Reform der Bioabfallverordnung: Weniger Fremdstoffe im Ökomüll
Das Umweltministerium will die Verbreitung von Mikroplastik in der Natur eindämmen. Doch an den Plänen gibt es jede Menge Kritik.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) schlägt eine Obergrenze für Fremdstoffe in Biomüll vor: Abfälle, die mehr als 0,5 Prozent Fremdstoffe wie Plastik, Metall oder Papier enthalten, dürfen Vergärungs- oder Kompostieranlagen künftig nicht mehr verarbeiten, so ihr Plan. Überschreitet der angelieferte Biomüll den Wert, müssen Anlagenbetreiber den Abfall erst von den Fehlwürfen befreien, bevor sie ihn kompostieren oder vergären. Diese Regelung soll sowohl für verpackte Lebensmittelabfälle aus dem Handel als auch für Garten- und Küchenabfälle aus privaten Haushalten gelten.
Umweltverbände kritisieren den Gesetzentwurf des Bundesumweltministeriums scharf. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zum Beispiel findet das Vorhaben „ungeeignet, um das größer werdende Problem von Plastikmüll und anderen Störstoffen im Bioabfall zu lösen“. Es reiche nicht aus, Grenzwerte für Fremdstoffe vor der Kompostierung zu verschärfen, wenn nicht gleichzeitig auch die Müllsammlung und deren Kontrolle verbessert würden, sagte Thomas Fischer vom DUH der taz. Es müsse verhindert werden, dass überhaupt erst Plastik in der Biotonne lande.
Derselben Meinung ist der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE). Nicht allein die Anlagenbetreiber, auch die Bürger*innen müssten zur Verantwortung gezogen werden, teilte ein Sprecher mit. „Je weniger Fremdstoffe bereits bei der Sammlung im Abfall enthalten sind, desto leichter und günstiger ist die Aufbereitung. Denn die abgetrennten Fremdstoffe müssen teuer in der Müllverbrennungsanlage entsorgt werden.“
Thomas Fischer, DUH
Die DUH und der BVSE fordern daher Maßnahmen entlang der gesamten Prozesskette: eine bessere Aufklärung der Bevölkerung, strengere Kontrollen der Biotonnen und Sanktionen bei zu vielen Fremdstoffen. Fischer vom DUH schlägt ein Kartensystem wie beim Fußball vor: Mit einem gelben Anhänger an der Tonne könnten Bürger*innen über Fehlwürfe informiert werden. Bei sehr vielen Fremdstoffen würde die Tonne nicht geleert und mit einer roten Karte versehen, auch Bußgelder seien denkbar.
Darüber hinaus müsse das Umweltministerium den Aufdruck „biologisch abbaubar“ auf Produkten verbieten, fordert Fischer. Denn viele Menschen schmissen Kaffeekapseln, Einwegteller oder Blumentöpfe aus „kompostierbarem“ Kunststoff fälschlicherweise in die Biotonne. Auch die grün eingefärbten „biologisch abbaubaren“ Biomülltüten sollten untersagt werden. „Biologisch abbaubare Kunststoffe bauen sich in Kompostierungsanlagen nur ungenügend ab und verbleiben als Mikroplastik im Kompost“, sagte Fischer. „Außerdem ist Verbrauchern schwer zu vermitteln, dass bestimmte Sammelbeutel in die Biotonne dürfen, aber alle anderen Produkte aus solchen Materialien nicht.“
Ministerium weist Kritik zurück
Das Umweltministerium will die Forderungen der DUH nicht aufgreifen. „Die Bezeichnung ‚biologisch abbaubar‘ ist für bestimmte Kunststoffe zutreffend und schon deshalb nicht zu verbieten. Solche Kunststoffe sind gleichwohl kein Bioabfall“, schrieb ein Sprecher. Statt die grünlichen Biomülltüten aus Plastik zu verbieten, sollen die Anforderungen an deren Abbaubarkeit „konkretisiert und verschärft“ werden. „Künftig muss nachgewiesen werden, dass sich die Kunststoffbeutel bei einer Kompostierdauer von höchstens sechs Wochen vollständig zersetzen“, so der Sprecher. Bislang müssten sie sich binnen 12 Wochen zu 90 Prozent abbauen.
Die Kritik, nicht ausreichend bei den Verbraucher*innen anzusetzen, weist das Ministerium zurück. Die Aufklärungsarbeit vor Ort, die Kontrolle der Biotonnen und Sanktionen seien Aufgabe der „öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger“, also der jeweiligen Landkreise oder Städte. Außerdem hätte die Obergrenze für Fremdstoffe „mittelbare Auswirkungen“ auf die Bürger*innen. „Je mehr Fremdstoffe im Bioabfall enthalten sind und entfrachtet werden müssen, desto teurer wird die Behandlung“, sagte der Sprecher. Diese Zusatzkosten würden letztlich auf die Bürger*innen umgelegt, was sie zu einer gewissenhafteren Mülltrennung motiviere.
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