Rente mit 63 Jahren: Sozialverbände ziehen vor Gericht
Der SoVD und der VdK Deutschland kündigen zwei Verfassungsbeschwerden an. Denn das Rentengesetz berücksichtigt Arbeitslosigkeit vor der Rente nicht.
BERLIN epd | Zwei große Sozialverbände haben bei der abschlagsfreien Rente mit 63 Jahren verfassungsrechtliche Bedenken und klagen deshalb in Karlsruhe. Der Sozialverband SoVD und der Sozialverband VdK Deutschland kündigten am Dienstag in Berlin zwei gemeinsame Verfassungsbeschwerden an (1 BvR 323/18 und 1 BvR 324/18).
Sie wenden sich gegen zwei Urteile des Bundessozialgerichtes. Das höchste Sozialgericht hatte keine Einwände dagegen, dass für den Rentenanspruch Zeiten der Arbeitslosigkeit in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nur ausnahmsweise bei Insolvenz oder Geschäftsaufgabe berücksichtigt werden. (Az: B 5 R 8/16 R und Az: B 5 R 16/16 R)
„Es ist völlig unverständlich, dass ein Arbeitsplatzverlust nur bei Insolvenz und Geschäftsaufgabe zur abschlagsfreien Rente führen kann. Wir sehen in dieser willkürlichen Ungleichbehandlung bei der Bewertung von Zeiten der Arbeitslosigkeit einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz“, erklärte Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland. Das Gesetz berücksichtigt unverschuldete Zeiten der Arbeitslosigkeit in den letzten zwei Jahren vor der Rente nicht.
Der Gesetzgeber habe über das Ziel hinausgeschossen, rügte SoVD-Präsident Adolf Bauer. Das müssten jene Arbeitnehmer ausbaden, die kurz vor der Rente unverschuldet in Arbeitslosigkeit geraten, soweit das nicht Folge einer Insolvenz oder Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers sei. Deshalb seien die Verfassungsbeschwerden erforderlich, sagte Bauer.
Seit dem 1. Juli 2014 können langjährig Versicherte bereits mit Vollendung des 63. Lebensjahres abschlagsfrei in Rente gehen. Dafür muss unter anderem neben den Pflichtbeitragszeiten und weiteren Kriterien die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt sein. Alle Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld zählen hier mit, allerdings nicht die letzten zwei Jahre vor Rentenbeginn. Hier gibt es lediglich zwei Ausnahmen: Entweder ist die Arbeitslosigkeit Folge einer Insolvenz des Arbeitgebers oder dieser hat sein Geschäft oder Unternehmen vollständig aufgegeben. Nur dann wird die Arbeitslosigkeit des Versicherten auf die Wartezeit angerechnet.
Leser*innenkommentare
Reinhold Schramm
Der Dauerschwindel mit den Renten aus Arbeit nach unten! - und den gut-geschmierten Staatspensionen nach oben!
“Seit dem 1. Juli 2014 können langjährig Versicherte bereits mit Vollendung des 63. Lebensjahres abschlagsfrei in Rente gehen.“ –
Aber auch nur dann, wenn sie zuvor 45 Jahre in einem rentenversicherten Arbeitsverhältnis standen! Also, zuvor über einen Zeitraum von 45 Jahren in die Rentenversicherung eingezahlt wurde.
Es zählt nicht die tatsächliche Lebenserwerbszeit! - so auch nicht die Arbeitsleistung für produktive Wert- und Mehrwertschöpfung in der Gesellschaft!
In meinem Fall wurden fünf Jahre selbständiger Erwerbslebenszeit -in dieser Zeit ohne Rentenversicherung- nicht berücksichtigt. Damit reichte es mit knapp über 43 GRV-Beitragsjahre nicht für eine abschlagsfreie Altersrente.
Obwohl sich ein gesetzlicher Rentenanspruch für eine (abschlagsfreie) Armutsrente unterhalb der Armutsgrenze ergab, wurde wegen der fehlenden GRV-Beitragsmonate noch eine Kürzung der Armutsrente vorgenommen.
PS: Würde man ebenso bei den Parlamentariern und Regierungsmitgliedern verfahren, wie bei den Frauen und Männern aus abhängiger Lohn- und Erwerbsarbeit, die große Mehrzahl der m/w Parlaments- und Regierungsmitglieder würde in einer Armutsrente unterhalb der Armutsgrenze landen. So aber erhalten die gut-geschmierten bürgerlichen ParlamentarierInnen noch ein vielfaches an Pensionen.