Reisen fast wie Greta Thunberg: Emissionsfrei nach Amerika
Für ihre USA-Reise nutzt Greta Thunberg ein Segelboot. Gibt es einfachere Methoden, den Atlantik umweltfreundlich zu überqueren?
Durch die Luft
Wer klimaneutral über den Atlantik kommen will, wird wie Greta Thunberg auf absehbare Zeit kein Flugzeug benutzen können. Zwar arbeitet die Branche intensiv an alternativen Antrieben und Kraftstoffen – doch bis diese in großem Stil Realität werden, wird noch viel Zeit vergehen.
Denn während Autos in Zukunft überwiegend elektrisch fahren werden und auch der Mini-Flieger „Solar Impulse“ bereits mit Strom aus Solarzellen auf den Tragflächen über den Atlantik geflogen ist, ist das für große Flugzeuge bisher keine Option – die Batterien sind schlicht zu schwer. Erst wenn sie bei gleichem Gewicht die zehnfache Energiemenge speichern könnten, wären kommerzielle Batterieflieger vorstellbar. Bereits gearbeitet wird dagegen an Hybridfliegern, die durch eine Kombination aus elektrischen und konventionellen Turbinen den Kerosinverbrauch reduzieren.
Kombiniert werden könnte diese Technik in Zukunft verstärkt mit klimaneutralem Sprit. Lag der Fokus dabei zunächst auf Kerosin, das aus Algen erzeugt wurde, gilt inzwischen synthetischer Kraftstoff, der mithilfe von Ökostrom aus CO2 und Wasser erzeugt wird, als bessere Option. Sowohl von der großtechnischen Verfügbarkeit als auch von der Wirtschaftlichkeit ist diese Technik derzeit aber noch weit entfernt.
Auf dem Wasser
„Echte Passagierschiffe auf der Strecke zwischen Europa und Amerika könnten durchaus deutlich klimafreundlicher sein als Flugzeuge“, sagt Jakob Graichen, Energie- und Klimaforscher am Öko-Institut Berlin.
Genaue Zahlen für die Strecke liegen nicht vor, weil es dort seit Jahrzehnten nur Kreuzfahrt-, aber keine Fährverbindungen ohne energieintensiven Luxus wie Schwimmbäder mehr gibt. Doch Graichen hat für die taz grob überschlagen, wie viel Treibhausgase eine Atlantiküberquerung auf einem einfach ausgestatteten Schiff mit herkömmlichem Verbrennungsmotor verursachen würde.
Demnach würde ein 80.000 Bruttoregistertonnen großes Schiff mit 2.000 Passagieren, 1.000 Besatzungsmitgliedern und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde ungefähr 60 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer und Fahrgast ausstoßen. Das Flugzeug kommt je nach Berechnung auf 140 bis 383 Gramm. Die Fähre verursacht also nur rund 40 Prozent der Flugemissionen.
Allerdings ist das Schiff von Hamburg nach New York neun Tage unterwegs. Würde es seine Motorleistung voll ausschöpfen und schneller fahren, wären es nur 5 Tage. Dann stößt es aber ungefähr so viel Treibhausgase aus wie das Flugzeug. Würde man die Geschwindigkeit weiter erhöhen, wird die Klimabilanz sogar schlechter. 1998 schaffte der Katamaran „Fjord Cat“ es in knapp zwei Tagen und 18 Stunden von Großbritannien in die USA.
Per Rohrpost
Ein Tunnel, der Europa mit Amerika verbindet – davon träumte Michael Verne, Sohn des Schriftstellers Jules Verne, schon 1888 in einer Geschichte. Auch das Buch „Der Tunnel“ des Autors Bernd Kellermann, das 1935 als „Transatlantic Tunnel“ verfilmt wurde, handelt von einer Röhre zwischen London und New York.
Knapp 100 Jahre später ist ein Tunnel durch den Atlantik immer noch Science Fiction – aber zumindest technisch vorstellbar. Denn seit Tesla-Gründer Elon Musk im Jahr 2013 unter dem Namen „Hyperloop“ ein Konzept für ein Röhren-Transportsystem vorgestellt hat, arbeiten weltweit mehrere Unternehmen an der Umsetzung. In den weitgehend luftleeren Röhren sollen magnetisch schwebende Kabinen auf bis zu 1.000 Kilometer pro Stunde beschleunigt werden. Das Tempo wäre damit mit einem Flugzeug vergleichbar, der Energieverbrauch durch die geringe Reibung hingegen weitaus niedriger – und, weil elektrisch, zudem sehr viel leichter CO2-frei bereitzustellen.
Doch schon bei Fahrten über Land gibt es Zweifel, ob das Konzept technisch und finanziell funktionieren wird. Bei einer Verbindung zwischen Europa und Nordamerika, sei es über Island und Grönland oder quer durch den Atlantik, wären die Herausforderungen weit größer. Dass es noch in diesem Jahrhundert gelingt, Menschen und Waren per Rohrpost über den Atlantik zu schicken, scheint darum wenig wahrscheinlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter