Regierungsverhandlungen in Israel: Getrübte Freude
Oppositionsführer Lapid lockt rechte und linke Parteien in seine Koalition. Am Mittwoch läuft seine Frist aus. Es wäre das Ende Netanjahus.
S ollte Siedlerführer Naftali Bennett die Abgeordneten seiner Yamina-Partei überzeugen können und tatsächlich einer Regierung mit Yair Lapid von der Zukunftspartei beitreten, dann steht Israel eine der schwierigsten Regierungskadenzen überhaupt bevor, die dennoch Grund zur Freude böte. Es wäre das Aus für Benjamin Netanjahu, der über 12 Jahre in Folge in Jerusalem herrschte. Und es wäre keine erneute, fünfte Wahl nötig.
In die Katerstimmung nach dem jüngsten Krieg und nach den Gewaltausbrüchen auf den Straßen, bei denen jüdische wie arabische Israelis getötet wurden, mischt sich nun die Hoffnung, dass ein politischer Wandel möglich ist. Freilich: Der national-religiöse Politiker Bennett wäre für die ersten zwei Jahre Regierungschef.
Wichtige weitere Ministerposten würden an die Partei, die sich auf deutsch „Nach rechts“ nennt, gehen, wie auch an den früheren Likudpolitiker Gideon Sa'ar, der den noch amtierenden Regierungschef Netanjahu politisch von rechts überholte. Die gute Nachricht ist aber, dass auch linke und sozialdemokratische Parteien in der künftigen Koalition vertreten sein werden, sollte sie denn zustande kommen.
Anders als bisher dürften damit Diskussionen um Annexionen palästinensischer Gebiete der Vergangenheit angehören. Mit einem Mann der Arbeitspartei, der für den Posten des Ministers für Innere Sicherheit vorgesehen ist, lässt sich zudem auf ein baldiges Ende der Gewalt zwischen radikalen jüdischen und arabischen Staatsbürgern hoffen. Wirklich bahnbrechend an der sich herauskristallisierenden Regierungskoalition ist aber die Beteiligung einer arabischen Partei.
Das hat es in der Geschichte Israels bislang nicht gegeben, und es birgt erneut die Hoffnung, dass hier ein konkreter Schritt in Richtung Gleichberechtigung für die palästinensischen Bürger im Staat getan wird. Der Wermutstropfen ist hier wiederum, dass es sich bei dem potenziellen arabischen Regierungspartner um eine konservativ-islamische Partei handelt. Heftige Zerrereien sind schon jetzt absehbar.
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