus Halle: Diaby will nicht mehr kandidieren
Bei der nächsten Bundestagswahl tritt Karamba Diaby nicht mehr an. Die ständigen rassistischen Anfeindungen seien dafür aber nicht der Hauptgrund.

Sein Entschluss, sich aus der Bundespolitik zurückzuziehen, sei nicht politisch begründet, betont Diaby. Seine Arbeit im Bundestag seit 2013 halte er für erfolgreich. Damals zog er als erste in Afrika geborene Schwarze Person in den Bundestag ein. Er kam 1961 im Senegal zur Welt, studierte in der DDR. 2021 gewann der promovierte Chemiker und Geoökologe das Direktmandat im Wahlkreis Halle. Im Parlament setzte er sich unter anderem für bessere Bildung, den Mindestlohn und die doppelte Staatsbürgerschaft ein.
Nun wolle er aber neue Wege zu gehen und Platz für die nächste Generation zu machen. Immerhin werde er Ende des Jahres 63, sagt Diaby der taz. „Mit dem Gedanken habe ich seit einem Jahr gespielt und er ist mit meiner Familie zusammen gereift.“ Er wolle „künftig mehr Zeit für meine Familie, Freundinnen und Freunde sowie unseren Kleingarten haben“, erklärt er. In der SPD werde er sich weiterhin engagieren.
Der SPD-Landesgruppensprecher für Sachsen-Anhalt, Martin Kröber, sagte laut der regionalen Mitteldeutschen Zeitung zum angekündigten Rückzug: „Ich bedaure die Entscheidung sehr, kann sie aber angesichts der Bedrohungen nachvollziehen.“ Auf Nachfrage der taz sagte Diaby, das sei nicht der Hauptgrund, „aber es stimmt, so was kann man nicht wegwischen“.
Rassistische Sprüche im Bundestag
Wegen der rassistischen Attacken bekam Diaby schon 2011 Polizeischutz – vor seiner Zeit im Bundestag. Damals saß er für die SPD im Stadtrat und bekam rassistische Morddrohungen, wie der Spiegel damals berichtete. Danach gab es auch physische Angriffe, etwa als im Mai 2023 ein Mann einen Brandanschlag auf sein Büro verübte.
Vor etwa einem Monat machte Diaby auf Instagram eine weitere rechte Morddrohung öffentlich, die sich auch gegen seine Mitarbeiter:innen richtete. Dazu kommentierte er: „Für mich hat das Ausmaß an Hass und Hetze ein neues Niveau erreicht.“
Auch im Bundestag musste sich Diaby Sprüche anhören; etwa als der AfD-Abgeordnete und baden-württembergische Landesvorsitzende Markus Frohnmaier ihm vorwarf, Diaby habe ein Problem damit, „mitteleuropäische Sitten zu akzeptieren“. Dafür erhielt Frohnmaier einen Ordnungsruf.
Diaby ist nach Michael Roth und Michelle Müntefering der dritte SPD-Abgeordnete in diesem Jahr, der seinen Rückzug aus der Bundespolitik ankündigt. 2021 gewann Diaby das Direktmandat in Halle mit 28,8 Prozent der Erststimmen. In den letzten 15 Monaten als Abgeordneter wolle Diaby noch einige Aufgaben angehen, „damit alles ordentlich über die Bühne geht“, sagt er.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart