Regionalwahlen in Frankreich: Rückkehr der Totgesagten
Macrons Regierungspartei landet abgeschlagen auf den hinteren Plätzen. Stattdessen gewinnen die alten bürgerlichen Parteien an Boden.

D er „Macronismus“ funktioniert nicht ohne Macron, meinte in ihrer Analyse der Ergebnisse der Regionalwahlen sehr treffend die Fernsehjournalistin Ruth Elkrief. Bei den Stichwahlen, wo die oft von kandidierenden Regierungsmitgliedern angeführten Listen des Präsidenten noch im Rennen waren, landeten sie durchwegs abgeschlagen auf den vierten oder fünften Plätzen. Die Zugehörigkeit zur Regierungsmehrheit des Präsidenten war für die Wählenden und auch für die Nichtwählenden offenbar nicht attraktiv. Macron selber war ja nicht Kandidat, und in seiner Rolle als Staatsoberhaupt durfte er sich auch nicht direkt in den Wahlkampf einmischen.
War also, rückblickend auf Macrons Sieg bei den Präsidentschaftswahlen von 2017, „La République en marche“ bloß eine One-Man-Show oder eine politische Eintagsfliege? Die Ergebnisse der Zwischenwahlen vom Sonntag bestärken diesen Verdacht. Dieser war schon bei den Europa- und Kommunalwahlen entstanden, als LREM und ihre Satellitenparteien schwere Niederlagen einstecken mussten. Dass jetzt die Regierungspartei nicht nur in keiner einzigen der 14 französischen Regionen auf dem europäischen Kontinent eine Mehrheit erobern kann, sondern bloß eine Statistenrolle spielt, wirft schon die Frage auf, ob für sie überhaupt noch eine Nachfrage und ein Platz im politischen Spektrum existiert.
Stattdessen feiern nun ausgerechnet die seit Jahren totgesagten traditionellen Parteien ihre Revanche gegen Macron, der ihnen breitbeinig im Zentrum stehend links und rechts das Wasser abgraben wollte. Die Konservativen von Les Républicains auf der einen Seite und die Sozialisten im Verein mit den Grünen und anderen Linksparteien auf der anderen glauben heute wieder an eine bessere Zukunft.
Wie ein Damoklesschwert hing seit Jahren die Gefahr von extrem rechts über der französischen Wahldemokratie. Marine Le Pens Ehrgeiz hat dieses Mal einen klaren Dämpfer erhalten. In den Regionen ist ihr Rassemblement National bei weitem nicht die stärkste Partei. Ihr Programm motivierte und mobilisierte noch weniger als die anderen politischen Tendenzen.
Emmanuel Macron glaubte bis vorgestern an eine fast reibungslose Wiederwahl dank eines erneuten Wahlduells gegen Marine Le Pen wie 2017. Nach den Regionalwahlen könnte sich die Ausgangslage für 2022 ändern.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Treffen in Riad
Russland und USA beschnuppern sich vorsichtig