Rassistischer Terroranschlag in NRW: Mann fährt in Menschenmengen
Gleich vier Mal versuchte ein 50-jähriger Deutscher, in der Silvesternacht gezielt Menschen mit Migrationshintergrund mit dem Auto zu töten.
Nach einer der Attacken in Bottrop hatte eine 46 Jahre alte Frau zeitweilig in Lebensgefahr geschwebt. Auch ein Kind sei verletzt worden, teilten die Ermittler mit.
Bei einer weiteren Autoattacke des Mannes in der Silvesternacht in Essen wurde eine Person leicht verletzt. Zwei weitere Versuche des Mannes, in Bottrop und Essen Passanten anzufahren, schlugen fehl. Die Ermittler haben nach eigenen Angaben „Informationen über eine psychische Erkrankung des Fahrers“, hieß es am Dienstag.
Ein erster Zeuge wurde nach Darstellung der Behörden um 0.03 Uhr auf den silbernen Wagen des 50-Jährigen aufmerksam. Auf einer Zufahrtsstraße zur Bottroper Innenstadt habe das Fahrzeug plötzlich auf den Fußgänger zugehalten, berichteten die Ermittler. Doch der Passant konnte sich retten.
Mindestens vier Menschen wurden verletzt
Der 50-Jährige fuhr weiter in Richtung Stadtzentrum, und wenig später kam es zu dem folgenschweren Zwischenfall auf dem Berliner Platz in Bottrop. Der Mann fuhr in eine Gruppe von Menschen, die dort den Jahreswechsel feierten. Mindestens vier Menschen wurden verletzt, einige schwer, darunter Syrer und Afghanen.
Anschließend sei der Mann nach Süden in Richtung seiner Heimatstadt Essen geflüchtet, so die Ermittler. Dort habe er erneut versucht, gezielt in eine Menschengruppe zu fahren, die an einer Bushaltestelle stand. Passiert sei aber nichts, so eine Polizeisprecherin. Der Mann probierte noch ein viertes Mal, in eine Personengruppe zu fahren. Eine Person wurde dabei leicht verletzt. Kurze Zeit später nahm die Polizei den Mann fest. Schon bei der Festnahme habe sich der Mann fremdenfeindlich geäußert, sagten die Ermittler.
Die Polizeipräsidentin von Recklinghausen, Friederike Zurhausen, sagte, der Mann sei bislang nicht polizeilich in Erscheinung getreten. Es sei unklar, ob er noch in psychologischer Behandlung sei.
Der Fall weckt Erinnerungen an eine Amokfahrt in Münster im vergangenen April. Ein Mann raste damals mit einem Kleintransporter auf einen belebten Platz. Es gab vier Tote und mehr als 20 Verletzte. Anschließend erschoss sich der Täter. Bei ihm handelte es sich laut Polizei um einen psychisch labilen Deutschen. Einen terroristischen Hintergrund gab es den Ermittlungen zufolge in Münster nicht.
NRW-Innenminister Reul erklärte, „es mache sehr betroffen, dass so etwas passiert ist“. Der Bottroper Oberbürgermeister Bernd Tischler (SPD) zeigte sich „entsetzt und tief getroffen“. Er hoffe, dass die Verletzten bald genesen. Auf Twitter empörten sich User, dass der Verweis der Ermittler auf eine „psychische Erkrankung des Mannes“ eine Verharmlosung eines rassistisch motivierten Anschlags sei.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen
Das hat Erpresserpotenzial
Friedenspreis für Anne Applebaum
Für den Frieden, aber nicht bedingungslos
BSW in Sachsen und Thüringen
Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
Rückkehr zur Atomkraft
Italien will erstes AKW seit 40 Jahren bauen
Klimaschädliche Dienstwagen
Andersrum umverteilen
Tech-Investor Peter Thiel
Der Auszug der Milliardäre aus der Verantwortung