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Reform für SeenotrettungWie das Sterben im Mittelmeer aufhören könnte

14 NGOs haben ein Konzept für ein EU-Programm zur Seenotrettung im Mittelmeer vorgelegt. Die EU könne jederzeit sichere Fluchtwege schaffen.

Soll einen „Neuen Pakt für das Mittelmeer“ ausarbeiten: Dubravka Šuica Foto: Virginia Mayo/ap

Berlin taz | Zeitgleich zur Abstimmung über die neue EU-Kommission am Mittwoch haben 14 NGOs ein Konzept für ein EU-Programm zur Seenotrettung im Mittelmeer vorgelegt. Der „Mare Solidale“ genannte Entwurf sieht unter anderem vor, mit Ausrüstung und Personal aus nationalen Katastrophenbehörden Patrouillen in internationalen Gewässern, vor allem vor Libyen, durchzuführen. Menschen in Seenot sollen von diesen Patrouillen gerettet und nach Europa gebracht werden.

Das bereits existierende EU-Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen (Emergency Response Coordination Centre, ERCC) soll die Leitung übernehmen und dafür mit den bestehenden nationalen Rettungsleitstellen zusammenarbeiten. Unter anderem sollen „Überwachungskapazitäten, die derzeit bei Frontex liegen“, vom ERCC übernommen werden, „um sicherzustellen, dass bestehende Informationen zur Rettung von Menschenleben auf See genutzt“ werden.

Die Kosten für das Rettungsprogramm „mit ausreichender Kapazität für den vorhersehbaren Bedarf“ werden in dem Papier auf 240 Millionen Euro taxiert – also rund 0,13 Prozent des EU-Jahresbudgets 2023 oder 28 Prozent des Frontex-Budgets.

Ausgearbeitet hat das Konzept die Juristin Violetta Moreno-Lax von der Queen Mary Uni London, veröffentlicht hat es ein Bündnis aus 14 Organisationen, darunter unter anderem Sea-Watch, United4Rescue und SOS Humanity.

Kommissarin soll Seenotrettung reformieren

Hintergrund ist, dass das EU-Parlament am Mittwoch die neue EU-Kommission bestätigen soll, der unter anderem zum ersten Mal eine „Kommissarin für den Mittelmeerraum“ angehören wird. Das Amt bekommt die nationalkonservative Kroatin Dubravka Šuica, die einen „Neuen Pakt für das Mittelmeer“ ausarbeiten soll.

In diesem Jahr sind bisher 1.985 Flüchtlinge und Mi­gran­t:in­nen im Mittelmeer ertrunken. Die zahlreichen Seenotrettungs-NGOs werden unter anderem von Italien und Griechenland drangsaliert und sehen sich seit Jahren dem Risiko juristischer Verfolgung ausgesetzt. Italien setzt bei Notfällen vor allem darauf, dass die Menschen von der libyschen Küstenwache zurück nach Libyen gebracht werden. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex unterstützt dabei.

„Die Europäische Kommission hat keine Antwort auf die Menschenrechtsverletzungen und das tägliche Sterben im Mittelmeer“, heißt es in einer Erklärung des NGO-Bündnisses. Der „Mare Solidale“-Vorschlag sei als „Gegenentwurf zum Wettbewerb der Menschenrechtsabschaffung“ gedacht und fordere damit „ausdrücklich eine Debatte über sichere Fluchtwege in die EU ein“.

Die „politische Rettungsblockade“ müsse ein Ende haben. „Die Europäische Kommission kann jederzeit beschließen, das Sterben auf See zu beenden. Ein europäisches Rettungsprogramm ist keine Frage der Ressourcen oder der Logistik – es ist eine Frage des politischen Willens“, sagte die Sea-Watch-Sprecherin Giulia Messmer.

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5 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Etwas unlauter finde ich den Hinweis, dass das Programm nur ein Viertel der „Frontex“ - Kosten ausmachen würde. Denn erstens bräuchte man ja trotzdem eine europäische Grenzsicherung und zweitens müssten dann in die Rechnung auch die zu erwartenden Folgekosten für die Zielländer der unterschiedlichen Ansätze aufgeführt werden. Wenn ich mich recht entsinne, waren genau die ja der Grund für die Etablierung von Frontex. Von daher sollte man aus meiner Sicht eher nicht versuchen, mit „geringeren Kosten“ zu punkten.

  • Das "Alternative" Modelle die ein Viertel dessen kosten was alleine die Frontex Organisation verschluckt nicht diskutiert werden ist mir schleierhaft. Vermutlich gibt es dazu auch genügend Lobbyismus und Möglichkeiten richtig Kohle zu verdienen.

  • Das Problem an dem Vorschlag ist doch, dass die Menschen automatisch nach Europa gebracht werden sollen. Damit bleibt der Anreiz, auf unsichere Boote zu steigen weiter bestehen.

    Die veranschlagten Investitionskosten sind in einem afrikanischen Rettungsprogramm besser investiert.

  • "Ein europäisches Rettungsprogramm ist keine Frage der Ressourcen oder der Logistik – es ist eine Frage des politischen Willens“, sagte die Sea-Watch-Sprecherin Giulia Messmer. Wohl wahr, der Willen (zumindest in großen Teilen der Bevölkerung) ist nicht vorhanden. Ich tippe, dass bei Bekanntwerden solcher Aussprüche die AFD noch mal ein bisschen zulegt, auch FN, die Wilder-Partei oder wie diese Rechtsparteien noch heißen mögen....

  • "Der „Mare Solidale“ genannte Entwurf sieht unter anderem vor, mit Ausrüstung und Personal aus nationalen Katastrophenbehörden Patrouillen in internationalen Gewässern, vor allem vor Libyen, durchzuführen." Der nationale KatSchutz ist jetzt schon unterfinanziert und personell nicht gut aufgestellt. Ein großer Teil der Aufgaben liegt bei den Hilfsorganisationen, die in hoheitlichem Auftrag mit ehrenamtlichem Personal die Funktionalität des KatSchutzes sicherstellen. Eherenamtliches Personal, das immer mehr verloren geht und nicht nachkommt. Zusätzlich steigt die Zahl der Katastrophen an und wird laut Klimaexperten in den nächsten Jahren immer weiter steigen. Das Personal wird vor Ort gebraucht.