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Rechte Hand von Ungarns Premier OrbánVerkommenes Wien

Minister János Lázár klärt seine Landsleute über das schlechte Leben in Österreichs Hauptstadt auf. Schuld daran seien die Migranten, meint er.

Hetzen um jeden Preis: Minister János Lázár Foto: ap

Budapest taz | Das Video ist nur 2:24 Minuten lang, aber es ist jetzt schon legendär. Darin schildert der ungarische Minister János Lázár die Abgründe in der österreichischen Hauptstadt Wien, untermalt von düsterer Klaviermusik. Beweise für seine Behauptungen gibt es nicht.

Der Kanzleramtchef des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán klärt das ungarische Wahlvolk darüber auf, wie verkommen eine Stadt sei, die Migranten willkommen heiße. Die Zustände seien katastrophal: Schmutz, Armut und Kriminalität aller Orten.

Die weißen Katholiken seien alle weg, und die Muslime prägten jetzt das Stadtbild. Ein wahre Horror sei das. Sehen davon kann man allerdings nichts, nur einen etwas benommen wirkenden ungarischen Politiker bei miesem Märzwetter.

Die ungarischen Medien berichteten bereits am Dienstag abend kopfschüttelnd über diese Bilder. Nach paar Stunden übernahm die amerikanische Presseagentur AP die Nachricht.

Von Facebook gelöscht

Damit wurde aus dem ärmlichen Wahlkampffilmchen schnell ein Politikum mit internationaler Reichweite. Am Mittwoch Vormittag wurde das Video dann von Facebook gelöscht, weil der Inhalt gegen die Richtlinien der Firma verstoßen habe. Lázár schreit Zensur und will, dass das Video wieder abrufbar.

Die Ungarn reagieren mit Befremden. Sie sind es gewohnt, von den Politikern für dumm gehalten zu werden, aber schämen wollen sie sich nicht für deren Benehmen. Und sie haben selber Erfahrung, wie es in Wien zugeht.

Die Stadt, die immer wieder zur lebenswertesten Metropole der Welt gekührt wird, ist nur 220 Kilometer von Budapest entfernt, von der ungarischen Grenze sind es kaum 50 Kilometer. Seit der eiserne Vorhang weg ist, pilgern die Magyaren zu den Geschäften auf der Mariahilferstrasse.

Und die Ungarn stellen eine der größten Migrantengruppe in Österreich, sie arbeiten überall im Land, vor allem in der Gastronomie. Sie verlieren auch am meisten, sollte die neue rechtspopulistische Regierung in Österreich das Kindergeld kürzen, wenn die Nachkommen nicht in der Alpenrepublik leben. Vierzigtausend ungarische Kinder wären betroffen.

Vertraut mit Wien

Die Ungarn kennen Wien also. Und sie lachten schon im letzten Herbst nicht schlecht, als Orbán versprach, sein Land werde bis 2030 Österreich überholt haben. Kein halbes Jahr später glaubt sein Kanzleramtsminister János Lázár davor warnen zu müssen, dass Budapest auf das Niveau von Wien absinkt.

Wirtschaftlich geht es Ungarn zwar den Verhältnissen entsprechend gut. Das Land profitiert vom allgemeinen Aufschwung in der Welt. Die Menschen würden aber mehr davon haben, wenn die Regierenden in Ungarn nicht ihr ganzes politische System auf Korruption aufgebaut hätten.

Die Mehrheit der Ungarn hat genug davon, dass der Aufschwung dem Luxus und Machterhalt der Regierenden dient, was man auch am Beispiel von Minister Lázár sehen kann. Vor zehn Tagen wählten sie also in der Heimatstadt von Lázár einen Oppositionellen zum Bürgermeister. Seitdem ist die Regierungspartei Fidesz in Aufruhr. Sie fürchten den Verlust der Macht bei der Parlamentswahl im April.

Das könnte für sie schwerwiegenden Folgen haben. Einer von Orbáns besten Freunden ist Oberstaatsanwalt. Ohne seine schützende Hand könnten die heute Mächtigen hinter Gitter wandern. Und Orbán denkt, nur Panikmache hilft ihm, um wiedergewählt zu werden.

Falsche Versprechungen

Vor einer Woche hieß es, die ungarische Regierung höre mit der Propaganda gegen den US-Milliardär George Soros auf. Doch was läuft in Budapest auf allen Kanälen? Die Vereinigten Nationen wollten Ungarn Migranten aufzwingen. Die Opposition verfolge den Plan von Soros und wolle Muslime in leer stehenden Kasernen unterbringen. Sogar Wohnungen würden zwangsenteignet.

Die EU plane eine neue Richtlinie, wonach schon im kommenden Sommer zehntausend Fremde nach Ungarn gebracht würden. Und wenn die Migranten hier seien, dann gäbe es kein Gulasch mehr, dann müssten alle Insekten essen. Letzteres behauptete Landwirtschaftsminister Sándor Fazekas.

Jetzt sollen die Ungarn also Fidesz wählen, damit sie nicht in Verhältnisse leben müssen, wie die Wiener. Dabei würde es schon reichen, wenn Minister Lázár nicht Wiens zehnten Bezirk besuchte, sondern den zehnten von Budapest. Der heißt „Kőbánya“ (Steinbruch).

Die soziale Kälte der Regierung ist in dem traditionellen Arbeiterviertel gut zu sehen. Die Kaufkraft ist gering, die Plattenbauten sind zum großen Teil seit Jahrzehnten nicht mehr saniert. Und wie ein schlechter Scherz an die Adresse von Lásár: auch hier ist der Fremdenanteil größer als sonst irgend wo in der Stadt.

Hier lebt eine große chinesische Kolonie in entspannter und friedvoller Atmosphäre mit den Einheimischen. In Kőbánya sieht man: Migranten sind nicht Teil des Problems, sie sind eher eine Hilfe im Kampf gegen Armut.

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11 Kommentare

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  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Sollen doch die Nazis in Österreichs neuer Regierung mit den Nazis in Ungarns Regierung darum konkurrieren wer moralisch verkommender ist. Ring frei ...

  • 6G
    64938 (Profil gelöscht)

    Nun hat der Mann es immerhin erreicht, mit seiner Hetze in die Presse zu kommen. Mehr wollte er bestimmt gar nicht.

    • @64938 (Profil gelöscht):

      Um sich lächerlich zu machen? Wie dumm muss man denn sein, um so einem Video Glauben zu schenken, besonders wenn viele Ungarn in und um Wien herum leben?

      Es ist gerade gut, dass man darüber berichtet, zeigt es uns doch wieder, mit welchen Mitteln die Rechten arbeiten. Für sich selbst die "Wahrheit" reklamieren, aber kein Problem damit haben, haltlose Behauptungen zu verbreiten.

      • @Jan Berger:

        Das Verbreiten haltloser Behauptungen ist leider eine immer mehr um sich greifende Seuche.

        • 8G
          87233 (Profil gelöscht)
          @warum_denkt_keiner_nach?:

          Standard Politik. Und das Hoffähig durch einen Donald Trump.

          • @87233 (Profil gelöscht):

            Nicht erst seit T. Er nutzt es nur öfter.

            • 8G
              87233 (Profil gelöscht)
              @warum_denkt_keiner_nach?:

              Na ja, anderen in seinem Land haben sich von solche Fehler irgendwann distanziert. Trumpelstiltskin nicht. Das ist neu.

  • „Wirtschaftlich geht es Ungarn zwar den Verhältnissen entsprechend gut. Das Land profitiert vom allgemeinen Aufschwung in der Welt.“

     

    „…sollte die neue rechtspopulistische Regierung in Österreich das Kindergeld kürzen, wenn die Nachkommen nicht in der Alpenrepublik leben. Vierzigtausend ungarische Kinder wären betroffen.“

     

    Das passt nicht richtig zusammen. Oder?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Warum denn nicht? Das eine hat mit dem anderen doch wenig zu tun?

       

      Deutschland geht es wirtschaftlich hervorragend, trotzdem gibt es auch bei uns viel Armut.

      • @Jan Berger:

        Ich habe nicht gesagt, dass es solche Widersprüche nur in Ungarn gibt.

  • §Minister János Lázár klärt seine Landsleute über das schlechte Leben in Österreichs Hauptstadt auf. Schuld daran seien die Migranten, meint er."

     

    Vor allem die vielen Ungarn in Wien!

    ...