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Reichtum in HamburgReichtum ist keine Privatsache

Hamburg ist die deutsche Stadt mit den meisten Millionär*innen. Doch das Geld ist extrem ungleich verteilt. Gerechte Besteuerung wäre ein Anfang.

An der Hamburger Binnenalster fühlen sich Reiche wohl, zum Beispiel im Hotel Vierjahreszeiten Foto: Miguel Ferraz

Hamburg taz | Wir müssen über Reichtum reden. Während die Besitzverhältnisse und Lebensumstände armer Menschen in Deutschland ziemlich genau erfasst sind, liegen über Reiche und Superreiche wenig Daten vor. Seit der Abschaffung der Vermögenssteuer im Jahr 1997 tappen auch die Finanzämter im Dunkeln, was die Besitzverhältnisse der Crème de la Crème betrifft.

Zudem sind Vermögensverwalter*innen von Superreichen darauf spezialisiert, Kapital in undurchsichtigen Schachtelkonstruktionen, Holdings und Stiftungen über die Steueroasen dieser Welt zu verteilen, damit möglichst wenig lästige Abgaben anfallen.

Dabei wäre es die Basis für eine gerechtere Verteilung gesellschaftlicher Lasten, Aufgaben und Privilegien, einen Überblick nicht nur über die Armut am unteren, sondern auch den Reichtum am oberen Rand zu bekommen. Doch in den Villenvierteln und Managementetagen großer Konzerne herrscht Diskretion. Verständlich: Über den eigenen Besitz und das eigene Einkommen reden die wenigsten gern.

Während diese Zurückhaltung bei Armen vermutlich viel mit Scham zu tun hat, kann man bei Reichen nicht unbedingt davon ausgehen. Dabei ist es schon obszön, was manche anhäufen. Wir reden hier nicht von der reicheren Hälfte der Bevölkerung, zu der man „schon“ ab 1869 Euro Nettoeinkommen gehört. Sondern über das reichste eine Prozent, das rund 35 Prozent des Gesamtvermögens hortet.

Der Wohlstand konzentriert sich

Je reicher man ist, desto schneller wächst auch das Vermögen – politische Maßnahmen wie die Senkung des Spitzensteuersatzes durch die rot-grüne Bundesregierung 2005 haben das befördert. Auch der andauernde Boom der Immobilienpreise in deutschen Städten, den Politiker*innen durch lethargisches Nichtstun befördern, leistet seinen fetten Anteil.

Gleichzeitig fehlt das Geld an anderen Stellen: im Gesundheits- und Sozialwesen, im Bildungssystem, bei Kultureinrichtungen und in der Mobilitätsinfrastruktur. Man kann argumentieren, dass es ja nicht das gleiche Geld sei – hier privates Vermögen, dort der Staatshaushalt. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass es ein Ding der Unmöglichkeit ist, durch harte und ehrliche Arbeit so reich zu werden wie die oberen zehn Prozent. Das erreicht man nur durch Erben, Spekulieren und letztlich: auf Kosten anderer.

Gerade in Hamburg, der Stadt mit der höchsten Millionärsdichte Deutschlands, sind die Gegensätze extrem. Etwas mehr als jede*r Tausendste verdient hier mehr als eine Million Euro im Jahr. Gleichzeitig lebt jedes fünfte Kind in Armut. Auch über die Stadt sind die Zahlen sehr ungleich verteilt: In den reichen Elbvororten lebt nicht mal eins von hundert Kindern in einem Hartz-IV-Haushalt, in ärmeren Stadtteilen fast jedes Zweite.

Was also tun? Auch wenn sich erst kürzlich 83 Millionär*innen verschiedener Länder für eine höhere und damit gerechtere Besteuerung Reicher aussprachen und viele Wohlhabende Charity betreiben, ist das Problem nicht über individuelle Verantwortung zu lösen. Es reicht nicht, dann, wenn es gerade passt, mal ein paar Tausend Euro hierhin oder dorthin zu spenden.

Zur Umverteilung gehört bezahlbarer Wohnraum

Wir brauchen eine viel radikalere und langfristige Umverteilung. Das ist die Aufgabe des Staates, der den gesellschaftlichen Frieden zu wahren hat. Dazu gehört auch, sicherzustellen, dass die einen sich nicht ungehemmt auf Kosten der anderen bereichern. Konkret gehört dazu, bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen – was nicht geht, wenn die meisten Immobilien in den Händen jener sind, die Wohnungen als Kapitalanlage verstehen.

Ebenso wenig kann es aufgehen, eine kostenlose umfassende Gesundheitsversorgung für alle bereitzustellen, wenn die Kliniken Konzernen gehören, die wiederum Milliardären gehören. Die Milliarden auf dem Konto machen diese nicht zu schlechten Menschen oder unfähigen Manager*innen – es sind nur einfach zwei diametrale Interessen: Das Interesse weniger Einflussreicher, möglichst riesige Stücke vom Kuchen zu bunkern, und das der vielen, ihren gerechten Anteil abzubekommen.

In einer endlichen Welt ist nur genug für alle da, wenn alle maßhalten. Das bedeutet nicht, dass Normalverdiener*innen, Kleinunternehmer*innen, Angestellte und Arbeitslose ihren Gürtel enger schnallen müssen, wenn demnächst die Wirtschaftskrise als Folge der Coronakrise über uns hereinbricht. Es bedeutet, dass der Staat sich das Geld da holen muss, wo es en masse vorhanden ist, und so einsetzen muss, dass es der gesamten Gesellschaft zugute kommt.

Die Instrumente dafür liegen auf dem Tisch: eine viel höhere Erbschaftssteuer, die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und die Erhöhung des Spitzensteuersatzes sind nur die naheliegendsten. Auf lange Sicht müsste man Unternehmen wie Asklepios, Vonovia, RWE oder Vattenfall selbstredend enteignen.

Denn am Ende reicht es natürlich nicht, mal über Reichtum gesprochen zu haben. Vielmehr müssen Taten folgen. Da der Kapitalismus sich nicht von heute auf morgen abschaffen lässt, wären gerechtere Steuern ein guter Anfang.

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12 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Au fein, mit Forke und Fackel in die Villen! Auf sie mit Gebrüll!

  • Wir werden, wenn wir Klima- und Umweltschutz ernst nehmen wollen, um ein privates Höchsteinkommen und Höchstvermögen nicht herumkommen. Meine Grenze liegt da bei 500.000 Euro per annum (bei mindestens 50% Besteuerung) und 3.000000 Euro Höchstvermögen. Dass darüber hinaus erwirtschaftete Geld muss an die unteren Einkommensbezieher und Leistungsempfänger weitergeleitet werden, denn die werden das Geld dringend brauchen, um sich die nachhaltig und ökologisch hergestellten Produkte leisten zu können. Anders wird es nicht gehen.

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @APO Pluto:

      Ich find' Diktatur auch geil. Wann geht's los?

      • @80576 (Profil gelöscht):

        Das du Diktatur geil findest, merkt man bei dir nach zwei kurzen Sätzen. Warum?



        Andere Möglichkeiten fallen dir scheinbar nicht ein.

        • 8G
          80576 (Profil gelöscht)
          @APO Pluto:

          Steht schon im ersten Satz.

    • @APO Pluto:

      Träum weiter.

      • @TazTiz:

        Mach ich.

      • @TazTiz:

        Entweder wird es passieren - oder irgendetwas anderes in Richtung eines New Deal - oder die notwendige ökonomisch-ökologische Systemstabilisierung (vulgo Weltrettung) wird scheitern, weil die breite Zustimmung fehlt.

  • Ich glaube nicht (wie z.B. "Gastnutzer 42"), dass die Steuern, die wir haben, in Ordnung sind, ich habe eher den Eindruck, dass unser Steuersystem direkt und indirekt so funktioniert, dass es die Reichen und die Vermögenden schützt und es die Anderen benachteiligt.

    Welchen anderen Sinn als die Bevorteilung der Habenden hat es, wenn im Rahmen der Abgeltungssteuer alle Kapitalerträge nur mit 25 % besteuert werden? Damit werden Kapitalerträge niedriger besteuert als Einkommen aus unselbständiger Arbeit (= Lohn + Gehalt).

    Natürlich müssen auch Abschreibungen geprüft werden, und die Gewährung muss an klare Kriterien "gebunden" werden (wer staatliche Unterstützung haben möchte, muss seine Bedürftigkeit nachweisen; das darf nicht nur im Sozialbereich gelten, das muss auch im Steuerbereich angewandt werden).

    Kurzum, der Reformbedarf ist gross, und Änderungen müssen in die richtige Richtung gehen

    • @Der Allgäuer:

      Natürlich haben sie Recht, dass das Steuersystem den reichen dient und diese (vor allem proportional) reicher macht. Aber der Grund dafür sind die Abschreibungen. Sie reichen starten mit einem höheren Steuersatz als die ärmeren, aber mittels Abschreibungen zahlen sie am ende mindestens relativ weniger Steuern.

  • Die Steuern die wir haben sind soweit in Ordnung. Es macht keinen Sinn noch mehr Steuern zu fordern, wenn der Staat jetzt schon nicht genau hinschaut. Die Abschreibungen müssen abgeschafft werden. Dann könnte der Steuersatz sogar reduziert werden. Aber solange man sich arm rechnen darf, bringen auch höhere Sätze nichts.

  • Merkel, Schäuble, Seehofer und Co, verhindern alles, was in Richtung Vermögenssteuer gehen könnte. Und die Frauen Liz Mohn und Firede Springer trommelndazu fleißig mit ihren Blättern oder Studien.