piwik no script img

Rumgeeier trotz steigender CoronazahlenSurfen auf der dritten Welle

Gareth Joswig
Kommentar von Gareth Joswig

Berlin zieht keine Notbremse zu Ostern trotz steigender Infektionszahlen. Das Hin und Her der Regierungen macht nur noch ratlos.

Die Regierungspolitik in Sachen dritte Welle (Symbolbild) Foto: Quino Al/Unsplash

W enn im Lexikon ein Bild von Rumeiern stehen würde, es wäre ein Gruppenfoto der Mi­nister­präsi­denten­kon­fe­renz, die zusammen mit der Kanzlerin nach zwölfstündigen Nachtses­sions irgendwelche fragwürdigen Maßnahmen beschließt, diese dann wieder zurücknimmt und dann irgendwie auch nicht mehr so recht weiterweiß.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) entschuldigt sich, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) auch. Wie es nun angesichts der dritten Welle weitergeht, weiß keiner so genau. Was jetzt eigentlich Phase ist bei der elendigen Seuche, können unsere Regierungen offenbar nicht so richtig sagen.

Klar ist nur, dass wir über die Feiertage Rumgeeiere bekommen, und zwar nicht von der Sorte, die wir uns zu Ostern wünschen würden. Denn trotz stetig steigender Infek­tions­zahlen, nicht mehr abnehmender Todesfälle, um sich greifender Mutationsvarianten dieses elendigen Virus, die länger und stärker ansteckend und tödlicher zu sein scheinen, tut die Politik so, als wäre nichts.

Die von Berlin unlängst beschlossene Notbremse, nach der die Lockerungen von Anfang März wieder zurückgefahren werden sollten, falls der Inzidenzwert an mehreren aufeinander folgenden Tagen in der Hauptstadt über 100 liegen sollte, wird einfach nicht gezogen (er liegt seit Dienstag deutlich über 100).

Die Büros bleiben offen, alles Private ist eingeschränkt

Stattdessen darf man mittlerweile wieder nach Malle fliegen und eimerweise Sangria saufen. Oder wie es Titanic-Autor und Screenshots-Sänger Dax Werner schön auf den Punkte brachte: „Jedenfalls schön zu sehen, dass wir es mit monatelangem Verzicht nun einigen Hunderten ermöglichen, nach Mallorca zu fliegen. Es war nicht umsonst.“

Die Büros bleiben offen, alles Private ist eingeschränkt. Gleichzeitig machen sich CDUler mit Maskendeals die Taschen voll und Impfbemühungen stocken. Man weiß gar nicht mehr, was man sagen soll, wenn man sich dieses riesige Problemknäuel anschaut.

Vielleicht tut es an dieser Stelle einfach noch ein Zitat. Diesmal vom Ministerpräsidenten Bodo Ramelow aus Thüringen, dem Bundesland mit den höchsten Inzidenzzahlen derzeit. Der twitterte live aus der Ministerpräsidentenkonferenz. Und zwar das einzig Sinnvolle, was sich zu der Gesamtlage derzeit sagen lässt: „ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ.“

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Gareth Joswig
Redakteur Inland
Arbeitet seit 2016 als Reporter und Redakteur bei der taz. Zunächst in den Lokalredaktionen von Bremen und Berlin, seit 2021 auch im Inland und Parlamentsbüro. Davor Geschichts- und Soziologiestudium. Themenschwerpunkte: extreme Rechte, AfD, soziale Bewegungen, Mietenpolitik, dies, das, verschiedene Dinge.
Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • @FRANZ LEIER:

    Eieiei. Klingt so, als wären Sie gerade aus einem wirren Alptraum aufgeschreckt. Gute Besserung!

  • "Die Büros bleiben offen, alles Private ist eingeschränkt. Gleichzeitig machen sich CDUler mit Maskendeals die Taschen voll und Impfbemühungen stocken. Man weiß gar nicht mehr, was man sagen soll, wenn man sich dieses riesige Problemknäuel anschaut."



    Ich würde sagen: kapitalistische Pandemiepolitik.

  • Guter Beitrag.



    Ich frage mich sowieso ob unsere politischen Führungskräfte, wenn die elendige Seuche abflacht einfach so weitermachen.Ich hoffe nicht. Nur noch Faust in Tasche. Gar nicht aufzuzählen. Flächen(Partei)deckend.



    Es gibt doch diese Pantemiemodellierer.



    Dieser Zusammenhang zwischen politischen Fehlentscheidungen und Toten/lange Leidenden liese sich mit geballter Rechenkraft bestimmt herstellen.



    Findet natürlich nicht statt.



    Der Bürger zahlt für Nichttragen der Maske einen Obulus, Politiker lassen für Machterhalt Menschen sterben.



    Passieren tut nichts.

  • "Als erstes europäisches Land hat Serbien seine Impftermine für Asylbewerber und Menschen aus Nachbarländern geöffnet. Bei der Impfstoffbeschaffung hatte das Land einen anderen Weg gewählt als die EU.

    Während die Corona-Impfkampagnen in der EU schleppend verlaufen, hat Serbien am Freitag mit der Impfung von Migranten begonnen."

    rp-online.de/panor...anten_aid-57047113

    Da ist übrigens das Land, was die damalige rot-grüne Regierung mombardiert hat.

  • Danke für den Zitat von Dax Werner.

    Genau so sehe ich es: Fahr Ihr nur nach Malle.

    Vielleicht sollte zur Quarantäne bei der Rückkehr noch eine Woche Freiwilligendienst in der Intensivstation dazukommen?

    Für jede Teilnahme an einer Demo, für jede Reise, für alles, was in der Summe die Zahlen nach oben schubst?

    Ja, für wichtige Dinge würde ich demonstrieren. Eine Woche Bodenwischen in der Intensivstation inklusive.

  • wenn die Politik versagt, wäre es dann nicht Aufgabe einer kritischen Presse Veränderungen zu fordern? Umso gröber das Versagen desto lauter?



    Stattdessen ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ ?

    Resignation als kritischer Journalismus?



    Respektzollungen für eine Regierung, deren Kanzlerin zwar sympatisch sein mag, aber letztlich dieses Land in diese Lage hat laufen lassen, (es sind schon Politiker für geringeres kritisiert worden).



    Ist das das Selbstverständnis einer linken Opposition?

  • Es geht auch anders:



    ÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖH