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Rechte Gewalt in ÖsterreichPolizei gegen „Pedo Hunters“

In Österreich zerschlagen landesweite Razzien ein rechtsextremes Netzwerk zur Jagd auf Homosexuelle. Dieses lockte seine Opfer über Social Media an.

Pressekonferenz in Graz zu den Ergebnissen der Hausdurchsuchungen am 21.03.2025 Foto: Erwin Scheriau/picture alliance

Wien taz Mehr als 400 Polizisten, 23 Hausdurchsuchungen, 15 Festnahmen in fast allen Bundesländern: Am Freitag führte Österreichs Polizei einen Schlag gegen militante Rechtsextreme durch. Diese hatten offenbar gezielt Jagd auf schwule Männer gemacht und sie an entlegene Orte gelockt, um sie dort gewaltsam zu misshandeln. Die steirische Polizei, die den Einsatz koordinierte, spricht von Hassverbrechen.

Bei den Festgenommenen handelt es sich um zwölf Männer und drei Frauen zwischen 14 und 26 Jahren, die meisten davon Österreicher. Unter den Verdächtigen sind auch kroatische, rumänische, slowakische und deutsche Staatsbürger. Während der Durchsuchungen stellten die Ermittler Waffen und NS-Devotionalien sicher. Am Wochenende kam es zu drei weiteren Festnahmen. In Kürze soll entschieden werden, ob Untersuchungshaft über die teils jugendlichen Beschuldigten verhängt wird.

Das Netzwerk im Visier der Behörden hat seinen Ursprung südlich von Graz, weitete sich dann aber auf ganz Österreich aus. Seit Frühling 2024 erstellten die Täter gezielt Fake-Accounts in sozialen Medien und auf Dating-Plattformen, um potenzielle Opfer anzulocken. Bei den vereinbarten Treffen erschienen dann vier bis acht maskierte Personen, die die Opfer schwer misshandelten.

Die Täter zwangen ihre Opfer zu entwürdigenden Handlungen, etwa mit den maskierten Angreifern zu tanzen, und filmten diese Erniedrigungen. Die Videos wurden anschließend in privaten Chatgruppen geteilt. Laut Polizei wurden die Täter „von Tathandlung zu Tathandlung immer brutaler“. In mindestens einem Fall wird wegen versuchten Mordes ermittelt.

Täter aus dem Umfeld rechtsextremer Gruppen aus Wien

Die Gruppe nannte sich selbst „Pedo Hunter“ und behauptete, sie würde angebliche „Pädophile“ bestrafen. Die Polizei betonte jedoch ausdrücklich, dass keines der Opfer pädophil gewesen sei. Gehandelt haben die Täter laut Polizeiangaben unter dem „Deckmantel der Selbstjustiz“. Bislang wurden mindestens 17 Vorfälle dokumentiert, die Polizei geht jedoch von einer hohen Dunkelziffer aus. Viele Fälle werden aber aus Scham oder Angst vor Stigmatisierung nie gemeldet.

Nach Recherchen des Standard sind die Täter in der neonazistischen Szene verankert. Sie stehen im Umfeld bekannter rechtsextremer Gruppierungen wie „Tanzbrigade Wien“ und „Defend Austria“, die lose mit der Identitären Bewegung verbunden sind. Eine solche Verbindung bestätigte die Polizei aber vorerst nicht.

Die Angelegenheit schlägt auch in der Politik Wellen. Empört äußerten sich Sozialdemokraten, Grüne und die liberalen Neos. Die konservative ÖVP, namentlich Innenminister Gerhard Karner, sprach von einer „überaus brutalen und menschenverachtenden Tätergruppe“. Auffällig ruhig blieb es hingegen von der rechtsradikalen FPÖ. Sie hatte sich in der Vergangenheit vielfach nicht oder nur undeutlich gegen Rechtsextremismus abgegrenzt. Parteichef Herbert Kickl bezeichnete die Identitäre Bewegung etwa 2021 als „interessantes und unterstützenswertes Projekt“.

Die Verfolgung Homosexueller unter dem Vorwand der Bekämpfung der Pädophilie kennt man in Europa vor allem aus Russland und Belarus. In dieselbe Kerbe schlägt auch die ungarische Regierung, die erst diese Woche die Budapest Pride und andere LGBTIQ-Events zwecks „Kinderschutz“ verbot.

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18 Kommentare

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  • Die sollten mal in ihren eigenen Zusammenhängen nach Pädokriminellen Ausschau halten.

  • Ach du meine Güte- unsere Welt geht wirklich Schritte zurück-meilenweit, alle Fortschritte der letzten Jahre werden vernichtet.

  • Was nimmt ein schwuler Mann eigentlich einem heterosexuellen Mann weg? Gar nichts.



    Verschiebt sogar die Datingmarktverhältnisse zu Gunsten der verbliebenen Heteromänner.



    Was soll dieses hirnloses Schlägern? Nennt sie nicht P.H., sondern Prügeldeppen.

    • @Janix:

      Auch kleine Gehirne wollen sich groß fühlen. Der Argumentation dieser Spezies kann man nicht folgen, ohne über den Grad an irrationaler Dummheit zu lachen.

  • Ich bin eigentlich eher darüber überrascht, dass die österreichische Polizei das verfolgt hat. Sie glänzte in den letzten Jahren nicht unbedingt mit tatkräftigem Vorgehen gegen Rechtsextreme. Dass aus der rechten Ecke kein Piep kommt, ist klar. Ließ sich ja nicht in ihrem Sinne ausschlachten.

  • Normalerweise kommentiere ich nie Artikel, aber an dieser Stelle muss dringend angemerkt werden, dass der Titel des Artikels die queerfeindliche Gewalt und die falsche Verknüpfung reproduziert! Wieso nicht einen anderen Titel wählen? Das wäre so einfach gewesen.

  • Guten Morgen,



    erinnert mich an Gauland und Wiesel. Die Politiker hetzen und das Fußvolk setzt es in der Tat um.



    Was ist eigentlich mit der Einflussnahme der minderjährigen, die werden es ja wohl nicht aus freien Willen gemacht haben. Und was bleut man Jugendlichen eigentlich ein?



    Die aller meisten sexuellen Übergriffe auf Minderjährige, geschehen immer noch im eigenen (hetero normativen) Umfeld.



    Gruß



    Roberto

  • Es gibt viele dokumentierte Faelle in denen erwachsene Maenner Kinder im Internet anlocken und dann misbrauchen. 'Pedo- Hunters' Gibt es ueberall in Deutschland - die solche Taeter dann ueberfuehren und der Polizei uebergeben. In diesem Artikel werden verschiedene Sachen miteinander vermischt. Es ist sicherlich nicht rechts ein Problem mit Paedophilen zu haben!

    • @Carsten1250:

      Es kommt diesen Rechten nicht darauf an, Pädokriminalität zu bekämpfen.

    • @Carsten1250:

      Keiner der Opfer war paedophil! Haben Sie das verpasst? Es geht hier um grausames und Verhalten gegen das Gesetz.

    • @Carsten1250:

      Es wird in dem Artikel ausdrücklich darauf hingewiesen, dass KEINER der Opfer dieser Gruppierung pädophil war, von daher macht ihre Aussage überhaupt keinen Sinn.....diese Leute haben keine Pädophilen gejagt, sondern Schwule und das unter dem Deckmantel man würde Pädophile jagen

    • @Carsten1250:

      Der letzte Satz ergibt absolut keinen Sinn. Der Artikel berichtet von einem rechtsextremen Netzwerk. Er behauptet nicht, dass es rechts ist, gegen Pädophilie zu sein.

  • 'Pedo- Hunters' gibt es doch auch hier in Berlin, und ich finde es äußerst fragwürdig, dass die Polizei diese Geuppe mit ihren zweifelhaften Fangmethiden gewähren läßt.

    • @flopserver:

      "ich finde es äußerst fragwürdig, dass die Polizei diese Gruppe mit ihren zweifelhaften Fangmethoden gewähren läßt."



      Die Fangmethoden sind das Problem? Sonst nichts?

      • @Encantado:

        Zweifelhafte Bürgerwehren, die dann selbst kriminell wurden, gab es schon zuhauf. Und auch in Berlin wurden schon einige Pedo-Hunter verurteilt, siehe:



        www.spiegel.de/pan...-a771-275d465f387e

        • @flopserver:

          "fragwürdig, dass die Polizei diese Gruppe mit ihren zweifelhaften Fangmethoden gewähren läßt."



          und



          "auch in Berlin wurden schon einige Pedo-Hunter verurteilt"



          widerspricht sich irgendwie, finden Sie nicht?

          Worauf wollen Sie nun hinaus?

          • @Encantado:

            Bspw., dass die noch praktizierenden "Pedo-Hunter" nach den Erfahrungen hier und in Österreich noch stärker in den Blick genommen werden.

            • @flopserver:

              Offengestanden versteh ich Sie immer noch nicht. Aber ich gehe einfach mal davon aus, dass Sie's gut meinen.