Russland umgeht Wirtschaftssanktionen: Die Holzfrage
Trotz internationaler Sanktionen exportiert Russland weiter Holz in die EU. Angeblich kommt das Holz aus Zentralasien – dort gibt es aber kaum Wald.
D as Verbot des Holzimportes aus Russland und Belarus in die EU war eine der ersten Antworten auf den von Russland entfesselten Krieg gegen die Ukraine. Man nahm an, dass diesen beiden Staaten dadurch Milliardenverluste entstehen würden. Aber der Plan ging nicht auf.
Journalisten aus Belarus, Litauen und vom Organized Crime and Corruption Reporting Project (Projekt zur Erfassung und Veröffentlichung von organisierter Kriminalität und Korruption, OCCRP; ein nichtstaatliches Journalisten-Netzwerk; Anm. d. Red.) haben herausgefunden, dass russische und belarussische Holzlieferanten seit Juni 2022 die EU-Sanktionen umgehen können. Offenbar werden dazu Unterlagen benutzt, aus denen hervorgeht, dass das Holz aus Kasachstan bzw. Kirgisistan stammt.
Im Jahr 2022 stiegen die Rohstoffeinfuhren aus den beiden zentralasiatischen Republiken auf umgerechnet 30 Millionen Euro, während es 2020 und 2021 nur 445.000 Euro waren. Nach der Einführung der Sanktionen stieg der Verkauf von Holzprodukten aus Kasachstan in die EU um fast das 137-fache und aus Kirgisistan um das 12-fache. Und das, obwohl weniger als 6 Prozent der Fläche Kasachstans und Kirgisistans bewaldet sind und die Staaten den Holzexport offiziell begrenzen.
Wenn Holz die Staatsbürgerschaft wechselt
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Auch die Methoden, mit denen Holz seine „Staatsbürgerschaft“ wechselt, wurden aufgedeckt. Der Rohstoff muss zu diesem Zweck nicht einmal Russland oder Belarus verlassen. In Kasachstan und Kirgisistan registrierte Unternehmen schicken ihren Lieferanten einfach Pakete mit Dokumenten über den Ursprung der Waren und Exportpapiere.
Journalist aus Almaty (Kasachstan). Geboren 1996. Arbeitet seit mehr als fünf Jahren zur Arbeit kasachischer Rechtssprechung, dem öffentlichen Beschaffungswesen und Menschenrechtsverletzungen in Zentralasien.
Als Antwort auf die journalistische Recherche erklärten kasachische Beamte, dass 2022 kein Holz exportiert wurde, da ein offizielles Verbot für den Export von Rohstoffen aus Kasachstan bestehe.
Doch es gab eine Panne: Nach Angaben des Nationalen Statistikamtes lieferte das Land in diesem Zeitraum Holz für 62,5 Millionen Dollar in die Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) und für 16,5 Millionen Dollar in die übrige Welt, darunter für 8,6 Millionen Dollar in die EU.
Furnierholz russischer Herkunft
Bereits im August 2023 räumte die Europäische Kommission ein, dass große Mengen von Furnierholz russischer Herkunft in EU-Staaten gelangt sein könnten. Gleichzeitig stellten die Beamten fest, dass die Importe unter dem üblichen Preisniveau erfolgen. In diesem Zusammenhang leitete die Kommission Untersuchungen gegen Kasachstan und die Türkei ein.
Das kasachische Handelsministerium erklärte daraufhin seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit und forderte die kasachischen Lieferanten auf, der Europäischen Kommission alle angeforderten Informationen zu übermitteln. In derselben Erklärung wurde davor gewarnt, dass die Nichtbeteiligung an dieser Untersuchung zur Anwendung eines Antidumpingzolls von 15,8 % auf Birkensperrholzlieferungen aus Kasachstan führen könnte.
Es ist klar, dass Kirgisistan und Kasachstan nicht das Volumen der Holzexporte aus Belarus und Russland in die EU abdecken, die sich vor Einführung der Sanktionen auf mehrere Milliarden Dollar beliefen.
Die Untersuchung der Europäischen Kommission über die Lieferung von Holz zweifelhafter Herkunft unter dem allgemeinen Preisniveau begann jedoch erst anderthalb Jahre nach Verhängung der Sanktionen. Ganz offensichtlich ist in Europa der Bedarf an diesem Holz groß.
Tja, hier greift dann das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Wir können also davon ausgehen, dass russische und belarussische Unternehmer weiterhin nach Möglichkeiten suchen werden, die Sanktionen zu umgehen.
Aus dem Russischen Gaby Coldewey
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