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Regierung in BrandenburgWoidke hofft auf Linke 2.0

In Brandenburg steht der Koalitionsvertrag von SPD und BSW. Beide versprechen eine solide Regierung. Doch die Mehrheit für Rot-Lila ist äußerst knapp.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) schüttelt BSW-Landesvorsitzenden Robert Crumbach die Hand Foto: Michael Bahlo/dpa

Dietmar Woidke (SPD) will Brandenburg weiterregieren. In Potsdam präsentierte der Ministerpräsident am Mittwoch zusammen mit dem BSW-Fraktionschef und Ex-SPD-Mann Robert Crumbach den 67-seitigen Koalitionsvertrag. Der trägt den Titel „Brandenburg voranbringen – Bewährtes sichern. Neues schaffen“. Woidke sagte, die Verhandlungen seien schwierig gewesen, aber die Regierung werde stabil sein.

Er erinnerte dabei an 2009. Damals habe es „auch viele Vorbehalte“ gegen das Bündnis der SPD mit der Linkspartei gegeben, auch in der SPD. Damit spielte Woidke auf SPD-Wirtschaftsminister Jörg Steinbach an, der seinen Job wegen der Putin-Nähe des BSW vor wenigen Tagen an den Nagel gehängt hat. Rot-Rot aber, so Woidke, habe zehn Jahre solide regiert. „Wenn es am Anfang schwierig ist, heißt das nicht, dass es so bleibt.“

BSW-Fraktionschef Crumbach betonte mehrfach, dass BSW und SPD viele Probleme ähnlich sehen, und lobte die faire Zusammenarbeit. Auch er versprach solide Arbeit: „Wir werden weniger streiten“.

Im Koalitionsvertrag findet sich viel rhetorische Bürgernähe. Man werde „Ängste und Alltagssorgen ernst nehmen und dafür sorgen, dass niemand zurückgelassen wird“. Erwähnt werden der Kaufkraftverlust und hohe Energiepreise, die man senken wolle. Wie das auf Landesebene geschehen soll, bleibt vage.

In der Präambel ist die Handschrift des BSW beim Thema Ukrainekrieg sichtbar. Neben der Forderung nach mehr Diplomatie steht dort: „Der Krieg wird nicht durch weitere Waffenlieferungen beendet werden können.“ Und: „Wir sehen die geplante Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen auf deutschem Boden kritisch.“ Damit stellt sich SPD-Mann Woidke frontal gegen SPD-Kanzler Scholz, der die Stationierung der US-Raketen für 2026 vereinbart hat.

Bei Migration nah beieinander?

Zur Migration heißt es, man wolle „die Zuwanderung von Fach- und Arbeitskräften“, biete „Asylberechtigten Schutz“ und werde alle „rechtssicheren Maßnahmen zur Eindämmung, Verhinderung und Zurückweisung von irregulärer Migration“ unterstützen. Wer kein Bleiberecht besitzt, müsse Deutschland verlassen. Die Landesfinanzministerin Katrin Lange (SPD) betonte, dass sich Sozialdemokraten und BSW beim Thema Migration sehr nah seien.

Das BSW soll drei Ministerien bekommen. Crumbach ist als Finanzminister im Gespräch, der Templiner Bürgermeister und Ex-Linkspartei-Mann Detlef Tab­bert könnte Infrastrukturminister werden, außerdem will das BSW das Gesundheitsministerium. Landespolitisch will Rot-Lila alle Krankenhausstandorte erhalten, die Kindergärten für Eltern beitragsfrei lassen und die Zahl der Polizisten auf 9.000 aufstocken.

Klimapolitisch ist die neue Koalition wenig ambitioniert. Sie hält zwar am Kohleausstieg bis 2038 und dem europäischen Ziel fest, bis 2045 klimaneutral zu werden. Aber anders als bei der Vorgängerregierung fehlt Klimaschutz als Schwerpunkt. Laut BSW-Chef Crumbach fällt Rot-Lila „in nichts in Klima- und Umweltschutz zurück“. Der Geschäftsführer des BUND Brandenburg, Axel Kruschat, sagte der taz dagegen, der neue Koalitionsvertrag sei „inkonsistent“. So verspreche die Koalition, den Brandenburger Klimaplan sowie die Brandenburger Energie und Wasserstoffstrategie umzusetzen. Die Ausbauziele von Wind- und Solarkraft seien in der Energiestrategie aber viel geringer als in Klimaplan und Wasserstoffstrategie vorgesehen. „Das passt nicht zusammen“, sagt Kruschat.

In früheren Entwürfen des Koalitionsvertrages fand sich die Forderung, sich auf Bundesebene für eine Abschaffung der CO2-Bepreisung einzusetzen. Nun steht dort nur noch, dass CO2-Preise „nicht zu sozialen Verwerfungen im Land führen und den Unternehmensstandort Deutschland gefährden“ dürfen. Auch die BSW-Forderung, an die Raffinerie Schwedt wieder russisches Öl zu liefern, fehlt im Koalitionsvertrag.

Und nun? Rot-Lila ist noch nicht in trockenen Tüchern. Erst müssen Landesparteitage den Koalitionsvertrag durchwinken. Dann kann am 11. Dezember Woidke wieder zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Das Problem: Rot-Lila hat nur 2 Stimmen Mehrheit. Ein BSW-Mann hat schon angekündigt, Woidke nicht zu wählen. Rot-Rot hatte 2009 immerhin 13 Stimmen Mehrheit.

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9 Kommentare

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  • Wie kommt man bloß auf "Linke 2.0"? Bei einem Haufen, dessen Geschichte mit Untreue begann und sich jetzt, im eigenen Ländle, schon vor der MP-Wahl mit den ersten Zerfallserscheinungen fortsetzt? Auch wenn der Crumbach die Abweichler nach und nach aus der Fraktion schmeißen wird, das bißchen Mehrheit ist trotzdem flöten. Die Linke dürfte da wohl zuverlässiger gewesen sein.

  • "Die Ausbauziele von Wind- und Solarkraft seien in der Energiestrategie aber viel geringer"

    Das ist gut!



    Dann bauen wir hier noch mehr EE an und das Geld kommt zu uns.

  • Warum nur erinnern mich die beiden Protagonisten auf dem Titelbild irgendwie an das dänische Komikerduo Pat und Patachon?



    So verschieden sehen die doch garnicht aus.😉

  • Man kann durchaus mit dem BSW zusammenarbeiten, solange man deren "Friedens"forderungen nicht nachgibt.

    • @Eulennest:

      Kommt drauf an, was man unter "Zusammenarbeit" versteht. Und zu welchem Zweck die dienen soll. Wenn es darum geht, den Kaffeetisch zu decken, wird das wohl noch funktionieren. Abräumen? Kaum. Und dann noch Spülen? Vergiß es.

  • "In früheren Entwürfen des Koalitionsvertrages fand sich die Forderung, sich auf Bundesebene für eine Abschaffung der CO2-Bepreisung einzusetzen. Nun steht dort nur noch, dass CO2-Preise „nicht zu sozialen Verwerfungen im Land führen und den Unternehmensstandort Deutschland gefährden“ dürfen."

    Der CO2 Preis ist leider ein sehr populismusanfälliges Instrument.



    Aber das BSW will eh alles blockieren. Kein CO2 Preis, kein "Hineinregieren" in den Heizungskeller.



    Nur destruktiv das BSW.

  • Und damit wäre die Querfront Brandmauer gefallen.

    • @Mendou:

      Natürlich.



      Bei dem Wahlergebnis hätte man sich mit einer zweiten Brandmauer eingemauert.

  • Das kann ja heiter werden mit dem Thema Ukrainekrieg:



    /



    "Die AfD hatte unter anderem beantragt, dass sich die Landesregierung im Bund und in der EU für eine schnelle diplomatische Lösung des Ukrainekriegs einsetzt. Dies hatte auch das BSW gefordert. Laut Koalitionsvertrag darf sie dem AfD-Antrag nun dennoch nicht zustimmen: Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass SPD und BSW grundsätzlich gegen Anträge der Opposition stimmen."



    Quelle



    handelsblatt.com



    Wie heißt es doch:



    "Politik sei die Kunst des Machbaren.



    Irrtum: Sie sollte der Mut zum Achtbaren sein."



    Raymond Walden (lt. Infos im Netz: kosmopolitische Philosophie, Pazifismus, Aufklärung, Humanismus, Religions- und Esoterikkritik, logisch-kausales Weltbild).



    Bei "logisch-kausal" bin ich stecken geblieben.



    Nochmal "Reset-Taste"?



    Quelle zdf.de 03.10.24:



    "BSW deutet anderen Umgang mit AfD an



    Unterdessen deutete der 73-jährige BSW-Abgeordnete Reinhard Simon, der als Alterspräsident die konstituierende Sitzung am Donnerstag eröffnete, eine neue Stoßrichtung gegenüber der AfD an. Er bezeichnete sich als "Brückenbauer". Der BSW-Landesvorsitzende stimmt dem zu. Bollwerke und Ausgrenzung seien nicht der richtige Weg, so Robert Crumbach."