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Rechte Regierung in SchwedenKein eigenes Umweltministerium

Ulf Kristerssons neue Regierung grenzt sich deutlich von ihrer Vorgängerin ab. Sie hat das Umweltministerium in das für Wirtschaft eingegliedert.

Alter König, neue Regierungsmitglieder im Schloß in Stockholm Foto: Jessica Gow/TT News/reuters

Berlin taz | Die „feministische Außenpolitik“ Schwedens ist Geschichte – genauso wie ein eigenständiges Umweltministerium, das nach 35 Jahren jetzt Teil des Wirtschaftsministeriums ist. Nachdem der konservative Ministerpräsident Ulf Kristersson von den Moderaten am Dienstag dem Parlament sein Kabinett präsentiert hatte, stellte die neue Minderheitenregierung klar, was sie von ihren sozialdemokratischen Vorgängern unterscheidet.

Der Ministerpräsident benannte vor dem Parlament Schwedens große Probleme: die Bandenkriminalität und die Energiekrise. Im Kampf gegen ersteres sollen Aufenthaltstitel zukünftig leichter aberkannt werden können. Hinsichtlich der Ukraine und des Nato-Beitritts will die Regierung aber die bisherige Politik fortsetzen.

Damit hatten die drei jetzt koalierenden Parteien der konservativen Moderaten, Christdemokraten und Liberalen bereits im Wahlkampf um Stimmen geworben. Letztlich brauchten sie aber die Unterstützung der rechtsextremen Schwedendemokraten, für die Wahl Ulf Kristerssons zum Ministerpräsidenten.

Eigentlich hatten die Schwedendemokraten bei der Wahl die zweitmeisten Stimmen geholt. Aber mit der 1988 unter anderem von Nazis gegründeten Partei wollte keine andere in die Regierung gehen. Auch Kristerssons jetzige Koalition wollte das nicht. Stattdessen bildeten sie Minderheitenregierung.

Keine „feministische Außenpolitik“ mehr

In Schweden ist das zwar nichts Neues. Bisher mieden aber alle die Schwedendemokraten. Kristersson ist hingegen auf sie angewiesen. Am Montag wurde er im Reichstag mit 176 zu 173 Stimmen gewählt. Die Schwedendemokraten dürften auf die Regierung einen großen Einfluss ausüben, meinen Be­ob­ach­te­r*in­nen.

13 der 24 Kabinettsmitglieder stammen aus Kristerssons Partei, 6 gehören den Christdemokraten und 5 den Liberalen an. Vize-Ministerpräsidentin sowie Energie- und Wirtschaftsministerin ist Ebba Busch, die Parteichefin der Christdemokraten. Der Vorsitzende der Liberalen, Johan Pehrson, besetzt das Arbeits- und Migrationsministerium.

Für eine Überraschung in Schweden sorgte die Ernennung von Tobias Billström (Moderate) zum Außenminister. Der 48-Jährige sitzt seit 2002 im Reichstag und war bereits von 2006 bis 2014 Minister für Migration.

Billström ist für seinen rauen Ton bekannt. Damals empfanden manche seine Äußerungen über das Aussehen von Mi­gran­t*in­nen als rassistisch, wie die schwedische Zeitung Dagens Nyheter berichtet. Zudem war er als offen Bisexueller im Vorstand einer Gewerkschaft für LGBTQ-Personen.

Jetzt hat Billström veranlasst, den Begriff „feministische Außenpolitik“ in der schwedischen Regierungspolitik zu streichen. Die Gleichstellung der Geschlechter bleibe aber ein grundlegender Wert der Regierung, versicherte er der Nachrichtenagentur TT.

Die Grünen kritisierten, dass das Umweltministerium in das Wirtschaftsministerium eingegliedert wurde. Das zeige, twitterte Grünen-Chef Per Bolund, wie „diese Regierung Umwelt und Klima einschätzt“.

Trotzdem benannte Kristersson eine Umweltministerin: die 26-jährige Romina Pourmokhtari (Liberale). In Schweden braucht sie kein eigenständiges Ministerium für diesen Titel zu führen.

Sie ist die jüngste Ministerin, die das Land bisher hatte. Allerdings engagierte sich die junge Liberale sonst eher in der Bildungs- und der Integrationspolitik. Die Grünen befürchten aber, wenn sie unter Wirtschaftsministerin Ebba Busch arbeitet, sei mit weniger Geld für Klimapolitik zu rechnen.

Brigitta Dahl (Sozialdemokraten), die 1987 erste ausschließliche Umweltministerin Schwedens wurde, sagte gegenüber dem Svenska Dagebladet, es sei furchtbar, dass das Wirtschaftsministerium nun über dem Umweltministerium stehe.

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1 Kommentar

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  • Wie zu erwarten bei dem Wahlergebnis.



    Umwelt und Klimaschutz degradieren, soziale Spaltung noch forcieren.



    Alles wie aus dem neoliberalen Kochbuch.



    Einschließlich der offenen Schulterschluss der Moderaterna, Kristdemokraterna und Liberalerna mit den rechtsrassistischen Authokratenflirtern.



    Ich staune doch sehr, dass sich ein so großer Anteil der schwedischen Wähler:innen sich dies wünschen.



    Ich habe Magdalena Andersson gewählt und vermisse sie und eine sozialere und umweltfreundlichere Politik jetzt schon sehr!