SPD Berlin: Giffey kündigt Rücktritt an
Berlins SPD-Chefin will nicht erneut für den Landesvorsitz ihrer Partei kandidieren. Der SPD-Landesvorstand reagiert zunächst schmallippig.
Konkret hätten ihr demnach „die vergangenen Monate“ gezeigt, „dass es den Wunsch nach einer Neuaufstellung in unserer Partei gibt und dass wir nicht nur strukturelle, sondern auch personelle Veränderungen und ein neues Führungsmodell brauchen“. Daher werde sie sich beim SPD-Landesparteitag im Mai von der Spitze zurückziehen.
Zugleich betonte Giffey, dass sie unabhängig vom SPD-Vorsitz weiterhin Berliner Wirtschaftssenatorin und Stellvertreterin des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU) bleiben wolle. „Ich werde mich mit ganzer Kraft auf meine anderen Aufgaben konzentrieren, die ich für unsere Partei wahrnehme“, kündigte sie an. Und: „Mein Einsatz gilt weiter unserer SPD.“
Franziska Giffey führt seit November 2020 zusammen mit Raed Saleh die Hauptstadt-SPD und war Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Abgeordnetenhauswahlen im September 2021 und im Februar 2023.
SPD in Umfragen nur noch bei 15 Prozent
Spätestens nach der krachenden Wahlniederlage der SPD bei der Wiederholungswahl vor gut einem Jahr und ihrem Kursschwenk von Rot-Grün-Rot zu Schwarz-Rot in den folgenden Koalitionsverhandlungen verlor die bis dahin Regierende Bürgermeisterin auch unter den eigenen Parteimitgliedern massiv an Zustimmung.
Auf einem SPD-Parteitag im Mai vergangenen Jahres mussten Saleh und – mehr noch – Giffey dann auch über Stunden den geballten Unmut der Delegierten über sich ergehen lassen. Am Ende votierten die Delegierten für einen Antrag der Jusos, der zwar im Laufe des Parteitags verwässert wurde, aber dennoch eine Art Weichenstellung bedeutete.
So hieß es hier, dass im Landesvorstand „künftig nicht mehrheitlich“ Staatssekretär:innen, Senator:innen oder Fraktionschef:innen vertreten sein sollen: „Insbesondere sollte die zukünftige Doppelspitze nicht vollständig aus diesem Personenkreis stammen.“ Das wurde allgemein vor allem als Breitseite gegen Giffey verstanden.
Damals wie heute hielt Giffey unbeirrt an ihrer Position fest, dass es richtig gewesen sei, in das jetzige Regierungsbündnis mit der CDU zu gehen. In ihrem Rundschreiben vom Mittwoch heißt es: „Nur wer in Regierungsverantwortung ist, kann auch wirklich politisch gestalten.“ Von den Wähler:innen wird das weniger goutiert. In letzten Umfragen steht die SPD in Berlin bei 15 Prozent, das sind noch mal über 3 Prozentpunkte weniger als bei der Wahl im Februar 2023.
Der Landes- und Fraktionsvorstand der SPD reagierte am Mittwoch schmallippig. Man habe die Entscheidung von Giffey, im Mai nicht erneut zu kandidieren, „mit großem Respekt zur Kenntnis genommen“, heißt es auf taz-Nachfrage. Auch habe sie „sehr gute Arbeit für Berlin geleistet beziehungsweise leistet sie“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“