Rechtsextremer Mord an CDU-Politiker: Lübcke-Urteil rechtskräftig
Der Bundesgerichtshof bestätigt, dass Stephan Ernst für den Mord an Walter Lübcke lebenslang in Haft muss. Auch das Urteil gegen Markus H. bleibt bestehen.
Der Vorsitzende Richter des dritten Strafsenats, Jürgen Schäfer, sprach von einer „fehlerfreien Beweiswürdigung“ des OLG – sowohl mit Blick auf die Schuldsprüche als auch auf die Freisprüche.
Das OLG hatte es als erwiesen angesehen, dass der heute 48-jährige Ernst den CDU-Politiker Lübcke am 1. Juni 2019 spätabends zu Hause auf dessen Terrasse aus nächster Nähe mit einem Kopfschuss getötet hatte. Er habe seinen Fremdenhass auf Lübcke projiziert, seit sich dieser auf einer Bürgerversammlung Jahre zuvor für die Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen hatte.
Den Mitangeklagten Markus H., einen Freund von Ernst aus der rechten Szene, verurteilte das OLG zu einer anderthalbjährigen Bewährungsstrafe wegen eines Waffendelikts – aber nicht wie angeklagt wegen Beihilfe zum Mord an Lübcke. Er kam im Oktober 2020 frei.
Angriff auf Iraker bleibt ungesühnt
Die Familie des CDU-Politikers und die Bundesanwaltschaft hatten vor allem diese letzte Entscheidung des Frankfurter Gerichts moniert. Aus ihrer Sicht spielte der heute 46-Jährige eine wesentlich zentralere Rolle bei dem Attentat. Er habe mit Ernst schießen geübt und ihn letztlich in seinem Willen zur Tat bestärkt. Die Hinterbliebenen halten ihn sogar für einen direkten Mittäter. Sie und die Bundesanwaltschaft haben daher Revision eingelegt.
Auch die Angeklagten gingen in Revision. Ernsts Anwälte etwa wendeten sich gegen den Vorbehalt einer Sicherungsverwahrung nach der Haft.
Neben dem Fall Lübcke ging es in dem Verfahren noch um einen Angriff auf einen irakischen Asylbewerber. Jemand hatte den Mann Anfang 2016 attackiert und ihm ein Messer in den Rücken gestochen. Die Bundesanwaltschaft hält Ernst für den Täter, konnte die OLG-Richter aber nicht überzeugen. Das Opfer trat ebenfalls als Nebenkläger auf.
Lübcke war in der Nacht des 1. Juni 2019 in seinem Haus erschossen worden. Der Regierungspräsident saß gegen 23.20 Uhr auf seiner Terrasse, als sich nach den gerichtlichen Feststellungen Ernst, bewaffnet mit dem Trommelrevolver, anschlich und seinem arglosen Opfer in den Kopf schoss.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste