Rechte Medienprojekte: Teletubby-Logik und Populismus
Die einen sind es schon, die andern blinken erst noch rechts. Über den aufgeheizten Diskurs in der Sommerhitze.
D ie schöne neue Schlichtheit hat einen Namen: Nius. Hier schwurbelt und echauffiert sich Julian Reichelt mit gut gelaunter Teletubby-Logik Richtung Weltuntergang. Entlarvt die „48-Grad-Lüge der Medien“. Sie hätten nämlich vergessen, darauf hinzuweisen, dass es um die Boden- und nicht die Lufttemperatur ging. Den Klimawandel gibt es also nicht oder jedenfalls nicht so schlimm. Und bald soll noch Jan Fleischhauer zu dem Haufen stoßen. Der ist zwar auch krude, aber warum will er denn zu den Teletubbies?
Reichelt hat dagegen wie der Sommer krass erhöhte Kopftemperatur und fühlt sich aktuell von Freibadclans und Regenbogenfahnen verfolgt. Es lockt jetzt ungemein, da draufzuhauen und den Schwachsinn als das vorzuführen, was er ist. Doch die Mitbewohnerin rät zu Achtsamkeit und Anspruch. Stimmt, denn dieses Quatschgequatsche ist brandgefährlich. So was auszuwalzen, um es dann genüsslich vorzuführen? Ist leider genau das, was die Reichelts, Tichys, Elsässers und all die anderen rechtsabgedrehten Populist*innen wollen.
„Medial ist das ein ganz schönes Dilemma und Raum geben ist nicht“, sagt die Mitbewohnerin. Komplett totschweigen bringt aber schon gar nichts. Das hat auf einem nicht so weit entfernten Feld die aktuelle Studie der Otto-Brenner-Stiftung über den Erfolg der AfD noch mal eindrücklich klargemacht. Was dann tun? Entlarven natürlich! Aber auch das wird schwierig. Denn die, die journalistische Aufklärung schätzen, müssen gar nicht mehr katholisch gemacht werden. Und Reichelts aktuelle und ehemalige It-People (m/w/d) von Dumpfbacke bis Döpfner zollen eher noch Applaus. Weil da ja eineR endlich mal sagt, was wir ja wohl noch sagen dürfen.
Nee, Leute. Wenn es euch so peinlich/unangenehm/komisch vorkommt, dass es wer anders sagen muss, ist es wahrscheinlich besser, es bleibt ungesagt. Und wer immer nur plärrt, hier werde bevormundet und umerzogen, hat blöderweise das eigene Denken schon bei Betreten der Hetzmaschine abgegeben. Reichelt & Co. sind doch in Wirklichkeit die Oberlehrer*innen, auch wenn sie anderen vorwerfen, das zu sein!
Apropos Oberlehrer*in, was macht eigentlich unser gutbürgerliches Zentralorgan namens Zeit? Hat erfolgreich den Kurs „Populismus für Einsteiger*innen“ absolviert und pinkelt uns mitten im schönsten Hochsommer ganz wutbürgerlich ins 48 Grad warme Badewasser. 58 Prozent „der Deutschen“ stimmen dem gar nicht suggestiven Satz zu: „Ich habe aufgrund der aktuellen Meldungen über Schlägereien in Freibädern Sorge, eines zu besuchen“, so eine Zeit-Umfrage in einem Text des politischen Korrespondenten Peter Dausend. „Die Hitze steigt allen zu Kopf, und da hat die Zeit wohl ein Sommer-Abo für Boulevardjournalismus abgeschlossen“, meint die Mitbewohnerin. Das ist ja mal ne Nius!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben