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Register-Mitarbeiterin über Rassismus„Unterwegs Sticker entfernen“

Kiezspaziergänge zum Tag gegen antimuslimischen Rassismus: Berlins Register zeigen Hotspots rechter Mobilisation und des Gegenprotests.

Vergangenen Oktober wurde in Lichtenberg eine III-Weg-Demo blockiert Foto: dpa
Gareth Joswig
Interview von Gareth Joswig

taz: Frau Lölhöffel, die Berliner Register dokumentieren extrem rechte Vorfälle von Gewalt bis Propaganda in ganz Berlin. Heute führen verschiedene Bezirksregister Kiezspaziergänge unter anderem zu antimuslimischem Rassismus durch. Was erwartet die Besucher*innen?

Lea Lölhöffel: Wir gehen an Orte in der Stadt, an denen häufig rechte Gewalt stattgefunden hat und Propaganda verbreitet wurde. Anlass ist der Tag gegen antimuslimischen Rassismus. Wir wollen bei den Spaziergängen mit der Nachbarschaft und den Kiezakteuren ins Gespräch kommen, Eindrücke teilen und gemeinsam ein Zeichen setzen gegen rechte Aktivitäten und Rassismus.

Welche Orte sind besonders markant?

Der Spaziergang in Lichtenberg etwa beginnt am Prerower Platz in Hohenschönhausen. Dort war am 1. Mai immer ein Stand der NPD. Der Ort blickt auf eine 25-jährige Geschichte rechter Mobilisierung zurück. Aber ebenso gibt es im Kiez auch zivilgesellschaftliche Gegenwehr. Wir besuchen auch Orte des zivilgesellschaftlichen Engagements: etwa den Verein für aktive Vielfalt, der seit 20 Jahren das Bunte-Platte-Festival ausrichtet. Ebenso gehen wir an den Ort, wo der Marsch der Neonazi-Organisation III. Weg im vergangenen Oktober blockiert wurde. Und unterwegs wird es vermutlich die Möglichkeit geben, propagandistische Sticker zu entfernen.

Im Interview: Lea Lölhöffel

32, arbeitet seit 2013 für die Berliner Register.

Was passiert in Neukölln, dem Bezirk, in dem es eine noch immer unaufgeklärte Anschlagsserie gegen zivilgesellschaftlich Engagierte gibt?

Der Rundgang dort führt durch Nord-Neukölln und beginnt am Boddinplatz. Im Schillerkiez wurden zuletzt viele rechte Sticker des III. Wegs geklebt.

Der überwiegende Teil der Anschlagsserie passierte im Süden Neuköllns. Trauen die Neonazis sich jetzt vermehrt in den Norden?

In Neukölln gibt es seit vielen Jahren neonazistische Aktivitäten im gesamten Bezirksgebiet. Neonazis können sich auch im Norden Neuköllns frei bewegen. Und es ist kein Zufall, dass sie gezielt dort Propaganda machen: in einem kulturell vielfältigen Kiez, wo auch viele Linke leben. Sie wollen zeigen, dass sie sich dort hintrauen. Umso wichtiger ist es, darüber zu sprechen, um eine Solidarisierung der Nachbarschaft zu erreichen. Zudem legen wir beim Kiezspaziergang in Neukölln den Fokus auf antimuslimischen Rassismus.

Wie unterscheidet sich diese Form des Rassismus zu anderen Diskriminierungen?

Antimuslimischer Rassismus richtet sich gegen Muslime und Menschen, die so wahrgenommen werden. Allerdings ist der eigene Glaube keine Voraussetzungen, um Zielscheibe zu werden – es genügt, von Tä­te­r*in­nen so eingeordnet zu werden. Täter ethnisieren Menschen, erfinden eine vermeintliche Zusammengehörigkeit, um sie dann rassistisch abzuwerten.

Wenn man mit Betroffenen von antimuslimischen Rassismus spricht, ist manchmal die Rede davon, dass nach den Anschlägen vom 11. September plötzlich alles anders war. Stimmt diese Wahrnehmung?

Es gab zwar schon vorher Rassismus gegen Menschen, die als Muslime wahrgenommen werden, aber der 11. September war definitiv eine Zäsur. Erst danach ist das Phänomen so krass aufgetreten. Rassistische Vorurteile wurde um das Narrativ des islamistischen Attentäters ergänzt und pauschal allen zugeschrieben. Die Erfindung von Muslimen als ethnische Gruppe und Feindbild ist erst durch diese rassistische Zuschreibung passiert.

Gab es weitere Zäsuren?

Ja, die Sarrazin-Pamphlete haben hier in Berlin ganz konkret zur Abwertung beigetragen. Und kurz danach sind auch rechtspopulistische Bewegungen und Parteien erstarkt. Ein weiterer Höhepunkt sind die rassistischen Mobilisierungen gegen Geflüchtetenpolitik ab 2015. Ein Beispiel dafür waren Pegida und der Berliner Ableger Bärgida. Danach sind als Muslime wahrgenommene Menschen nochmal besonders in den Fokus von rassistischer Organisierung geraten.

Welchen Rolle spielt dabei die AfD?

Es gibt viele verschiedene Akteure auch jenseits der AfD, die antimuslimisch-rassistisch hetzen. Das reicht von Parteien, rechten Vereinen und Thinktanks wie der Bibliothek des Konservatismus bis hin zu Netzwerken der extremen Rechten wie der Identitären Bewegung. Aber die Ressourcen sind noch einmal höher, seit die AfD in den Parlamenten über Büros und Mitarbeiter verfügt. Bei vielen der Propaganda-Vorfälle, die wir als Register dokumentieren, können wir sagen, von wem sie kommen. Da ist das gesamte Spektrum der extremen Rechten vertreten.

Welchen der Kiezspaziergänge würden Sie besonders empfehlen?

Am Besten den in der eigenen Nachbarschaft!

Spaziergänge starten um 16, 17 und 18 Uhr, mehr Infos auf berliner-register.de.

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1 Kommentar

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