Restart der deutschen Fußballerinnen: Volles Programm
Nach der Coronapause wird es für das Team von Bundestrainerin Voss-Tecklenburg ernst. In der EM-Quali darf kein Patzer passieren.
Die Vorfreude auf die erste Zusammenkunft nach fast einem halben Jahr am kommenden Montag möchte Martina Voss-Tecklenburg gar nicht verbergen. „Ich hoffe, alle reisen gesund an und dann geht’s los.“ Der Re-Start der Frauen-Nationalmannschaft ist anders als bei den Männern sportlich überaus bedeutsam, denn spätsommerliche Ausrutscher sind sozusagen verboten.
Das EM-Qualifikationsspiel gegen den verlustpunktfreien Tabellenführer Irland in Essen am 19. September (14 Uhr/ZDF) wird zum Lackmustest. „Eine physische, mental starke Mannschaft, die sich erstmals für die EM qualifizieren will“, warnt Voss-Tecklenburg. Dass im Stadion an der Hafenstraße seitens der Uefa-Vorgaben keine Zuschauer erlaubt sind, macht ihr gar nicht so viel aus: „Wir freuen uns, Fußball zu spielen.“
Die Bundestrainerin wird am Wochenende der Bundesliga-Partie SGS Essen gegen Eintracht Frankfurt (Sonntag, 14 Uhr) beiwohnen: So kann sich die 52-Jährige selbst noch einmal ein Bild vom Frankfurter Trio mit Torhüterin Merle Frohms, Verteidigerin Sophias Kleinherne und der aufstrebenden Torjägerin Laura Freigang machen, zum anderen ist Essen ohnehin der Rückzugsort, bis der Tross dann zur nächsten Partie nach Montenegro (22. September) weiterreist – allerdings ohne Alexandra Popp, Svenja Huth und Kathrin Hendrich vom Champions-League-Finalisten VfL Wolfsburg.
Das Trio wird genau wie die nach einer Kreuzbandverletzung zurückkehrende Sara Däbritz (Paris St. Germain) absprachegemäß eine Pause bekommen. „Auch wir haben einen vollen Terminkalender“, sagte Voss-Tecklenburg. „Die Gefahr der Überbelastung bei den Spielerinnen ist gegeben. Daher müssen wir sehr genau schauen, wie wir in Absprache mit ihnen und den Vereinen die Belastung steuern.“
Reisewarnung für Montenegro
Mit dem Trip an die Adriaküste werde ihr Team „in eine eigene Blase“ gehen, schließlich besteht für den kleinen Balkanstaat eine offizielle Reisewarnung wegen einer erhöhten Zahl von Corona-Infektionen. Maika Fischer – vom DFB-Teammanagement der Männer zu den Frauen gewechselt – berichtete vom ständigen Austausch mit der Uefa, dem montenegrinischen Fußballverband und der deutschen Botschaft in Podgorica.
Sollte es zu einem strengeren Lockdown kommen, sei in letzter Instanz sogar eine Absage möglich. So war es für die Deutschen Anfang März beim Algarve-Cup, als nach dem 4:0 gegen Norwegen das Finale gegen Italien nicht mehr stattfand, weil der Gegner in die von der Pandemie schwer getroffene Heimat zurückflog.
Pünktlich vor den ersten Frauen-Länderspielen kommt auch das Thema der Gleichbehandlung wieder auf, nachdem der brasilianische Verband angekündigt hat, den Frauen mit Superstar Marta dieselbe Bezahlung wie den Männern zukommen zu lassen. Offenbar sind es nun sieben Verbände, zusätzlich England, Finnland, Norwegen, Neuseeland, Australien und die Fidschiinseln, die auf paritätische Vergütung setzen. In den USA, dem Land des Weltmeisters, läuft eine Klage. Beim WM-Finale 2019 in Lyon hatten Abertausende Zuschauer „Equal pay“ gerufen.
Voss-Tecklenburg erklärte nun: Bevor man über gleiche Bezahlung („Equal pay“) rede, solle man schauen, „dass wir ‚Equal play‘ haben“ – also gleiche Spielbedingungen. „Aus meinem Verständnis gibt es in Brasilien keine Prämienangleichung, sondern eine Angleichung bei den Taggeldern. Das ist ein System, das es im DFB nicht gibt.“ Sie glaube, dass „wir uns in Deutschland schon in ganz, ganz vielen Bereichen verbessert haben, ich weiß aber auch, dass wir noch ganz viel Potenzial haben“. Vor allem bei der Vermarktung – auch bei einigen der zwölf Frauen-Bundesligisten – könne man gewiss noch viel tun. „Wir haben uns im Frauenbereich schon sehr positiv verändert. Es gibt nun einmal wirtschaftliche Unterschiede, die klar definiert sind, weil der Männerfußball viel mehr Gelder generiert.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!