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Rechter Dozent an BundespolizeiakademiePo­li­zei soll wieder was Rechtes lernen

Stephan Maninger ist wegen Aktivitäten im ultrarechten Spektrum umstritten. Jetzt steht er an der Bundespolizeiakademie wohl wieder vor Studierenden.

Mehr Sicherheitspolitik und weniger Grundrechte: Kritisches rückt in der Polizei-Ausbildung in den Hintergrund Foto: Daniel Karmann/dpa

Lübeck taz | Rechte Netzwerke in Polizeikreisen waren in den vergangenen Jahren immer wieder ein Thema. 2021 deckte ein Rechercheteam von Ippen Media auf, dass solches Gedankengut schon in der Ausbildung von Po­li­zis­t*in­nen getriggert werden könnte: Stephan Maninger, Professor für Sicherheitspolitik an der Bundespolizeiakademie Lübeck, hatte sich über Jahre in rechten Netzwerken engagiert, in einschlägigen Publikationen wie der Jungen Freiheit veröffentlicht. Darin warnte er vor einem „Ethnosuizid“ an „Frontlinien in multiethnischen Städten“. Bei einer Lehrveranstaltung vor Studierenden sagte er zum Thema der gleichgeschlechtlichen Ehe, „da könne man künftig ja auch sein Hausschwein heiraten“.

Laut einem Artikel von Aiko Kempen in „Frag den Staat“ steht er nun seit Anfang Januar wieder in 15 Lehrveranstaltungen vor Studierenden. Diese seien darüber „geschockt“ gewesen, schreibt Kempen. An der Bundespolizeiakademie studieren Po­li­zis­t*in­nen oder An­wär­te­r*in­nen für den höheren Dienst, also Beamte, die später viel Verantwortung tragen werden. 600 Studierende sind das in Maningers Fachbereich. Nachdem die Vorwürfe gegen ihn damals öffentlich geworden waren, blieb der umstrittene Professor an der Hochschule beschäftigt, zog sich aber aus der Lehre zurück.

Ehemalige Mitarbeitende der Hochschule beklagen, dass an der Polizeihochschule des Bundes Themen zu Grundrechten, Ethik und politischer Bildung gegenüber sicherheitspolitischen Themen immer mehr in den Hintergrund rücken. Differenziertes Denken und kritische Wissenschaft sei dort nicht gewünscht, sagten sie gegenüber der taz. Es gibt auch Zweifel an der fachlichen Expertise Stephan Maningers, der bis zur Promotion Entwicklungswissenschaften an einer südafrikanischen Universität studierte.

Hochschule und Ministerium schweigen

Aus Sicht seines Arbeitgebers verwundert es, dass Maninger seit den Extremismus-Vorwürfen nicht gelehrt hat, denn die Bundespolizeiakademie stellte sich gleichzeitig deutlich hinter ihren Professor. Von rechtsgerichteten Aktivitäten vor 2021 will sie nichts gewusst haben, trotz einer Untersuchung vor seiner Einstellung. Er arbeitete seit 2009 an der Hochschule und bekam dort 2019 eine Professur in der höchsten Stufe W3. Was er dafür in den letzten drei Jahren gemacht hat, ist nicht bekannt. Sollte er wissenschaftlich gearbeitet haben, so sind diese Arbeiten nicht veröffentlicht.

Nach der Kritik an ihm leitete die Innenrevision der Bundespolizei eine Untersuchung ein. Das Ergebnis: Die Vorwürfe seien nicht gewichtig, die Vorfälle zu lange her. Die Publikationen in rechten Medien verschwieg der Bericht. Auf eine Anfrage dazu, ob und warum er nun wieder unterrichtet, äußert sich die Hochschule „aus Gründen des Mitarbeiterdatenschutzes grundsätzlich nicht“. Auch das Bundesinnenministerium schweigt dazu, ebenfalls aus Gründen des Datenschutzes.

Es war an der Entscheidung beteiligt und hat zwei Gutachten über Maninger erstellen lassen. Entgegen wissenschaftlicher Praxis sind diese aber nicht öffentlich. Die „Gutachterinnen und Gutachter“, heißt es aus dem Innenministerium, hätten ihre Unbefangenheit erklärt und seien „anerkannte Expertinnen und Experten für Sicherheitspolitik“. Aus einer internen Quelle, die der taz vorliegt, heißt es, die Gutachter hätten in der Vergangenheit gemeinsam mit Stephan Maninger Bücher herausgegeben.

Warum also unterrichtet Stephan Maninger möglicherweise wieder? Das lässt sich nur mutmaßen. Naheliegend wäre, dass seine Stelle bisher befristet ist. Im August 2025 würde daraus eine unbefristete Professur – dafür müsste er aber Arbeitsergebnisse vorweisen. Vorlesungen und Seminare, beispielsweise.

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1 Kommentar

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  • Polizei-Ausbilder mit rechter Gesinnung sind bereits in der ersten Hälfte der 1990er Jahre an der Grenzschutz-Schule (BGS) in Lübeck aufgefallen und wurden zum Problem:

    "(...) Ein Blick in die Kandidatenlisten der rechtsradikalen REPUBLIKANER förderte 1990 Erstaunliches zutage. Auf den vorderen Plätzen der Listenwahlvorschläge für die Lübecker Kommunalwahlen fanden sich gleich sechs BGS-Beamte ; im Kreis Ostholstein waren es drei ; im Kreis Lauenburg immerhin noch einer. „20% unserer 600 Landesmitglieder kommen aus den Sicherheitskräften. Und praktisch alle sind höhere Beamte. (…) Aber mindestens ein Drittel aller BGS-Beamten sind Sympathisanten unserer Partei. Sie unterstützen uns – ideell und materiell“, erklärte seinerzeit der stellvertetende Landesvorsitzende der Schönhuber-Partei in Schleswig-Holstein, Thomas Schröder, selbst Oberkommissar im BGS. (...)"

    www.cilip.de/1994/...er-aus-der-truppe/

    Damals wurden von Aktivist*innen Flugblätter im Raum Lübeck verteilt, auf denen zu lesen war: „Wollen Sie, dass ihre Kinder von Nazis ausgebildet werden?“ Eine Frage, die sich ganz ähnlich nun wieder stellt.