Reunion von Oasis: Wie eine Kreuzfahrt
Die britische Gruppe Oasis hat ein Comeback angekündigt. Das sollte aufschrecken. Denn ihre langweilige Rockmusik hat auch den Brexit vorbereitet.

Oasis gehen wieder auf Tour?! So what? Sonst noch Probleme? Müssen jetzt auch noch die Gebrüder Gallagher mit dem schon in den 1990er Jahren völlig schwiemelig-pathetischen Gitarrengenöle, und einem nach abgestandenem Bier ohne Reinheitsgebot müffelnden New-Labour-Klassenbewusstsein nebst aufdringlichen Koteletten die Schläfe runter bis zum Pimmel-Attitude-Pseudomod-Stil ihren Manchesterhosen-Rock-’n’-Roll-Senf dazugeben, weil sie schon mal die Flocken für die späterhin benötigten Treppenlifte einspielen müssen?
Definitiv vielleicht schon. Jetzt also stiften die Gebrüder Gallagher Gemeinsinn und eine schöne Alliteration in diesen von Vereinzelung und Polarisierung gekennzeichneten Zeiten.
Warum ausgerechnet Oasis?
Und es ist ja so, Popmusik gibt allen eine zweite Chance. Auch Oasis und den Gebrüdern Noel und Liam Gallagher. Obwohl: So viele wirklich talentierte Typen von gestern, vorgestern und vorvorgestern hätten ihre Reunion so viel mehr verdient und wirtschaftlich wahrscheinlich auch sehr viel bitterer nötig als Noel und Liam. Warum ausgerechnet Oasis?
Diese mit Billardkugeln im Pub um sich schmeißenden, stinkereich gewordenen Lads waren nun wirklich nur bei einem einzigen Ding vorne dran: Ihre rockistische Form von Britpop war die musikalische Vorwegnahme des Brexits, ein elitäres Wir-sind-eine-Insel-Gewinsel. Musik zum Abgewöhnen.
Und dazu diese endlose Rockstar-Simulation: eine zugespitzte Form von Superstarabgründen. Auf Koks in den Swimmingpool kacken. „Definitely Maybe“, was für ein belangloser und gleichzeitig dummfrecher Albumtitel. „Don’t Look Back in Anger“, ein Allgemeinplatz in der Fußgängerzone des Seins.
Nie vergessen: Oasis, diese Kotelettenband gab es überhaupt nur, weil die guten, die fortschrittlichen Bands des Labels Creation Records, etwa die gigantischen My Bloody Valentine, notorisch erfolglos blieben. Als zähle nichts mehr als nur Erfolg?!
Gitarrenroadie der Inspiral Carpets
Völlig egal, denn dann kamen Oasis: Noel war der Gitarrenroadie der mittelguten Raveband Inspiral Carpets, die aber im Vergleich zu Oasis noch äonenmal CHARISMATISCHER, TALENTIERTER UND LUSTIGER klangen. Egal, denn Noel hatte einen Masterplan: Was wäre, wenn sich Rockmusik einfach nur anfühlt wie eine Kreuzfahrt. Muss nicht wehtun, einfach Traumschiff halt. Und also fragte er seinen Bruder Liam und sie ließen sich diese verdammten Koteletten wachsen und schufen „Don’t Look Back in Anger“, diesen frech bei den Beatles zu „Revolver“-Zeiten abgekupferten Ohrwurm.
Und jetzt, nach jahrzehntelangem Kontaktabbruch, weil zuvor Familienzerwürfnis … kürze hier etwas ab …. die Wiedervereinigung der beiden Super-Koteletten Noel und Liam. Diese Homestory kann sich eigentlich nur ein Majorlabel-Heini ausgedacht haben, der oder dem Musik und Progression völlig wurscht ist und die oder der nach den reihenweise ausverkauften Stadionkonzerten von Rammstein bis Coldplay, den letzten beiden eh schon ultraschlimmen Stadionrockeinöden, immer noch nach mehr Mainstream-Profi-Veranstaltungs-Management-Nivellierungs-Rendite lechzt.
Für diese, nennen wir sie ruhig beim Namen, Generation Samsonite bricht jetzt noch mal ein traumhaftes Dagobert-Duck-Zeitalter an. Jeder Tag bringt ein neues Revival! Bling-Bling, Pilotenkoffer schnapp-schnapp. Liam und Noel, Noel und Liam, die werden die große Rendite-Kreuzfahrt schon schaukeln.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung