Rechtsextreme Preppergruppe Nordkreuz: Anklage gegen Schießplatzbetreiber

Ein Schießplatzbetreiber und der Mitarbeiter einer Waffenbehörde sollen vor Gericht. Es geht um Kriegsmunition und Polizeipatronen als Bezahlung.

9mm Patronen stehen aufgereiht auf einem Tisch

Mit Patronen soll bezahlt worden sein Foto: imago

BERLIN taz Im Komplex rund um die rechtsextreme Preppergruppe Nordkreuz gibt es weitere juristische Konsequenzen: Die Staatsanwaltschaft Schwerin hat Anklage gegen den Waffenhändler Frank T. aus Güstrow und einen Mitarbeiter der Waffenbehörde im Landkreis Ludwigslust-Parchim erhoben. Es geht um mutmaßliche Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, versuchte Strafvereitelung, Anstiftung zum Diebstahl sowie Hehlerei.

Hintergrund sind die Ermittlungen gegen den ehemaligen SEK-Polizisten und Nordkreuz-Chef Marko G, bei dem im Sommer 2017 zehntausende Schuss Munition sichergestellt worden waren. Der Mitarbeiter der Waffenbehörde soll im November 2017 10 Patronen davon auf Marko G. Wunsch hin an den Waffenhändler und Schießplatzbetreiber Frank T. übergeben haben. Es handelt sich dabei um Patronen, die unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fällt. Dafür hatte Frank T. keine Erlaubnis. Und im Verfahren gegen Marko G. konnten die Patronen nicht mehr als Beweismittel dienen. Beim Prozess vor dem Landgericht Schwerin Ende 2019 wurde deutlich, dass dem Mitarbeiter der Waffenbehörde die nötige Distanz zu Marko G. fehlte.

Frank T. war selbst Mitglied von Nordkreuz, ebenso Mitarbeiter von ihm. Auf dem von ihm betriebenen Schießplatz in Güstrow trainierten Mitglieder der Gruppe regelmäßig. Auch Spezialkräfte von Polizei und Bundeswehr aus ganz Deutschland kamen zu teils mehrtägigen Schießtrainings dorthin. Über sie gelangte Frank T. den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge auf illegalem Wege an Munition.

Im Herbst 2018 soll Frank T. laut Anklage einem sächsischen Polizeibeamten angeboten haben, als Vergütung für eine private Schießfortbildung dienstliche Munition entgegenzunehmen. Der Polizist soll daraufhin Patronen im Wert von mindestens 3680 Euro aus der Waffenkammer der Polizei entwendet und an Frank T. übergeben haben. Dieser habe sie dann gewinnbringend verkaufen oder für sich selbst verwenden können.

Acht weitere Verfahren gegen Frank T. beendet

Die Staatsanwaltschaft Rostock führte acht weitere Verfahren gegen Frank T., diese sind inzwischen alle beendet. Die allermeisten wurden – teils gegen Auflage – eingestellt, eine Sache wurde an die Ordnungsbehörde abgegeben. Die Anhaltspunkte für die Ermittlungen ergaben sich oft aus sichergestellten Chats. Es ging unter anderem darum, dass Frank T. eine Person zum illegalen Transport einer Waffe angestiftet haben soll. In mehreren Fällen ging es um mutmaßlich illegalen Gebrauch von Kriegsmunition auf dem Schießplatz.

Ein Fall ist inzwischen verjährt, weil die Ermittlungen offenbar zu langsam vorangingen: Ein mutmaßlicher Betrug. Frank T. soll im Mai 2018 Patronen im Wert von 2000 Euro von einer Bremer Polizeibehörde bekommen haben – zum Schießen bei einem Training. Er gab sie dann aber offenbar weiter.

Der bekannteste Fall: Frank T. schenkte Anfang 2018 dem damaligen Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), eine Pistole, ein Schießtraining und Munition. Anlass war Caffiers Geburtstag. In die Glock 19 im Wert von rund 800 Euro war der Schriftzug „Baltic Shooters“ eingeprägt, sie wurde ihm von einem seiner Personenschützer überbracht. Danach fuhr Caffier, der Jäger ist, selbst nach Güstrow, um die Waffe bei einem kostenlosen Schießtraining mit Frank T. einzuschießen, laut den Ermittlungen dauerte es 90 bis 120 Minuten. Caffier bekam dafür auch mehr als 100 Patronen geschenkt.

Caffier war jahrelang Schirmherr einer Schießveranstaltung, die Frank T. zusammen mit dem Landeskriminalamt organisierte. Nachdem Caffier von der taz nach der Waffensache gefragt wurde, erklärte er sie erst zu seiner Privatangelegenheit, gab dann einen angeblichen Kauf zu und trat im November 2020 von seinem Amt zurück. Inzwischen wurde er rechtskräftig wegen Vorteilsannahme zu 45 Tagessätzen verurteilt. Das Verfahren gegen Frank T. wegen Vorteilsgewährung wurde gegen die Zahlung von 3000 Euro eingestellt.

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Illustration: taz/Infotext-Berlin (Montage)

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