Republikaner im US-Repräsentantenhaus: Zu zwanzigst gegen den Rest
20 Republikaner*innen verhindern die Wahl Kevin McCarthys zum Sprecher. Wer sind die Abweichler und was wollen sie?
Von den 20 Abgeordneten etwa, die am Dienstag und Mittwoch gegen Kevin McCarthy stimmten, gehören 19 dem sogenannten Freedom Caucus an. Das ist eine 2015 gegründete Gruppe von Abgeordneten, von denen die meisten bei den 2014er Halbzeitwahlen, unterstützt von der Tea Party, ins Repräsentantenhaus gewählt worden waren. Der Freedom Caucus gilt als die am weitesten rechts stehende parlamentarische Gruppierung im US-Kongress, auch wenn es zur Zeit der Trump-Regierung verschiedene Versuche von Mitgliedern gab, noch weiter rechts stehende Vereinigungen ins Leben zu rufen.
Der Freedom Caucus an sich allerdings ist größer als die 20, die sich jetzt gegen McCarthy stellen, rund 50 Abgeordnete gehören dazu. Zwar sind der frühere und der derzeitige Chef der Gruppierung, Andy Biggs aus Arizona und Scott Perry aus Pennsylvania, die lautesten Sprecher gegen McCarthy. Aber die Mehrheit der Mitglieder stimmt für McCarthy, einige stehen recht prominent an dessen Seite, allen voran die notorische Marjorie Taylor Greene, die sich als QAnon-Anhängerin und fanatische Trump-Unterstützerin einen Namen gemacht hat.
Sie beschwerte sich in dieser Woche in der Internet-Show des früheren Trump-Strategen Stephen Bannon, „Bannon's War Room“, Biggs, Perry und der Abgeordnete Matt Gaetz würden schlicht versuchen, mit ihrer Opposition zu McCarthy politische Posten für sich selbst herauszuhandeln. Das spricht für heftigen Zoff innerhalb des hartrechten Flügels: Greene, Biggs, Perry, Gaetz und die heutige „Rebellin“ Lauren Boebert aus Colorado etwa hatten noch 2021, nach Trumps Amtszeit, als das zweite Impeachmentverfahren gegen ihn noch lief, die sogenannte „MAGA Squad“ gegründet. Benannt nach Trumps Wahlspruch „Make America Great Again“, kämpften sie gemeinsam für die absolute Loyalität zum Expräsidenten – jetzt stehen sich Greene und die anderen in zwei Lagern feindselig gegenüber.
Massive Zugeständnisse
Die Mitgliedschaft im Freedom Caucus ist nur ein Beispiel dafür, dass es nicht unbedingt ideologische Gründe sind, die die 20 Rebell*innen (17 Männer und 3 Frauen) zusammenbringen. Bis auf drei wurden alle von ihnen bei den letzten Wahlen von Trump unterstützt – aber das gilt für zwei Drittel der 222 gewählten republikanischen Abgeordneten. Und Trumps direkte Aufforderung vom Mittwoch, ihren Widerstand gegen McCarthy einzustellen, stieß auf taube Ohren – im Gegenteil: Bei der letzten Abstimmung verlor McCarthy sogar noch eine Stimme mehr: Victoria Spartz aus Indiana stimmte nur noch mit „Anwesend“.
Auch sie war im November von Trump unterstützt worden – und liegt mit Teilen des rechten Flügels ihrer Partei über Kreuz: Als einzige in der Ukraine geborene US-Abgeordnete setzt sie sich für noch mehr Unterstützung für Kyjiw ein, während andere aus dem rechten Lager die Hilfe lieber heute als morgen einstellen wollen. Auch geografisch haben die „Never-Kevins“ nicht viel gemeinsam: Arizona und Texas sind mit je drei abtrünnigen Abgeordneten leicht überrepräsentiert, aber ansonsten verteilt sich deren Herkunft auf die gesamten USA – wenngleich aus Kalifornien, McCarthys Bundesstaat, niemand dabei ist.
Es liegt also nahe, dass es tatsächlich eher persönliche Ambitionen oder vergangene Konflikte mit McCarthy sind als politisch-strategische Differenzen, die diese Allianz in Opposition zum republikanischen Kandidaten gebracht haben. Umso schwieriger ist es jetzt allerdings, aus der Falle wieder herauszukommen. Wenn auch nur fünf republikanische Abgeordnete nicht für McCarthy stimmen, hat er keine Mehrheit – jedenfalls nicht ohne Hilfe der Demokrat*innen.
So weit, wie sich die 20 in ihrer Ablehnung McCarthys aus dem Fenster gelehnt haben, können sie kaum ohne massive Zugeständnisse umschwenken. Das könnten Ausschussposten sein, eine veränderte Geschäftsordnung, die eine leichtere Abwahl des Speakers erlaubt und einiges mehr. Allerdings: Da sind auch noch 200 andere republikanische Abgeordnete, die sich inzwischen erpresst und vorgeführt fühlen.
Dass es den Republikaner*innen unter diesen Startbedingungen möglich sein sollte, ihre knappe Mehrheit tatsächlich in effektive Oppositionsarbeit gegen die Biden-Regierung zu verwandeln, erscheint derzeit vollkommen unmöglich.
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