Rückrunde der Fußball-Bundesliga: Brause in den Pokal kippen
Als Vierter startet RB Leipzig in die Rückrunde und empfängt gleich Dortmund. Seine Ziele verlagert der Klub auf einen anderen Wettbewerb.
Leipzig taz | Auf dem penibel sauberen Trainingsgelände von RB Leipzig, genauer auf dem perfekt getrimmten Rasen stehen Ibrahima Konaté (19), Dayot Upamecano (20) und Ralf Rangnick (60), und stecken die Köpfe zusammen. Die beiden jungen französischen Innenverteidiger bekommen noch letzte Instruktionen von ihrem Vorgesetzten. Auf beide wird es heute Abend ankommen, wenn mit Borussia Dortmund die beste Offensive in Leipzig antritt.
„Dadurch, dass Dortmund quasi ohne gelernten zentralen Stürmer spielt, wird es enorm wichtig sein, dass wir in der Abwehr rechtzeitig erkennen, was auf uns zukommt“, berichtet Rangnick, was er seinen beiden Schützlingen noch einmal eingebläut hat. Trotz der sehr guten Hinrunde der Dortmunder gehen die Leipziger selbstbewusst in die Partie.
„Wir wissen um unsere Stärke zu Hause“, sagt der Trainer und erklärt mit einem Rangnick'schen Schachtelsatz, warum: „Wenn wir es schaffen, kompakt als Mannschaft zu verteidigen, die Dortmund zu Fehlern zwingen, wenn wir gut antizipieren, welche Bewegungen auf uns zu kommen, dann glaube ich, dass wir eine Chance haben, das Spiel zu gewinnen.“
Das Selbstbewusstsein rührt auch daher, dass die Sachsen die beste Verteidigung der Liga haben. Leipzig ließ die drittwenigsten Torschüsse zu und kassierte die wenigsten Gegentore. Auch weil Torwart Peter Gulasci in der Hinrunde in Bestform war: Über 77 Prozent aller Schüsse wehrte der Ungar ab – Liga-Bestwert. „Wenn der Gegner Chancen hat, dann sind es nicht so ganz klare“, erläutert Gulasci. „Dann hat der Torwart auch mal die Möglichkeit, einen Ball zu halten.“ Was er beschreibt: Leipzig schafft es, den Gegnern Torschüsse nur aus schlechten Winkeln zu erlauben.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Doch ausgerechnet das Hinspiel in Dortmund zeigte RB, dass das auch schiefgehen kann. 1:4 hieß es nach dem ersten Saisonspiel, und Trainer Rangnick fand die Leistung seiner Mannschaft paradoxerweise gar nicht so schlecht. Noch heute betont er das bei jeder Gelegenheit. Mittelfeldspieler Marcel Sabitzer sieht das ähnlich. „Wir haben in dem Spiel eigentlich nicht viel falsch gemacht. Das Ergebnis hat die Verhältnisse auf dem Platz nicht widergespiegelt“, sagte der Österreicher der Mitteldeutschen Zeitung.
Der Unterschied war, dass Dortmund mit einfachen Passfolgen hinter die Abwehrreihe kam. Bei der Leipziger Balljagd steht die besonders hoch, sodass die flinken BVB-Angreifer leichtes Spiel hatten. Dazu kam Leipzigs Schwäche bei Standards. Beides hat RB im Laufe der Hinrunde abgestellt. Die Verteidigung wirkt deutlich reifer. Starke Defensive statt Hurra-Offensive, das ist zur neuen Normalität in Leipzig geworden.
Beim Hinspiel machten BVB-Fans Schlagzeilen
Zwei Neue lotste Rangnick im Winter nach Leipzig: Von RedBulls New York kam Tyler Adams, von RedBull Salzburg Amadou Haidara. Leipzig wird eine marktübliche Ablöse gezahlt haben, schließlich schaut die Uefa genauer hin, aber ein Geschmäckle bleibt. Gerade weil die Macher in Leipzig immer wieder betonen, wie unabhängig die verschiedenen Ableger des Brause-Imperiums doch seien.
Die Neuen kommen von RedBull-Klubs: Adams aus New York, Haidara aus Salzburg
Abseits des Feldes scheint RB Leipzig mit seinem ungewöhnlichen Vereinskonstrukt mittlerweile etabliert, wenn auch schwerlich geliebt. Vor zwei Jahren machten die Dortmund-Fans Schlagzeilen, als sie RB-Fans attackierten und verletzten. Vorausgegangen war eine zumindest derbe Rhetorik der Verantwortlichen in Gelb-Schwarz. Mittlerweile sagen alle Parteien, was man eben so vor einem Spitzenspiel sagt: Starker Gegner, gute Mannschaft, schweres Spiel. Spitzen tauschten im Vorfeld lediglich die englischsprachigen (!) Twitter-Accounts (!) aus, doch dieses Medium lässt die medialen Wellen heutzutage ja gerne mal höherschlagen.
Zurück zum Sport: 11 Punkte beträgt aktuell der Abstand zwischen Leipzig und Dortmund. „Wenn wir noch ganz nach vorn kommen wollen, müssten wir Dortmund schlagen“, stellt Ralf Rangnick also ganz richtig fest. Er wolle keine Rechnereien anstellen, sagt der 60-Jährige, tut es aber dann doch: Selbst wenn Leipzig 40 Punkte in der Rückrunde holte, dürfte Dortmund höchstens 29 Zähler sammeln, was angesichts der Hinrunde als unrealistisch einzustufen sei.
Viel Konjunktiv. Also gibt Rangnick, der Manager und Trainer in Personalunion, rasch ein neues Ziel vor: „Wir würden gern noch ein paar Runden im DFB-Pokal dabei sein. Wir würden auch sehr gern ins Finale nach Berlin. Das ist ein sehr erstrebenswertes Ziel.“ Eine selbstbewusste Ansage. Leipziger Normalität eben.