Reisewarnung für Spanien: Mallorca war gestern
Spaniens Wirtschaft leidet unter der Reisewarnung des Auswärtigen Amtes. Das Ausbleiben der Touristen ist Resultat einer vorschnellen Öffnung.
D ie Reisewarnung des deutschen Auswärtigen Amts ist ein schwerer Schlag für die Wirtschaft Spaniens. Seit dem Wochenende bleiben die Pauschaltouristen aus. Die großen Reiseveranstalter fliegen nur noch die Kanarischen Inseln an. Costa Brava, Costa Blanca, Mallorca … alles aus dem Programm gestrichen. 12 Prozent des Bruttoinlandprodukts und 2,5 Millionen Arbeitsplätze stellt der Tourismus. Dieses Jahr ist das Geschäft mit Strand und Sonne wohl vorbei. Die Ausländer kommen nicht mehr. Und viele Spanier meiden die Strände. Es ist einfach sicherer.
Die Coronakrise zeigt, was viele seit Jahren anprangern, aber meist ungehört bleibt. Der Massentourismus spült Geld in die Kassen der Großunternehmen. Zur wirklichen Entwicklung trägt er nicht bei. Er zerstört die Landschaft und schafft nur prekäre Arbeitsplätze, und das für wenige Monate.
Jetzt trifft es auch die, die mit all dem nichts zu tun haben. Es gibt in Spanien auch einen anderen Tourismus, nämlichen den in den Bergen und ländlichen Gebieten. Diese Reiseziele sind dieses Jahr gefragter denn je. Denn dort ist das Covid-19-Risiko bis heute sehr überschaubar. Doch die Zahlen des spanischen Gesundheitsministerium, die der Reisewarnung zugrunde liegen, werden Provinz für Provinz erstellt. Dabei ist es egal, ob in den Ballungsgebieten die Neuinfektionen in die Höhe schießen und auf dem Land niedrig bleiben.
Was jetzt passiert, ist das Ergebnis einer überstürzten Öffnung Ende Juni nach mehr als drei Monaten Lockdown, um vor allem denen, die vom Massentourismus leben, einen Teil des Sommergeschäfts zu sichern. Diskotheken, Nachtleben, alles inklusive – auch wenn das dann zumindest auf Mallorca Schritt für Schritt wieder zurückgenommen werden musste. Zudem fehlt es an Personal, um Kontakte von Infizierten nachzuverfolgen. Aus isolierten lokalen Infektionsherden wurden so schnell flächendeckende Ansteckungsgebiete.
„Brot für heute, Hunger für morgen“, heißt ein spanisches Sprichwort, das sich jetzt bestätigt.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Text war ursprünglich mit einem Foto des Strandes von Arenal aus dem Jahr 2018 bebildert. Um Missverständissen vorzubeugen haben wir das Foto gegen eine Aufnahme vom vergangenen Wochenende mit gleicher Perspektiv ausgetaucht. Der Strand war da etwas leerer als vor zwei Jahren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag