Rechte Gewalt am Wochenende: Brände, Hetze und Protest
Erneut haben mehrere Flüchtlingsunterkünfte gebrannt. In Freital gab es Morddrohungen, in Bad Bevensen dagegen eine Demo gegen rechts.
Lingen/Freital/Bad Bevensen/Kr. Uelzen dpa/epd | Unbekannte haben am Samstag an einer als Flüchtlingsunterkunft genutzten Sporthalle im niedersächsischen Lingen ein Feuer gelegt. Wie die Polizei mitteilte, brannten an einem Nebeneingang zur Mensa eines Gymnasiums mehrere Pappkartons. Der Catering-Betreiber konnte das Feuer selbst löschen. Von den Tätern fehlte am Sonntag noch jede Spur. In der Lingener Notunterkunft leben nach Polizeiangaben rund 230 Flüchtlinge.
Auch auf der Ostseeinsel Rügen wurde eine Flüchtlingsunterkunft bei einem Brand beschädigt. Wie die Polizei in Neubrandenburg mitteilte, gingen in der Nacht zum Sonntag zunächst mehrere Müllsäcke in Flammen auf. Das Feuer griff wenig später auf die Fassade des Hauses über.
Den 28 Asylbewerbern, die in dem Gebäude lebten, sei nichts passiert. Die Feuerwehr löschte die Flammen. Der Schaden beträgt etwa 4.000 Euro. Zur Brandursache machte die Polizei zunächst keine Angaben. Die Ermittlungen laufen in alle Richtungen.
Auch in Tutow in Mecklenburg-Vorpommern hat es in einem Haus gebrannt, in dem auch Asylbewerber leben. Das Feuer brach am frühen Sonntagmorgen im Keller des Gebäudes aus, wie die Polizei in Neubrandenburg mitteilte.
Alle Bewohner gelangten unverletzt ins Freie. Nach den Löscharbeiten kehrten sie in das Haus zurück. Der Schaden beträgt etwa 15 000 Euro. Brandstiftung könne nicht ausgeschlossen werden. Die Staatsanwaltschaft ordnete den Einsatz eines Brandursachenermittlers an. Die Kriminalpolizei ermittelt.
Graffiti in Freital
Im sächsischen Freital haben Unbekannte fremdenfeindliche Sprüche und Morddrohungen gegen den Oberbürgermeister an Hauswände geschmiert. Die Graffiti seien in der Nacht zum Samstag angebracht worden, teilte die Polizei am Sonntag mit. Mit Bezug auf CDU-Oberbürgermeister Uwe Rumberg hieß es unter anderem „Kein Asyl, Rumberg töten“.
In der Kleinstadt bei Dresden hatte es im Sommer heftige ausländerfeindliche Proteste gegeben. Zudem gab es schon mehrere Böller-Anschläge, unter anderem auf Büros der Linkspartei.
Im niedersächsischen Bad Bevensen dagegen haben am Sonnabend nach einem Feuer in einer geplanten Flüchtlingsunterkunft laut Polizei etwa 500 Demonstranten gegen Rechtsextremismus und Rassismus protestiert. Zu der Kundgebung hatte ein Bündnis aufgerufen, an dem sich unter anderen die Antifaschistische Aktion Lüneburg sowie Parteien und Gewerkschaften beteiligten.
Der Brandanschlag sei eine Folge anhaltender Ablehnung und Verfolgung von Geflüchteten, kritisierten die Organisatoren. Auf Bürgerversammlungen, durch rassistische Bürgerinitiativen und durch hetzende Brandreden Einzelner werde das Leben der Geflüchteten zusätzlich erschwert und ihr persönliches Schicksal auf rassistische Zuschreibungen und Vorurteile reduziert.
In dem ehemaligen Supermarkt sollen bis zu 200 Flüchtlinge unterkommen. Am vergangenen Wochenende hatte sich in der Nacht zum Sonntag im Dachstuhl des Gebäudes ein Schwelbrand entwickelt. Die Polizei ermittelt wegen vorsätzlicher Brandstiftung. Unbekannte Täter hatten sich gewaltsam Eintritt verschafft, Abflüsse verstopft und mehrere Wasserhähne aufgedreht. Der Sachschaden beträgt den Angaben zufolge mehrere zehntausend Euro.
Leser*innenkommentare
4932 (Profil gelöscht)
Gast
Zitat: 'Der Brandanschlag sei eine Folge anhaltender Ablehnung und Verfolgung von Geflüchteten ...'. Der Brandanschlag ist eine natürliche, angeborene Abwehrhaltung des Menschen und somit kaum strafbar.
Aber noch ein Beispiel:
Es sind auch die permanenten feinen Unterscheidungen bei den Politikern, kaum merkbar, aber immer präsent. Z.B. Fernsehen/Phoenix/So, 20.12./Forum Politik/Flüchtlinge und Terror. Frage von Hirz an Altmaier: 'Von wem geht die größere Gefahr aus, von Terror oder vom Rechtsextremismus?'
Antwort Atmaier: ' ... Das sei keine Frage. In dem einen Fall ist das Ziel ein Asylbewerber, in dem anderen Fall ist das Ziel ein unschuldiger Besucher eines Konzertes ...'. Der feine Unterschied ist, daß der Konzertbesucher unschuldig ist, der Asylbewerber erstmal nicht.
Karl Kraus
@4932 (Profil gelöscht) Kannst du da mal die Zeit nennen, wo Altmaier das gesagt hat?
4932 (Profil gelöscht)
Gast
Ja. Auf dem Download von Phoenix ist es ab 46'30. Ich will Herrn Altmaier nicht unterstellen, daß er im Laufe des Gespräches nicht korrekt bleibt, aber es fällt mir leider gerade dann auf, wenn einem Politiker, der sich i.A. live sehr präzise ausdrückt, dann so etwas durchrutscht. Der monströse Aufwand für die Aufklärung der Pariser Attentate steht z.B. auch leider im Gegensatz zu einem nicht ganz so großen Aufwand für die Aufklärung von Brandanschlägen, wo es auch manchmal um das Überleben von einigen 10 Menschen geht. (Das eine war Frankreich, das andere ist Deutschland, aber die Unterschiede in der Haltung sind im Prinzip nicht sehr groß).
Es lohnt sich auch den § 306a des Strafgesetzbuches zu lesen: eine Brandstiftung einer Räumlichkeit, die zeitweise der Wohnung von Menschen dient ist mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr zu bestrafen.
Helmut Radunski
@4932 (Profil gelöscht) Wenn die Politiker sich mit den Betroffenen auseinandersetzen würden könnte sich einiges ändern. Aber auseinadersetzen wollen sich die überbezahlten Personen nicht. Sie wollen sich durchsetzen-Basta!
Karl Kraus
@Helmut Radunski Sich nicht kümmernde Politiker sind schuld daran, dass Asylbewerber angegriffen werden? Ich verstehe ja, was Sie meinen, aber dieser Kurzschluss ist es, der den Asozialen ausreicht, um sich gerechtfertigt zu fühlen. Im Übrigen gibt es in weiten Teilen der Bevölkerung wenig Potenzial zum Reden. Wenn die Forderung immer wieder die ist, die Flüchtlinge woanders unerzubringen, kann man wohl nicht viel machen. Wer wiederum eine sogenannte Obergrenze oder gar einen Stopp der Flüchtlingsbewegungen an der Grenze erzwingen will, der bekennt sich gegen das Grundgesetz. Dieses durchzusetzen ist sogar die Pflicht der Politik.
Michael Schmidt
Eine "natürliche angeborene Abwehrhaltung" zu Brandanschlägen auf unbewaffnete Besucher unseres Landes gibt es nicht. "Kaum strafbar" gibt es auch nicht, so wenig wie "kaum schwanger"
Die Unschuldsvermutung gilt für Konzertbesucher im Pariser Bataclan ebenso wie für Asylbewerber in Deutschland. Die Behauptung, letztere seien "erstaml nicht" unschuldig ist eine falsche Anschuldigung und eindeutig strafbar.
4932 (Profil gelöscht)
Gast
@Michael Schmidt Sie haben recht. Ich hätte nach dem Zitat aus dem Beitrag: 'Der Brandanschlag sei eine Folge anhaltender Ablehnung und Verfolgung von Geflüchteten ...' (wo ich nicht genau weiß, wer ihn gesagt hat) hinter meine Antwort 5 Fragezeichen machen sollen. Sorry.
DR. ALFRED SCHWEINSTEIN
"...in Bad Bevensen dagegen eine Demo gegen rechts."
Demos gegen Rechts sind zu begrüßen, sollten allerdings nicht so verstanden werden, daß sie eine rigide staatliche Antinazi-Politik ersetzen könnten. Leider ist von letzterem weit und breit nicht das geringste zu sehen.
Die Demokratie wird die Nazis wohl wieder dulden, bis sie so mächtig sind, daß sie die Demokratie nicht mehr dulden müssen.
SKa
Et riech nach Kristallnaach. Leider funktioniert es immer noch gut, arme gegen noch ärmere zu hetzen während sich viele Oligarchen und viele Politiker die Hände reiben.
Man sollte fragen, wer profitiert von der Situation? Wann wird der Mensch je aus der Geschichte lernen?
0371 (Profil gelöscht)
Gast
"Wann wird der Mensch aus der Geschichte lernen?" Ich fürchte: gar nicht. Es lernt bestenfalls die betroffene Generation. Danach schleicht sich wieder allgemeine Dekadenz ein.
Hier fällt mir ein weiterer Songtext ein: "Wir sind aus Gnade zu spät geboren, haben mit Hitler nichts mehr am Hut. Wir sind Kreuzritter des Fortschritts, zu viel Vergangenheit tut nicht gut..." Wer's nicht kennt: googelt mal...