Report zu Kernenergie: Atomstrom weltweit auf dem Rückzug
Der Anteil von Kernenergie am globalen Strommix sank im vergangenen Jahr auf 9,2 Prozent. Die Investitionen fließen derweil in andere Energiequellen.
![2 Kühletürme eines Atomkraftwerks 2 Kühletürme eines Atomkraftwerks](https://taz.de/picture/6696557/14/34097698-1.jpeg)
Diese Zahlen stammen aus dem World Nuclear Industry Status Report 2023, den der in Paris ansässige Atomenergieberater Mycle Schneider am Mittwoch zusammen mit seinem internationalen Team vorstellte. Die in diesem Jahr 549 Seiten umfassende Datensammlung ist das ausführlichste einschlägige Dokument, das jährlich publiziert wird. Finanziell unterstützt wird der Report von wechselnden Sponsoren, wie Stiftungen und Unternehmen oder Verbänden der Ökostromwirtschaft, aber auch aus öffentlichen Mitteln.
Die einzelnen Länder werden darin akribisch analysiert. In Frankreich sank die erzeugte Menge an Atomstrom im Jahr 2022 unter das Niveau von 1990. Nachdem das Land im Jahr 2005 seinen Spitzenwert mit mehr als 430 TWh Atomstrom erreicht hatte, kam es 2022 wegen zahlloser Kraftwerksausfälle nur noch auf 279 TWh.
Der schlechte Zustand der Reaktoren treibt den Atomkonzern EDF immer weiter in die roten Zahlen. Angesichts seiner Nettoverschuldung von 70 Milliarden US-Dollar musste der Konzern komplett verstaatlicht werden, um einen Bankrott abzuwenden.
In Großbritannien ist unterdessen die Zahl der Reaktoren weiter auf nur noch 9 gesunken – das sind abermals 2 weniger als noch vor einem Jahr. Mit inzwischen 36 abgeschalteten Atommeilern steht das Land international auf Platz zwei hinter den Vereinigten Staaten (41 stillgelegte Blöcke) und noch vor Deutschland (33 Blöcke). Weltweit wurden in den vergangenen Jahrzehnten schon 212 Leistungsreaktoren stillgelegt, doch erst 11 Standorte sind so weit zurückgebaut, dass sie aus der atomrechtlichen Aufsicht entlassen werden konnten.
Erneuerbare haben Atomkraft überholt
Längst wird weltweit erheblich mehr in erneuerbare Energien investiert als in die Atomkraft. Im Jahr 2022 hätten die Investitionen in erneuerbare Stromkapazitäten (ohne die Wasserkraft) einen neuen Rekord von 495 Milliarden US-Dollar erreicht, so der Report. Das sei das 14-Fache dessen, was in den Bau von Atomreaktoren floss.
In China habe die Photovoltaik im Jahr 2022 mit 423 TWh erstmals die Atomkraft (397 TWh) überholt. In der EU übertrafen Sonne und Wind mit zusammen 624 TWh nicht nur erstmals die Atomkraft (613 TWh), sondern auch die Stromerzeugung aus Erdgas (557 TWh) und Kohle (447 TWh).
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