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Repressionen gegen LGBT-AktivistenNach Tschetschenien verschleppt

Zwei Männer wurden aus dem russischen Nischnij Nowgorod entführt. Sie kritisierten immer wieder tschetschenische Traditionen.

Die Novye Isvestija berichtet über die Entführung von Ismail Isajew (l.) und Salech Magamadow Foto: Screenshot Novye Isvestija

Kiew taz | Russlands LGBT-Community bangt um Salech Magamadow und Ismail Isajew. Die beiden Männer, die seit mehreren Monaten im russischen Nischnij Nowgorod leben, wurden am Donnerstag von Polizisten in ihrer Wohnung verhaftet und nach Tschetschenien verschleppt. Nach Angaben der in Moskau erscheinenden Nowaja Gaseta waren an der Festnahme auch tschetschenische Polizisten beteiligt. „Ihnen droht Lebensgefahr“ warnt das russische LGBT-Netzwerk auf seinem Internetportal lgbtnet.org.

Salech Magamadow (19) und Ismail Isajew (17) sind Administratoren des Telegram-Kanals „Osal Nach 95“ (auf deutsch: „leere Menschen“). Dessen Betreiber verstehen sich als Atheisten, kritisierten immer wieder muslimische und tschetschenische Traditionen, zeigen häufig das christliche Kreuz und LGBT-Symbolik.

Im April 2020 waren sie zusammen mit 25 weiteren Jugendlichen festgenommen worden. In der Haft wurden sie gezwungen, Textstellen aus dem Koran, die Biographie von Achmat Kadyrow, dem Vater des amtierenden tschetschenischen Republikchef Ramsan Kadyrow, die tschetschenische und die russische Hymne auswendig zu lernen.

Der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial zufolge seien die beiden in einem Gebäude der Streifenpolizei in Grosnij gefoltert worden. David Isteev vom russischen LGBT-Netzwerk äußert auf dem Internetprotal svoboda.org, dass die sexuelle Orientierung der beiden ihre Situation noch weiter erschwert habe.

Anwalt der beiden erhielt Hilferuf

Das erste Mal war Isajew im August 2019 festgenommen worden. Grund dafür: seine Homosexualität. Eine Woche lang sei er an einem unbekannten Ort festgehalten und misshandelt worden. Dann habe ihn seine Mutter freigekauft, berichtet die Nowaja Gaseta.

Im Juli 2020 hatte das russische LGBT-Netzwerk Salech Magamadow und Ismail Isajew nach ihrer Freilassung geholfen, von Tschetschenien nach Nischnij Nowgorod zu fliehen, wo sie sich anschließend gemeinsam in einer Wohnung einmieteten.

Aus dieser Wohnung erreichte Alexander Nemow, Anwalt von Magamadow und Isajew, am Donnerstag Nachmittag ein Hilferuf. Viel konnte er nicht verstehen am Telefon, doch die Schreie im Hintergrund und der sofortige Abbruch der Verbindung veranlassten Nemow, sich unverzüglich auf den Weg zur Wohnung zu machen. Diese fand er verwüstet vor, seine beiden Mandanten waren verschwunden.

Wenig später erfuhr er von einem Polizisten, dass die beiden in die tschetschenische Stadt Gudermes gebracht worden seien. Sofort machte sich Nemow auf den Weg nach Gudermes. Erst am Samstag Nachmittag konnte er mit den Festgenommenen sprechen. „Nun warten wir auf das Verhör“ so Nemow am Samstag zur taz.

Verhaftung passt zu den Angriffen auf Kri­ti­ke­r*in­nen

Tschetscheniens Präsident Ramsan Kadyrow duldet keine Kritiker. „Wenn wir sie nicht stoppen, töten, festsetzen, einschüchtern, kommen wir nicht weiter“ zitiert der russische Service der BBC den Diktator am 4. November 2019. Und so habe man das auch in 2020 umgesetzt, erklärt Menschenrechtler Oleg Orlow.

In dieses Bild, so Orlow, füge sich der Angriff auf die Anwältin Marina Dubrowina und die Journalistin Elena Milaschina in Grosnij im vergangenen Februar, der Mordversuch auf den in Schweden lebenden tschetschenischen Blogger Tumso Abdurachmanow, der Mord an dem tschetschenischen Blogger Mamichan Umarow im Juli in Wien und der Mordversuch an dem in Finnland lebenden Blogger Musa Lomajew.

Nach ihrer Inhaftierung im April, so Memorial, hatten die tschetschenischen Behörden von Magamadow und Isajew eine Zusammenarbeit erwartet. Um dieser zu entgehen, hatten sie sich nach Nischnij Nowgorod begeben. Nun sind sie wieder in ihrer Heimat, gegen ihren Willen. Oleg Orlow fürchtet „sehr harte Folgen“ für die beiden.

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5 Kommentare

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  • Wenn ich von Fluchtorganisationen wie der kanadischen Rainbow Railroad lese, die verfolgten LGBT hilft, aus ihren Ländern zu flüchten, dann bin ich froh, dass wir hier leben und von hier aus dieses bisschen Unterstützung geben können. Wenn ich dann superradikale Statements lese, in dem Sinne, die rechtliche Gleichstellung hätte uns "bürgerlich" oder "heteronormativ" gemacht, dann denke ich mir, die verfolgten Leute in Tschetschenien würden sich diese "bürgerliche" Freiheit bitter wünschen.

  • Marina Weisband sagte mal, Ausgrenzung halten oft nur diejenigen für möglich, die es selber mal erlebt haben.

    Aber sie meinte damit die Verhältnisse hierzulande und nicht die in Tschetschenien.

    • @Lambadus:

      Was wollen Sie uns damit sagen? Dass es bei uns Ausgrenzung gäbe, in Tschetschenien aber nicht? Das meinte Marina Weisband sicherlich nicht, auch wenn Sie solcherlei hier insinuieren.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    "Aber was ist mit Assange", "Nawalny ist ein Nazi" whataboutism posts incoming in 3, 2, 1.....

    • @83379 (Profil gelöscht):

      und dann noch der Hinweis, dass der Westen es bitte unterlassen solle die Welt mit Menschenrechten zu überziehen, da diese anderen Kulturen so fremd seien, dass sie gar keinen Wert auf des Menschen Grundrechte legten....



      In anderen Kulturen lieben es die Menschen unterjocht, verfolgt und versklavt zu werden. Natürlich nicht die, die davon betroffen sind, aber die anderen, die ihre "Kultur" verteidigen.