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„Rettungsplan“ für den LibanonReformen wird es nicht geben

Julia Neumann
Kommentar von Julia Neumann

Der milliardenschwere Deal zwischen dem Libanon und dem Internationalen Währungsfonds spielt nur der politischen Elite im Libanon in die Karten.

Eine Bankfiliale in Beirut Foto: Bilal Hussein/AP

D ie Reformen, die sich das Personal des Internationalen Währungsfonds (IWF) vom Libanon wünscht, werden nicht kommen. Der Libanon soll unter anderem seinen Banken- und den Energiesektor umstrukturieren, Steuerreformen durchführen und Korruption bekämpfen, um rund 2,75 Milliarden Euro zu erhalten. Das Abkommen auf Personalebene kommt einen Monat vor den Wahlen im Libanon. Wieso schließt die internationale Gemeinschaft ein solches Paket mit einer alten Regierung ab?

Hätte der IWF nicht warten können, bis ein neues Parlament und eine neue Regierung formiert sind? Zugegeben, die Chancen, dass sich in der libanesischen Politik etwas ändert, sind aufgrund des Wahlsystems mit seinem konfessionellen Proporz niedrig. Doch so schaut es aus wie eine selbsterfüllende Prophezeiung: Die Ver­hand­le­r*in­nen des IWF glauben selbst nicht, dass sich die politischen Köpfe im Libanon ändern.

Seit Beginn der Wirtschaftskrise 2019 verhandelt der IWF mit dem Land um das Paket. Ständig stockten die Gespräche. Vor allem, weil die Regierung und die Zentralbank sich gegenseitig die Schuld zuwiesen und sich nicht mal auf die Höhe des Staatsdefizits einigen konnten. Einen Monat vor den Wahlen geht es plötzlich, mal wieder versprechen sie Reformen.

Das Abkommen ist kein Durchbruch. Vielmehr hilft es der Elite in ihrem Wahlkampf. Bereits vor Ausbruch der Finanzkrise war klar, dass die politische Elite im Libanon – bestehend aus Familien ehemaliger Milizführer im Bürgerkrieg– geliehenes Geld entweder in Projekte steckt, von denen sie profitieren, oder es direkt in ihren Taschen versacken lässt. Das beste Beispiel dafür ist der Zentralbankchef Riad Salameh selbst: Die libanesische Staatsanwaltschaft sowie vier europäische Staatsanwaltschaften ermitteln gegen ihn wegen Verdacht auf Geldwäsche.

Er soll der Zentralbank Hunderte Millionen US-Dollar über Beratungsaufträge entzogen haben – das Geld ging auf Konten seiner Verwandtschaft und steckt auch in Immobilien in Deutschland. Trotz der Vorwürfe ist Salameh noch immer Zentralbankchef – und bestreitet, dass der Libanon bankrott sei.

Immer wieder betonte die internationale Gemeinschaft – allen voran Frankreich und auch Deutschland –, es bräuchte Reformen, um weiter Geld zu leihen oder um Entwicklungsgelder zu bekommen. Noch 2018 sammelte Emmanuel Macron 10 Milliarden US-Dollar an Kreditzusagen – im Gegenzug für Reformen. Die blieben natürlich aus, das Geld wurde nie geschickt. Der nun vorgelegte Deal zeigt mal wieder, dass dem Westen politische Stabilität im Libanon wichtiger ist als die Reformen, die er vollmundig fordert.

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Julia Neumann
Korrespondentin Libanon
Auslandskorrespondentin für Westasien mit Sitz in Beirut. Hat 2013/14 bei der taz volontiert, Journalismus sowie Geschichte und Soziologie des Vorderen Orients studiert. Sie berichtet aus dem Libanon, Syrien, Iran und Irak, vor allem über Kultur und Gesellschaft, Gender und Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Für das taz Wasserprojekt recherchiert sie im Libanon, Jordanien und Ägypten zu Entwicklungsgeldern.
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2 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Der Libanon soll unter anderem seinen Banken- und den Energiesektor umstrukturieren...."

    Da dürfte Hopfen und Malz verloren sein. Viele Minderheiten, religiöse Fanatiker, militärische Auseinandersetzungen, Korruption ohne Ende, Schlampereien - siehe Explosionen im Hafen usw. usw. usw.

    Gaza lässt grüßen.



    Dabei war Beirut mal, wie man vielfach hört, eine schöne Stadt am Mittelmeer. Die Menschen haben es offenbar total versaut!!



    Da rauszukommen geht nur radikal.

  • Aus meiner Sicht gibt es keine Rationale, die für diesen failed state irgende weitere externe Unterstützung rechtfertigt. Allen Beteiligten ist klar, dass das bestehende Proporz-System keine Zukunft hat. Ohne eine erfolgreich formulierende verfassungsgebende Versammlung kann von einer sinnvollen Gstaltung der Zukunft nicht gesprochen werden.