Rechter Häuserkampf in Halle: Gewaltiger Streit
Die identitäre Bewegung ist nicht zimperlich, wenn es darum geht, ihr Hausprojekt zu verteidigen. Mehrere Studenten wurden bedroht.
Seit Juni ist bekannt, dass mehrere Mitglieder der Kontrakultur Halle in das Haus eingezogen sind. Dabei handelt es sich um die in Deutschland wohl aktivste Gruppe der Identitären. Zahlreiche der etwa 20 Kontrakultur-Mitglieder waren früher in Neonazistrukturen tätig. Das Haus in der Adam-Kuckhoff-Straße liegt direkt neben dem Eingang zum Steintorcampus, wo die geistes- und sozialwissenschaftlichen Institute der Universität beheimatet sind.
Immer wieder kommt es zu friedlichen und gewalttätigen Protesten gegen das „Schulungszentrum“. Im Juli und Oktober beteiligten sich jeweils etwa 700 Menschen an Demonstrationen; die Hausfront zeugt mittlerweile von zahlreichen Farbanschlägen.
Die Identitären blieben ebenfalls nicht untätig. Sie bedrohten beispielsweise im Juni zwei Studenten in einer Mensa und hatten dabei Messer, Pfefferspray und Quarzhandschuhe im Gepäck. Im November durchsuchte die Polizei deshalb ihre Räumlichkeiten. Zudem sorgen seit Monaten zwei an dem Gebäude fest installierte Kameras für Ärger. Der Datenschutzbeauftragte des Landes prüft die Angelegenheit.
Einem Pfeffersprayangriff auf zwei Zivilbeamte sollen Flaschenwürfe auf das Gebäude vorausgegangen sein, behauptet Kontrakultur in einer Stellungnahme. Vom MDR befragte Anwohner konnten das jedoch nicht bestätigen. Um „Schlimmeres zu verhindern“ und die „flüchtigen Täter zu verfolgen“, hätten zwei Aktivisten das Haus verlassen, heißt es bei Kontrakultur. Laut Polizei waren diese maskiert und hatten Schutzschild, Helm und Baseballschläger dabei. Die Zivilpolizisten hätten sich rechtzeitig zu erkennen gegeben. Die Angreifer widersprechen dieser Darstellung.
Im Rahmen der „Zukunftswerkstatt“ der taz erscheint jeden Freitag statt der Neuland-Seite eine eigene Seite für Leipzig, die taz.leipzig: geplant, produziert und geschrieben von jungen Journalist*innen vor Ort.
Sie haben Anregungen, Kritik oder Wünsche an die Zukunftswerkstatt der taz? Schreiben Sie an: neuland@taz.de. Das Team der taz.leipzig erreichen sie unter leipzig@taz.de
„Wir beobachten, dass die Gewalt deutlich zunimmt“, sagt Valentin Hacken, Sprecher des Bündnisses Halle gegen Rechts. „Die Identitären versuchen sich als bürgernah und friedlich zu inszenieren, ihre teilweise bewaffneten Bedrohungen und Angriffe zeigen, dass das Gegenteil zutreffend ist.“ Die Gegner des Projekts dürften sich davon nicht einschüchtern lassen.
Unterstützung erhalten die Identitären vom AfD-Landtagsabgeordneten Hans-Thomas Tillschneider, der im September in dem Haus ein Abgeordnetenbüro eröffnet hat. Aus seiner Sicht handelten die Angreifer aus Notwehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja