Plastik in Ozeanen: Tauchen nach Geisternetzen

Eine App soll helfen, verlorene Fischernetze aus Ost- und Nordsee zu holen. Denn die Plastikfallstricke gefährden Fische und Meerestiere.

Seehund mit Fischernetz am Hals.

Am Hals verletzt durch ein Fischernetz: ein Seehund auf Helgoland Foto: imago

BERLIN taz | Per Mobilgerät Geisternetze im Meer aufspüren und beseitigen – daran werkelt die Naturschutzorganisation WWF schon lange. In diesem Frühjahr ist die App nun startklar und steht für Hobbytaucher an den üblichen Stores bereit.

Geisternetze sind verloren gegangene „Fischereigeräte“ aus Plastik. Äußerst haltbar machen sie etwa 10 Prozent des globalen Meeresmülls aus. Meerestiere verfangen sich in den teils mehrere hundert Meter langen Netzen und verenden elend.

Weltweit gibt es deshalb verschiedene Projekte, um diese Geisternetze einzusammeln. In der westlichen Ostsee und perspektivisch auch in der Nordsee soll das nun mit der App des WWF geschehen; das Küstenbundesland Mecklenburg-Vorpommern hat mit von ihm verwalteten Fischereigeldern ein Pilotprojekt gestartet, in dem Behörden, Fischer, Sporttaucher und der Umweltverband zusammenarbeiten.

Funktionieren soll das so: Mittels eines Sonargeräts ermittelt der WWF Fundstücke im Meer oder auf dem Meeresboden, die dort nicht hingehören. 2020 beispielsweise kartierte die Organisation an 28 Sonartagen rund 350 Hektar in der Ostsee, ab Juni folgen weitere 10 Tage in der Nordsee.

Sonar nur für Verdacht gut

„Das Sonargerät meldet ‚Meeresfremdes‘ – ob es sich aber um Kabel, bewachsene Steine oder eben um Geisternetze handelt, kann der Fahrer oben im Boot nicht feststellen“, sagt Gabriele Dederer, Referentin für Geisternetze beim WWF. Darum werden die Fundstellen in die App „WWF Geistertaucher“ eingetragen, die sich Sporttaucher herunterladen können. Diese können dann die Fundstellen antauchen und feststellen, wo sich tatsächlich alte Netze befinden. Fazit der bisherigen Probeläufe laut Dederer: Etwa 50 Prozent der Sonarstellen sind Geisternetze.

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es bislang 145 Verdachtsstellen, von denen schon 50 angetaucht wurden; in Schleswig-Holstein sind es 85 Stellen, 20 steuerten Sporttaucher bisher an, um sie zu untersuchen. „Bei der Bergung arbeiten wir mit Fischern zusammen“, sagt Dederer. „Denn sie verfügen sowieso über die Technik, um Netze zu bergen.“ Wo ein Schlauchboot des WWF einen ganzen Tag brauche, um ein Geisternetz aus dem Wasser zu ziehen, sei ein Fischkutter in einer halben Stunde fertig.

Melden die Sporttaucher, dass Tiere im Netz gefangen sind, „müssen die natürlich sofort raus“, sagt Dederer. Ein leeres Netz könne auch später auf einer Bergungstour gebündelt geborgen werden. Die Meeresexpertin erhofft sich von dem mecklenburg-vorpommerischen Modellprojekt eine Verstetigung – um irgendwann alle Netze aus dem Meer zu ziehen.

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