Rechte in Mecklenburg-Vorpommern: Razzia bei Nordkreuz-Administrator
Polizisten in Mecklenburg-Vorpommern sollen Munition vom LKA gestohlen haben. Einer ist Mitglied der früheren Prepper-Gruppe „Nordkreuz“.
Am Mittwoch hat das Landeskriminalamt in Mecklenburg-Vorpommern vier aktive und ehemalige SEK-Polizisten durchsucht und festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen, seit April 2012 wiederholt Munition aus Polizeibeständen entwendet zu haben. Einer von ihnen soll sie gesammelt haben: Marko G. Er ist der frühere Administrator der Prepper-Gruppe „Nordkreuz“.
Die Schweriner Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten vor, gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Waffengesetz verstoßen zu haben, sie ermittelt auch wegen gemeinschaftlichen Betrugs. 14 Wohnungen und Büroräume von Beschuldigten und Zeugen wurden durchsucht, unter anderem in Rostock, Güstrow und Banzkow – und auch das Landeskriminalamt in Rampe.
Marko G. war zuvor Ermittlern der Bundesanwaltschaft aufgefallen, die einem Anwalt und einem weiteren Polizist vorwirft, rechtsextreme Gewalttaten geplant zu haben: Sie hatten mutmaßlich vor, Personen aus dem linken Spektrum zu internieren und zu töten. Marko G. ist im August 2017 zu diesem Fall als Zeuge vernommen und durchsucht worden. Dabei fanden die Ermittler eine Vielzahl von Waffen und Munition.
Die beiden Beschuldigten im Verfahren des Generalbundesanwaltes waren wie Marko G. Mitglied in Chatgruppen, die sich auf den „Tag X“ vorbereitet haben. Das kann ein Sturm sein, ein Stromausfall – oder die Flüchtlingszuwanderung. Die Männer haben sich auf Telegram in den Gruppen „Nord“, „Nordkreuz“ oder „Vier gewinnt“ ausgetauscht und auch persönlich getroffen. Marko G. hatte die Gruppe Nordkreuz, laut Mitgliedern, administriert.
Marko G. war früher einmal Fernspäher gewesen, als SEK-Polizist hatte ihn der Landesinnenminister Lorenz Caffier ausgezeichnet – für sein Können als Sportschütze. Ein Zeuge berichtete dem BKA, dass G. bei Mitgliedern der Chatgruppe Geld gesammelt hatte, um Depots anzulegen: Nahrungsmittel, Treibstoff. 600 Euro hatte jeder dafür gezahlt. Um Waffenlager soll es nicht gegangen sein.
Konspiratives Treffen an der Landstraße
Die Prepperchats in Mecklenburg-Vorpommern waren Teil eines bundesweiten Netzwerkes: Neben „Nord“ hatte es auch „Süd“ gegeben, eine Gruppe im Osten und eine im Westen. Zentraler Administrator war ein Soldat des Kommando Spezialkräfte in Calw, André S. Er ist auch als „Hannibal“ bekannt. Er hatte die Gruppen mit vermeintlich geheimen Informationen versorgt.
Hannibal und Marko G. haben sich laut einer Zeugenaussage beim BKA mindestens ein Mal persönlich, auf einer Waffenmesse in Nürnberg, getroffen.
Auch mit dem wegen Rechtsterrors beschuldigten Polizisten stand er in persönlichem Kontakt. An einem Abend Anfang 2017 beispielsweise sollen sich die beiden mit zwei weiteren Männern an einem Imbiss nahe Schwerin getroffen und darüber gesprochen haben, ob sie am Tag X Bundeswehr-LKWs nutzen könnten, um Straßensperren zu überwinden – und über Erschießungen. Die Bundesregierung bewertet die Einstellung dieser vier Männer, die auch gemeinsam in der Chatgruppe „Vier gewinnt“ waren, laut einer Antwort auf eine schriftliche Frage der Grünen als „gefestigt rechtsextremistisch“.
Das Landeskriminalamt in Mecklenburg-Vorpommern hatte für die Ermittlungen gegen die SEK-Beamten eine gesondert abgeschirmte Ermittlergruppe gegründet. Ob der mutmaßliche Munitionsdiebstahl und G.s Aktivtäten bei „Nordkreuz“ in einem Zusammenhang stehen ist noch unklar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen