Rüstungsexporte und Jemen-Krieg: Deutsch­land liefert Waffen-Nachschub

Die Große Koalition wollte keine Rüstungsexporte an die Kriegsparteien mehr genehmigen. Nun gehen Güter an Saudi-Arabien und weitere Staaten.

Ein Mann trägt ein Kind aus Trümmern

Auch Waffenexporte deutscher Firmen kommen wohl im Jemen zum Einsatz Foto: reuters

Berlin taz | Die Bundesregierung genehmigt weiterhin Rüstungsexporte an Beteiligte des Jemen-Kriegs. Seit dem Amtsantritt der neuen Großen Koalition im März nickte der Bundessicherheitsrat unter anderem zehn Rüstungsgeschäfte mit Saudi-Arabien ab. Gesamtwert: 255 Millionen Euro. Weitere Rüstungsgüter gehen unter anderem an die Kriegsparteien Ägypten (25 Exporte im Gesamtwert von 10 Millionen Euro) und Vereinigte Arabische Emirate (12 Exporte, 5 Millionen Euro). Die Zahlen gehen aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour (Grüne) hervor.

Ein Teil dieser Geschäfte war schon im September bekannt geworden, als die Bundesregierung den Wirtschaftsausschuss des Bundestags über ihre jüngsten Genehmigungsentscheidungen informierte. Die Regierung führte damals unter anderem vier Artillerie-Ortungssysteme für Saudi-Arabien auf. Die Geräte werden auf Panzerfahrzeugen installiert und können feststellen, von wo aus Feinde schießen. Weitere Genehmigungen könnten auf Patrouillenboote entfallen, die ebenfalls nach Saudi-Arabien gehen. Zum Großteil der übrigen Exporte gab die Bundesregierung allerdings keine detaillierten Informationen bekannt.

Brisant sind die Genehmigungen, weil Union und SPD ursprünglich vorhatten, überhaupt keine Rüstungsexporte an Beteiligte des Jemen-Kriegs mehr zuzulassen. Eine entsprechende Klausel hatten die Parteien in ihrem Sondierungspapier vereinbart. In den Koalitionsverhandlungen ließen sich die Sozialdemokraten dann auf Druck von CDU und CSU auf Ausnahmen ein: Gab es zu einem Rüstungsexport bereits eine Voranfrage des Herstellers und hatte die alte Bundesregierung diese nicht abgelehnt, so erteilt die Regierung jetzt die Genehmigung. Diese Ausnahme könnte nun gegriffen haben.

Trotzdem gibt es innerhalb der Koalition Unmut: Laut Stern schrieb der SPD-Abgeordnete Thomas Hitschler schon in der vergangenen Woche einen Brief an den zuständigen Wirtschaftsminister Peter Altmeier (CDU). Darin habe er es als „besorgniserregend“ bezeichnet, welche „Art der Rüstungsgüter“ ausgeführt werden.

Auch die Opposition im Bundestag kritisiert die Exporte. Der Grünen-Abgeordnete Nouripour fragt empört: „Was muss denn noch passieren, damit die Bundesregierung keine Waffenexporte mehr nach Saudi-Arabien genehmigt?“ Die Linken-Abgeordnete Sevim Dağdelen meint: „Mit Rüstungsexporten im Umfang von einer viertel Milliarde Euro in zwei Quartalen macht sich die Große Koalition mitverantwortlich für Kriegsverbrechen und Hungerblockade der saudischen Militärs im Jemen.“

Im Jemen-Krieg kämpft ein Militärbündnis unter Führung Saudi-Arabiens seit 2015 gegen vom Iran unterstützte Rebellen. Die UN geht davon aus, dass seit dem Kriegsbeginn 28.000 Menschen ums Leben gekommen sind, davon 10.000 Zivilisten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.