Resolution gegen den Krieg in Nahost: Bisher ohne Wirkung
Laut humanitären Helfern verschlechtert sich die Lage in Gaza – trotz UN-Sicherheitsratsresolution. Israel sieht die Schuld bei Hilfsorganisationen.
Das UN-Nothilfebüro (OCHA) hatte zuvor gewarnt, dass Hilfslieferungen angesichts heftiger Bombardements und Gefechte zunehmend aufgehalten würden. „Zerstörte Straßen, der Mangel an Treibstoff und extrem eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten“ machten die Arbeit der Helfer vielerorts schwer.
Kurz vor Weihnachten hatten sich die Mitglieder des Sicherheitsrats nach langen Verhandlungen auf einen völkerrechtlich bindenden Beschluss geeinigt. Darin wird Israel aufgefordert, „sicheren und ungehinderten humanitären Zugang“ zu ermöglichen. Der Chef der Weltgesundheitsorganisation WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus, bilanzierte am Mittwoch auf X ernüchternd, die Resolution habe „noch keine Wirkung gezeigt“.
Juliette Touma, Kommunikationsdirektorin des UN-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge (UNRWA)
Im Süden und Zentrum des Küstenstreifens drängen sich rund 1,9 Millionen Binnenvertriebene auf immer kleinerem Raum zusammen. „Es teilen sich 400 Menschen eine Toilette“, sagte die Kommunikationsdirektorin des UN-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge (UNRWA), Juliette Touma. Die Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten platzt laut UNRWA „aus allen Nähten“. Hilfstransporte mit Nahrungsmitteln seien auf dem Weg in den Norden von hungrigen Menschen gestoppt und entladen worden. Rund 40 Prozent der Bevölkerung seien von Hunger bedroht.
Druck auf Israel steigt
Israel sieht die Schuld bei den Hilfsorganisationen, die nicht effektiv arbeiteten. „Wir prüfen mehr Hilfslieferungen, als nach Gaza gebracht werden können“, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. Die internationale Gemeinschaft müsse zusätzliche Lösungen für Hilfen und den Aufbau von Feldkrankenhäusern finden.
Diese Aufgabe übernimmt ab Januar die niederländische Politikerin Sigrid Kaag als Nothilfekoordinatorin der UNO für den Gazastreifen. Ihre Einsetzung folgt aus der Resolution des Sicherheitsrates. Die 62-Jährige soll künftig Hilfslieferungen koordinieren, beschleunigen und sicherstellen, dass Hilfsgüter wie Treibstoff nicht in die Hände der Hamas gelangen.
Indes steigt der diplomatische Druck auf die israelische Regierung. Am Donnerstag wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums in Gaza rund 50 Menschen bei Luftangriffen getötet, unter anderem in Bei Lahia und Chan-Yunis. Nachdem am 24. Dezember mehr als 70 Menschen durch das israelische Militär getötet wurden, drückte es am Donnerstag Bedauern über den „Schaden an unbeteiligten Zivilisten“ aus. Eine Untersuchung soll ergeben haben, dass die falsche Munition verwendet worden wäre, die Schaden in der unmittelbaren Umgebung der eigentlichen Ziele verursacht habe.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte in einem Telefonat mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu einen „dauerhaften Waffenstillstand“.
Ein baldiges Ende der Kämpfe ist jedoch nicht zu erwarten: Zwar will die Armee ihre Strategie laut einem Bericht des israelischen Senders Kanal zwölf ändern. Der Krieg dürfte aber laut Generalstabschef Herzi Halevi noch „viele Monate“ dauern.
Die Spannung zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Süd-Libanon schürt zudem die Sorge vor einer Eskalation des Konflikts. Benny Gantz, Israels Minister im Kriegskabinett, warnte: „Wenn die Welt und die libanesische Regierung nicht für ein Ende des Beschusses auf unsere nördlichen Orte sorgen und die Hisbollah von der Grenze zurückdrängen, dann wird die israelische Armee es tun.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!