Refugee-Kontrollen in Hamburg: Auf Daten-Jagd
Geflüchtete werden in Baumärkten und Erstunterkunft jetzt von Zoll und Bundeswehr erkennungsdientlich behandelt.
„Es ist eine Art Nacherfassung“, sagte Kerstin Graupner, die Sprecherin des Hamburger Flüchtlingskoordinators Anselm Sprandel. „Bei dem Andrang in den Wintermonaten sind nicht alle richtig erfasst worden.“
Fingerabdrücke genommen
Jetzt werden Daten wie Name und Herkunft erfasst, Fingerabdrücke genommen und biometrische Lichtbilder aufgenommen. Damit werden sogenannte „Vorakten“ erstellt, sagte Gehrmann. Wenn nun ein Geflüchteter bei der BAMF-Außenstelle einen Asylantrag stelle, könne der Schritt der erkennungsdienstlichen Behandlung übersprungen werden, weil bereits die wichtigen Daten erfasst seien, sagte Gehrmann. „Das dient dazu, die Bearbeitung eines Asylantrags zu beschleunigen.“
Diese Maßnahme könnte allerdings auch die Vorbereitung für schnelle Abschiebungen sein. Das berichten zumindest Helfer aus einer der Einrichtungen für Geflüchtete, die entsprechende Bemerkungen der eingesetzten Zollbeamten mitbekommen haben. Vor allem Menschen aus Afghanistan, Tschetschenien, Iran und den Balkanstaaten hätten kaum eine Chance, zu bleiben, hieß es.
Seit vergangenem Donnerstag werden neu ankommende Geflüchtete dieser erkennungsdienstlichen Prozedur in der neu geschaffenen Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) im Rahlstedter Bargkoppelweg sofort unterzogen. Mitarbeiter der Ausländerbehörde nehmen in Registrierbüros die Daten der Menschen auf, sichern Fingerabdrücke und fertigen biometrische Fotos an. Die entsprechende Technik haben Mitarbeiter der Bundesdruckerei dort installiert. Die Ausländerbehörden der Länder und das BAMF können dann auf diese Daten zugreifen. Das entsprechende Gesetz für den einheitlichen Flüchtlingsausweis wurde im Januar im Eiltempo durch den Bundestag gebracht.
Schnelle Registrierung
Diese schnelle Registrierung kann für die Flüchtlinge aber auch nützlich sein, sofern sie dadurch schneller in Folgeunterkünften untergebracht werden.
Ende April lebten laut Antwort auf eine Anfrage der CDU-Politikerin Karin Prien noch knapp 4.000 Menschen in ehemaligen Baumarkthallen und 266 Menschen in Zelten. Die Stimmung unter den Bewohnern der Großunterkünfte soll verzweifelt sein. Menschen aus Ländern mit geringer Bleibeperspektive, aus sogenannten sicheren Herkunftsländern also, sollen teilweise seit acht Monaten in den zur Notunterkunft umfunktionierten Baumarkthallen leben und nie heraus gekommen sein, weil sie keine Sprach- oder Integrationskurse bekommen.
Abgelehnten Asylbewerbern bleibt der „Rechtsweg offen“, wie Innensenator Andy Grothe (SPD) bei der EAE-Eröffnung betonte. Doch die Beratungsangebote der Stadt sollen nach Angaben von Helfern überlastet sein. Sozialarbeiter in den Unterkünften berichten, sie seien angehalten, keine Rechtsberatung zu erteilen.
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