Rechte Strukturen in Niedersachsen: Osnabrücks neue Rechtsextreme
Die Aktivisten-Gruppe „Oskars_Osna“ alias „Sturmfest Osnabrück“ ist vor allem in sozialen Medien aktiv. Auf Instagram hat sie rund 2.100 Follower.
Aber auch in Osnabrück gibt es eine rechte Szene. Ihre jüngste Erweiterung, seit Herbst 2020: Die Instagram-Gruppe Oskars_Osna, die sich als „Politische Rabauken“ bezeichnet, rund 2.100 Follower stark. Auf Telegram heißt sie Sturmfest.Osnabrück.
Die „jungen Aktivisten“ betrachten sich als „Gegenentwurf zum linken und deutschfeindlichen Zeitgeist“, hoffen auf die „Rückeroberung rechter Themen“ und sehen sich in einem „Kampf um die Köpfe des Volkes“. Ihre Äußerungen reichen von „Sei der Widerstand“ bis „An Oskar’s Wesen mag Osnabrück genesen“. Ihr Logo zeigt einen Kreuzritter vor dem Osnabrücker Stadtwappen-Rad, darunter steht „Osnabrück verteidigen. Für Volk & Vaterland“. Ihre Hashtags reichen von „Ehre“ bis „Treue“.
Sie folgen auf Instagram der NPD und der AfD sowie Gruppen wie „Harzrevolte“ und „Scheiteljugend Kassel“. Die „Oskars“ bezeichnen die Forderung nach offenen Grenzen und Einwanderung als „Verrat“ und sagen: „Wir dürfen nicht zusehen, wie man unsere Welt und unser Deutschland Stück für Stück demontiert.“ „Niemals zu weichen“ zeichne einen „wahren Deutschen“ aus.
Gruppe ist dem Recherchekollektiv Osnabrück bekannt
Man unternimmt Wanderungen, pflegt Kriegerdenkmäler. Bei Paul Rzehaczek, dem Bundesvorsitzenden der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ (JN) bedankt man sich für einen Schulungsvortrag, ebenfalls bei Sascha Krolzig, einem Politiker der neonazistischen Partei „Die Rechte“.
Das Recherchekollektiv Osnabrück (RKOS) kennt die Gruppe gut. Es stuft sie als „NPD-nahe, rechtsradikale Jugendorganisation“ ein. „Die Aktivitäten finden größtenteils auf Social Media statt“, sagt RKOS auf taz-Anfrage. „Bisher sind Personen der Gruppe nicht öffentlich aufgetreten.“
Inhaltlich seien Beiträge „deckungsgleich mit NPD und JN-Strukturen“. Man habe „Osnabrück verteidigen“-Sticker verteilt. Vermutlich sei den „Oskars“ das Graffiti „Osnabrück verteidigen – JN“ an einer historischen Osnabrücker Wehranlage zuzurechnen. „Mit den ‚Oskars‘ ist aus dem Spektrum der NPD/JN erstmals wieder Aktivität in Osnabrück und Umgebung zu bemerken.“
Auch bei Fans des Fußball-Drittligisten VfL Osnabrück wirbt Oskars_Osna um Mitglieder, mit dem Hashtag #vflultras. Aktivitäten, die auch Dennis Germer beobachtet, Sozialpädagoge des Fanprojekts des VfL, getragen von der Stadt Osnabrück, der Caritas und der Diakonie. „Die versuchen, hier zu rekrutieren“, bestätigt er der taz. „Aber Leute aus dem Fußballumfeld sind das offenbar nicht.“ Der VfL habe sich „sehr deutlich gegen Rechte positioniert“, Verein und Fanszene seien „klar antifaschistisch, antirassistisch“. Eine Gruppe wie die „Oskars“ könne und werde sich beim VfL „nicht zu Hause fühlen“.
Man habe die Gruppe „im Blick“, sagt auch Bernhard Witthaut, Niedersachsens Verfassungsschutzpräsident, der taz. Es handele sich um einen „neonazistischen Personenzusammenschluss“ mit engen Verbindungen zu den Strukturen der JN. Die Gruppe generiere sich „für jüngere Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten in der Region als eine aktivistische Alternative zum NPD-Unterbezirk Osnabrück“. Dort gebe es „parteiinterne Querelen über die zukünftige strategische Ausrichtung“. Die Gruppe ziele auf einen „gesamtgesellschaftlichen Gegenentwurf“.
Polizei spricht von „nationalistisch geprägter Ideologie“
Auch der Niedersächsische Verfassungsschutzbericht 2021 erwähnt die „Oskars“, unter „Rechtsextremismus“. Ein Dutzend Personen stark sei die Gruppe, sagt Witthaut, sie kämen aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.
Auch der Polizeidirektion Osnabrück ist die Gruppe bekannt. Es handle sich „um einen freizeitorientierten Zusammenschluss von jungen männlichen Personen, die der rechten Ideologie nahestehen“, sagt Nadine Kluge-Gornig, Sprecherin der Direktion, der taz. Man sehe, neben der NPD, für die „Oskars“ aber derzeit „keine konkreten politischen Entwicklungsmöglichkeiten“. Die Direktion spricht von „nationalistisch geprägter Ideologie“.
Filiz Polat, Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen aus Bramsche, beobachtet rechte Aktivitäten in der Region Osnabrück genau. „Wir sehen im Osnabrücker Nordkreis schon seit längerem immer wieder Hakenkreuze und rechte Schmierereien“, sagt sie der taz. „Dass neue regionale Gruppierungen nun auch in den sozialen Medien auftreten, um ihre völkische und rechtsextreme Ideologie zu verbreiten, spricht für eine Vernetzung der Szene, die von Reichsbürgern über AfD bis hin zur NPD reicht. Man folgt sich da gegenseitig gern und bestärkt sich in seinem rechten Gedankengut.“
Die Gesellschaft müsse „wachsam sein und gemeinsam gegen Rechtsextreme aufstehen“. Demokratiefeindlichkeit dürfe nicht unwidersprochen bleiben. Osnabrück ist also keine Insel der Glückseligen. Aber Rechte haben es hier noch immer schwer.
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