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Regionalwahlen in KatalonienEnttäuschung für Carles Puigdemont

Die Unabhängigkeitsparteien in Katalonien erreichen keine Mehrheit mehr im Regionalparlament. Ein Erfolg für Spaniens Regierungschef Sánchez.

Wahlsieger: Sozialist Salvador Illa gewinnt die Regionalwahlen in Katalonien Foto: Emilio Morenatti/ap/dpa

Madrid taz | Katalonien lässt den „Procés“, den Weg zur Unabhängigkeit, hinter sich. Bei den vorgezogenen Wahlen zum Autonomieparlament gewannen am Sonntag die auch in Gesamtspanien regierenden Sozialisten unter dem Spitzenkandidaten und einstigen spanischen Gesundheitsminister Salvador Illa mit deutlichem Vorsprung. Die Unabhängigkeitsparteien, die 2017 eine Referendum über die Loslösung von Spanien abhielten, erreichen nicht mehr die Mehrheit im neuen Parlament.

Der im Exil lebende Carles Puigdemont, der auf eine Rückkehr an die 2017 nach der Absetzung durch Madrid verlorene Autonomieregierung hoffte, hat damit keinerlei Chancen, der Region im Nordosten Spaniens rund um Barcelona erneut vorzustehen. Zwar verbesserte seine „Gemeinsam für Katalonien (Junts) ihr Ergebnis deutlich, doch brach die Republikanische Linke Kataloniens (ERC) völlig ein. Deren Spitzenkandidat und bisherige katalanische Regierungschef Pere Aragonès hatte die Wahlen vorgezogen, nachdem seine Minderheitsregierung an den Haushaltsverhandlungen gescheitert war.

„Heute beginnt eine neue Etappe für Katalonien“, erklärte der Sozialist Illa vor begeisterten Anhängern in der Wahlnacht. Seine PSC erzielte 28 Prozent der Stimmen und damit 42 der 135 Sitze. Das sind 9 mehr als 2021. Die zweitplatzierte Junts (21,6 Prozent) liegt mit 35 Abgeordneten – 3 mehr als 2021 – deutlich dahinter. „Es ist an den Sozialisten, diese neue Etappe zu leiten“, fügte Illa hinzu, er werden für alle Katalanen regieren, „egal was sie denken“, fügte er hinzu. Bereits heute will Illa Verhandlungen mit anderen Parteien aufnehmen, um die Parlamentsmehrheit von 68 Abgeordneten hinter sich zu vereinigen.

Leicht wird das nicht. Als natürlicher Partner bietet sich nur die linksalternativen Comuns an. Und die bringt nur 6 Abgeordnete, 2 weniger als 2021, mit. Für eine Mehrheit wäre deshalb ERC notwendig. Diese erzielte nur 13,7 Prozent der Stimmen und verlor 13 der bisher 33 Sitze. Spitzenkandidat Aragonès kündigte in der Wahlnacht an, die ERC werde in die Opposition zu gehen und sich an keinerlei Regierung beteiligen. Der bisherige Regierungschef sprach von „persönlicher Verantwortung“. Am Montag kündigte er seinen Rückzug aus der Politik an.

Großer Erfolg für Spaniens Regierungschef Sánchez

Zumindest rechnerisch hätte auch ein Bündnis der Sozialisten mit Junts eine Mehrheit. Doch sind beide Parteien politisch weit auseinander. Junts-Spitzenkandidat Puigdemont sprach in der Wahlnacht angesichts des Verlustes der Parlamentsmehrheit der Verfechter der Unabhängigkeit Kataloniens von einer Strategie „der spanischen Assimilierung“, die gewonnen hätte.

Illa ist für Puigdemont neben den spanischen Rechtsparteien, der rechtsextremen VOX mit 11 und der konservativen Partido Popular (PP) mit 15 Sitzen einer deren Protagonisten. Die PP erreichte 12 Sitze mehr als noch 2021. Ein Teil der Zugewinne kommt aus dem Lager der rechtsliberalen Ciutadans (Bürger), die nicht mehr im neuen Parlament vertreten sind.

Puigdemont ging sogar so weit, die Regierung für sich zu beanspruchen. Wie er das angesichts des neuen Parlaments mit nur 61 Abgeordneten aus vier unterschiedlichen Unabhängigkeitsparteien erreichen will, erklärte er nicht. Neben Junts und ERC erreichte die antikapitalistische CUP 4 Sitze, 5 weniger als 2021, und die rechtsextreme Aliança Cat zieht erstmals mit 2 Vertretern ins neue Parlament ein.

Der sozialistische Spitzenkandidat Illa hatte bereits bei den Autonomiewahlen im Februar 2021 die meisten Stimmen bekommen. Jedoch wurde er nicht Autonomiepräsident, weil Junts, ERC und CUP zusammen mit 74 Sitzen eine deutliche Mehrheit hatten. ERC regierte zuerst in Koalition mit Junts und dann allein.

Für den spanischen Regierungschef Pedro Sánchez ist der Sieg seines Parteikollegen und ehemaligen Ministers Illa ein großer Erfolg. Er spricht seit Jahren von der Aussöhnung mit Katalonien. Zuerst begnadigte er Unabhängigkeitspolitiker und -aktivisten, die wegen der Abhaltung des Unabhängigkeitsreferendums 2017 zu bis zu 13 Jahren Haft verurteilt worden waren. Dann einigte er sich mit ERC und Junts auf eine Amnestie für Hunderte, die ebenfalls richterlich verfolgt werden oder wurden, darunter auch Puigdemont. Die Amnestie wird voraussichtlich Ende des Monats in Kraft treten. Das Amnestiegesetz sicherte der Linkskoalition unter Sánchez, die in Minderheit regiert, die nötige Unterstützung im Madrider Parlament.

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7 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Warten wir doch mal ab.

    Es wäre nicht weiter verwunderlich, wenn Herr Puigdemont von Herrn Sánchez für die Fortsetzung der Regierung in Madrid eine Regierungsbildung in Katalonien verlangt. So ähnlich hat das ja schon mal geklappt.

    Ist das jetzt wirklich ein Erfolg für Herrn Sánchez?

  • Eine Abstimung über die Autonomie von Katalonien darf laut spanischer Verfassung nur landesweit stattfinden. Eine entsprechende Volksabstimmung gab es schon einmal und die Autonomie wurde von der Mehrheit abgelehnt.

  • Gut so. Die Idee einer katalanischen Unabhängigkeit von Spanien ist nationalistischer Unsinn. Teile der Argumentation (korruptes Madrid, Katalonien zahlt für Restspanien) ist nichts anderes als das Geschwätz von AfD und anderen Rechten über angebliche faule Griechen, Südländer, de mit Geld nicht umgehen können und Brüssel Bürokratiemonster...

    • @mlevi:

      Fragt sich, warum bayerische oder sächsische Äußerungen über das korrupte Berlin, das für den Rest der Republik kein Beispiel sein könne, und das Schimpfen über den Länderfinanzausgleich dann etwas anderes sein soll als „Geschwätz von AfD und anderen Rechten“.



      Fragt sich ferner, warum der Anspruch Kastiliens, Zentrum einer unteilbaren spanischen Nation zu sein, zu der Katalanen, Basken und Galicier dazugehören dürfen, und die zwar autonom sein können, aber selbstverständlich alle Pflichten der Spanier, inklusive kastilischer Muttersprache, übernehmen müssen, nun gerade kein „nationalistischer Unsinn“ sein soll.



      Just saying ...



      Unabhängig davon scheint es eher so zu sein, dass in Katalonien, wie anderswo (Schottland) auch, die Unabhängigkeit dann besonders anziehend wirkt, wenn in der Zentrale Konservative regieren, die über die Nöte der Peripherie hinweggehen und die Sozialsysteme schleifen wollen. Wenn die ernsthafte Aussicht besteht, dass in der Zentrale etwas sozialer regiert wird, sind die auch gleich schon viel weniger attraktiv (das scheint freilich in Bayern und Sachsen anders zu sein, was aber auch an unserer SPD liegen mag.)

    • @mlevi:

      Teile der Argumentation, welche sicher nicht von der Hand zu weisen sind, wenn Ehrlichkeit und Transparenz herschen würde, ergänzen nur den uralten Wunsch Kataloniens auf Selbstbestimmung und Selbstverwaltung, auf Schutz der eigenen Sprache und Kultur.



      Wenn sogar in D der Verlust der eigenen Kultur und Identität die Menschen verängstigt, sollte klar sein, warum nationale Minderheiten, welche vom eigenen Zentralstaat und der Sprache und Kultur der Mehrheit zurückgedrängt werden und deren elementare Menschenrechte massiv verletzt wurden, nach Unabhängigkeit streben.

      • @Priest:

        Ich weiß nicht, wovon Sie reden? Katalanisch ist in Katalonien Amtsprache. Seit den 80 Jahren wird der Schulunterricht dort auf katalanisch abgehalten. 2021 sprachen 85% der Bevölkerung der Comunidad spricht katalanisch.Es gibt katalanische TV-Sender. Und und und. Wo bitte sehen Sie eine Zurückdrängung der Sprache und Kultur durch Madrid?



        Korruption und Vetternwirtschaft gab und gibt es auch in Katalonien. Und das eine reichere Region, eine schwächere Unterstützt, nennt man Solidarität.

        • @mlevi:

          Nach 40 Jahren Franco-Diktatur und Verbot des Katalanischen in der Öffentlichkeit, war die Sprach-Inmersion an Öffentlichen Schulen in Katalonien Konsens,



          Aber zuerst die PP, später Ciudadanos, wollten katalanische Schüler:innen "españolisieren", woran sich auch Richter mit chauvinistischen Urteilen beteiligen.

          Solidarität sollte immer freiwillig sein.



          Die Korruption geht in Madrid (PP, PSOE) so weit, daß politische Gegner mit Steuermitteln durch teure Spionage-Software (Pegasus) massiv ausspioniert werden.