Reaktionen auf den SPD-Parteitag: Kein klares Signal
Einen sofortigen Ausstieg aus der Koalition hat der SPD-Parteitag abgelehnt. Für Union und Grüne war das Signal trotzdem nicht eindeutig genug.
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer lehnte eine Nachverhandlung in der Koalition ab. „Bedingungen nach dem Motto ‚Wenn das nicht kommt, dann gehen wir‘ akzeptiere ich nicht“, sagte Kramp-Karrenbauer der Bild am Sonntag. Auch CDU und CSU hätten schon ihre Vorsitzenden gewechselt und nie gefordert, den Koalitionsvertrag neu zu verhandeln. „Die CDU ist vertragstreu und das erwarte ich von der neuen SPD-Führung auch.“ Sie hob hervor: „Ich hätte mir ein wirklich klares Signal des SPD-Parteitags zur Fortsetzung der Großen Koalition gewünscht.“
Auch CSU-Generalsekretär Markus Blume erteilte in der Welt am Sonntag jeder Kursänderung der Bundesregierung eine Absage. „Eine SPD auf Linkskurs wird nicht zu einer Regierung auf Linkskurs führen“, sagte er. In der Sozialpolitik müsse es beim Prinzip des Förderns und Forderns bleiben. Auch die Junge Union lehnte Nachverhandlungen zum Koalitionsvertrag ab. In einer Erklärung am Samstag wandte sie sich insbesondere gegen ein Kratzen an der schwarzen Null im Haushalt.
CDU-Vize Armin Laschet spielte in der Welt am Sonntag die Bedeutung der Beschlüsse des SPD-Parteitages herunter. „Pseudophilosophische Betrachtungen sind vielleicht nett für SPD-Parteitage, haben aber auf Regierungshandeln keinen Einfluss“, sagte er mit Blick etwa auf die Debatte über die Schwarze Null oder die Schuldenbremse. Es gebe im Haushalt genug Geld für Investitionen. Das Problem sei, dass das Geld nicht abfließe.
Es gab in der Union allerdings auch Stimmen der Erleichterung, nachdem die SPD sich nicht darauf festgelegt hatte, die Koalition zu verlassen oder ultimative Forderungen zu stellen. Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, sagte der FAS: „Dass die SPD sich für ein Signal der Vernunft entschieden hat und damit für den Verbleib in der Regierungsverantwortung halte ich für eine kluge Entscheidung.“
Kritik von Grünen und Linken
Aus Sicht der Grünen-Chefin Annalena Baerbock war das Signal zum Verbleib in der Großen Koalition nicht klar genug. Die Frage sei: „Will die SPD weiterregieren – ja oder nein? Und wenn ja, muss sie das mit ganzer Kraft tun.“ Vor einer Antwort habe sich die SPD aber gedrückt: „Das ist nicht passiert.“
Sie befürchte nun, dass sich Union und SPD „in ihrer jeweiligen Profilierung noch mehr aneinander reiben und weiter im Krisenmodus agieren“, sagte Baerbock. „Dabei bräuchte es eine Koalition, die gewillt ist, die so dringend anzugehenden Aufgaben zu lösen. Mit einem Jein ist kein Land zu regieren.“
Die Linke kritisierte die Parteitagsbeschlüsse der SPD als unzureichend. „Die revolutionären Wochen in der SPD scheinen vorbei zu sein – schade, eigentlich“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, am Samstag der Nachrichtenagentur dpa.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett