SPD-BSW-Koalition in Brandenburg: Konservativ mit rotem Anstrich
In Brandenburg scheinen sich SPD und BSW geräuschlos auf eine Koalition zu einigen. Beide Parteien stehen sich näher, als sie zugeben.
D as ging schnell: SPD und BSW in Brandenburg haben sich erstaunlich geräusch- und reibungslos auf ein Sondierungspapier verständigt. Die möglichen „Brombeer“-Koalitionäre CDU, SPD und BSW in Thüringen und Sachsen hingegen hatten sich zuletzt eher verhakt und verheddert, auch wenn am Montag auch dort Fortschritte vermeldet wurden.
Dass es in Potsdam flutscht, liegt sicher am Fakt, dass nur zwei Parteien am Tisch sitzen. Zum Erfolgsrezept gehört auch, dass sich die beiden Parteien näher stehen, als sie zugeben. Das zeigte am Montag die Pressekonferenz mit SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke und BSW-Landeschef Robert Crumbach. Beide Herren, beide jahrzehntelang SPD-Mitglieder – Crumbach ist erst in diesem Jahr ausgetreten –, gaben sich äußerst geschmeidig, wenn es um umstrittene Verhandlungspositionen des Koalitionspartners in spe ging.
Beim symbolpolitischen BSW-Thema „Frieden“ wirkt es deshalb so, als sei die SPD eingeknickt. Das Sondierungspapier trägt klar die Handschrift der Wagenknecht-Partei, wenn es heißt, die künftigen Koalitionäre sehen die Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen in Deutschland „kritisch“. Das BSW kann diese Formulierung ihren Wähler*innen als Sieg verkaufen. Die Landes-SPD wiederum scheint sich mit ihrer Zustimmung zu der Textpassage weiter von der „Zeitenwende“-Linie der Bundesregierung zu entfernen.
Doch der Fokus auf dieses Streitthema, bei dem eine Landesregierung ohnehin wenig Mitsprache besitzt, lenkt ab von einem ansonsten konservativen, uninspirierten Positionspapier mit rotem Anstrich. Einig sind sich die Parteien etwa bei der „Eindämmung, Verhinderung und Zurückweisung“ von irregulärer Migration und dass der Kohleausstieg auf keinen Fall vor 2038 kommen darf.
Für Brandenburg bedeutet das Bündnis aus SPD und BSW mehr vom Gleichen. In Thüringen und Sachsen dürfte das BSW allerdings mit der CDU nicht so leichtes Spiel haben wie in Brandenburg mit der SPD. Formulierungen wie aus dem Potsdamer Sondierungspapier schluckt die Union dort nicht ganz so einfach. Doch in der Not, ohne die rechtsextreme AfD eine Mehrheit zu finden, ist sogar die CDU zu einigen Verrenkungen bereit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Im Gespräch Gretchen Dutschke-Klotz
„Jesus hat wirklich sozialistische Sachen gesagt“