„Real“ und die Arbeitsplätze von Frauen: Subventionen nur für Männer
Mit der „Real“-Pleite verlieren vor allem Frauen ihren Job, bei Männerindustrien wie der Kohle war Geld zur Abfederung da. Das ist ungerecht.
Ist das jetzt ein Skandal? Die Supermarktkette Real wird verkauft, was 10.000 Arbeitsplätze gefährden könnte, wie die Gewerkschaften warnen. Doch niemand regt sich auf. Ganz anders ist es bei der Braunkohle: In den Tagebauen und Kraftwerken arbeiten noch 20.000 Menschen – und ein Ausstieg aus dieser dreckigen Energie ließ sich politisch erst durchsetzen, nachdem Subventionen in Höhe von 40 Milliarden Euro versprochen wurden.
In der Braunkohle ist also jeder gestrichene Arbeitsplatz zwei Millionen Euro wert, während bei Real kein Cent fließt. Da liegt der Verdacht nahe, dass das Geschlecht der Angestellten entscheidet. In der Braunkohle arbeiten vor allem Männer, die sich zudem bestens in der Gewerkschaft IG BCE vernetzt haben. In den Supermärkten hingegen schuften fast nur Frauen, die meist nicht organisiert sind.
Trotzdem wäre es falsch, den Arbeitsplätzen bei Real hinterherzutrauern. Niemand profitiert, wenn verlustreiche Firmen künstlich weiter existieren. Einige Real-Filialen werden zwar für immer schließen – aber viele auch fortbestehen. Sie gehören dann zu Edeka, Rewe oder Kaufland. Schon Karl Marx hat erkannt, dass der Kapitalismus zur Konzentration neigt.
Für Angestellte ist es natürlich bitter, wenn sie ihre Stelle verlieren. Der richtige Weg ist jedoch nicht, Pleitefirmen zu erhalten – sondern Arbeitslose gut abzusichern. Strukturwandel muss möglich sein, darf aber nicht mit Hartz IV bestraft werden. Der deutsche Sozialstaat ist eine Katastrophe, aber zum Glück bahnt sich ein neuer Trend an: Arbeitskräfte werden allerorten knapp – der „Vergreisung“ sei Dank. Auch Supermärkte suchen dringend nach Personal, sodass viele Real-Mitarbeiter bald neue Stellen finden dürften.
Kohle für Subventionen
Die Frage ist also nicht, warum Real keine Subventionen erhält. Stattdessen ist der eigentliche Skandal, dass sich der Ausstieg aus der Braunkohle bis 2038 hinzieht, 40 Milliarden Euro verschlingen soll und noch immer Landschaft zerstört. Das weckt ungute Erinnerungen an einen ähnlichen Fehler: die endlose Subventionierung der deutschen Steinkohle.
Die deutsche Steinkohle befand sich ab 1958 in einer Dauerkrise, weil die Flöze bis zu 1.700 Meter tief lagen und auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig waren. Australien, die USA, Südafrika oder Kolumbien konnten weitaus billiger liefern. Dennoch wurden die letzten deutschen Zechen erst 2018 geschlossen – nachdem man 200 bis 300 Milliarden Euro Staatsgelder in den Bergbau gepumpt hatte.
Dieses Geld war extrem schlecht angelegt. Neue Industrien sind im Ruhrgebiet kaum entstanden, und gleichzeitig hat der Bergbau immense Umweltschäden hinterlassen. Der Ruhrpott erinnert an einen Schweizer Käse, so löchrig ist der Untergrund, weil überall Schächte und Stollen betrieben wurden. In einigen Gegenden ist die Oberfläche schon um bis zu 30 Meter abgesackt, und die Flüsse würden längst rückwärts fließen, wenn nicht ununterbrochen Pumpen laufen würden, um das Grundwasser abzutransportieren.
Während sich ab 1958 alle Augen auf die Steinkohle richteten, verschwand unbemerkt eine weitere Branche: die Textilindustrie, die sogar noch mehr Menschen beschäftigt hatte als die Zechen. Trotzdem interessierte es fast niemanden, dass die meisten Kleiderfirmen aufgeben mussten, weil sie gegen die Konkurrenz aus den Schwellenländern nicht bestehen konnten.
Wie bei Real
Es war wie bei Real: Der Niedergang der Textilindustrie fiel kaum auf, weil die meisten Angestellten weiblich waren und nur die Männer als prädestinierte Hauptverdiener galten.
Diese Rollenklischees sind ungerecht, und dennoch war es richtig, die deutsche Textilindustrie nicht zu unterstützen. So konnten neue Branchen entstehen.
Es ist dringend Zeit, Gleichstellung einmal anders zu denken: Auch für Männerdomänen sollte es keine Subventionen geben.
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